Washington. .

Die Kinder sind tabu. Wer sich nicht daran hält, bekommt Obamas langen Arm zu spüren. Doch dass der Präsident nun selbst seine Töchter auf den Titel seines neuesten Buches hievt, bringt ihm Häme und Kritik ein.

Kräftig hatte Michelle Obama noch Anfang des Jahres gegen Geschäftemacher ge­wettert, die mit Kindern als Blickfang den Absatz ihrer Produkte forcieren wollen. Den Gatten hatte sie dabei nicht im Blick. Barack Obama hat, noch bevor er Präsident wurde, im Rahmen eines hoch dotierten Autorenvertrags ein neues Buch geschrieben, das nun kurz nach den Kongresswahlen Mitte November mit einer Startauflage von 500 000 Exemplaren in den USA erscheint und sich an Kinder ab drei Jahren wendet.

Töchter auf dem Titel

„Für dich singe ich“, lautet - übersetzt - der Titel des gerade 40 Seiten umfassenden Buchs, in dem Obama seinen jungen Fans Lichtgestalten der amerikanischen Geschichte von George Washington bis Jackie Robinson nahebringt, der als erster Schwarzer die Rassenschranken im Sport aufbrach. Das Cover des schmalen Bandes zieren seine beiden, neun und zwölf Jahre alten Töchter samt Familienhund Bo auf grüner Wiese. Loren Long, der schon Madonnas Kinderbuch illustrierte, hat die Obama-Kinder mit feinem Strich liebevoll gezeichnet.

Dass der stolze Vater seine Töchter derart prominent in den Blick rückt, bringt Obama nun Kritik ein. Bislang hatten er und Michelle stets sorgsam darüber gewacht, dass ihre Töchter vom Scheinwerferlicht verschont blieben. Auf gemeinsamen Staatsreisen etwa gelten strenge Re­geln, wann die Kinder abgelichtet werden dürfen. Wer sich nicht daran hält, be­kommt es mit der Rechtsabteilung des Weißen Hauses zu tun.

Rigoros schirmen die Obamas ihre Töchter ab, um ihnen – soweit als möglich – eine normale Kindheit im hektischen Washingtoner Politikbetrieb zu bieten. Doch schon in der Vergangenheit hat sich die Linie nicht durchhalten lassen, was nicht zuletzt an Sashas und Malias Eltern selbst lag. Michelle und Barack haben ihre Töchter immer schon gezielt als Sympathieträger eingesetzt.

Gern verbreitet vor allem Obama Anekdoten über seine Mädchen, um sich dem Wahlvolk als ganz normaler Vater zu präsentieren. Gelegentlich schießt er dabei über das Ziel hinaus. Als Obama unlängst im Fernsehen erzählte, wie Tochter Malia – „Daddy, hast du das Loch zugemacht?“ - verstärkten Einsatz gegen die Ölpest im Golf von Mexiko anmahnte, hagelte es Spott. „Malia for President“, lästerte die New York Times. Später ließ sich Obama beim Planschen im angeblich wieder sauberen Golfwasser mit Sasha ablichten.

Amerika nahm diese PR-Aktion in eigener Sache eher stirnrunzelnd zur Kenntnis. Michelle wiederum begründet ihre Mission für Biogemüse auf Amerikas Tellern und besseres Schulessen mit ihren Er­fahrungen als rund um die Uhr rotierende berufstätige Mutter, die immer öfter zu Fastfood, Pizza und Sandwiches griff, bis der Kinderarzt mit Blick auf die wachsenden Rundungen an den Kinderhüften Stopp sagte. Je mehr der Präsident und die First Lady die eigenen Kinder selbst ins Zentrum rücken, um ihre Botschaften unters Volk zu streuen, desto schwieriger wird es am Ende, die Grenze zu ziehen.

Der Buchtitel verschiebt diese Grenze nach Ansicht der Kritiker nun ein weiteres Stück nach hinten. „Es klappt nicht, zu sagen: Haltet meine Kinder raus, um dann in Häppchen Geschichten über sie zu verbreiten, wie es einem passt“, rügte Historiker Doug Howard, der ein Buch über die Kinder der US-Präsidenten ge­schrieben hat. „Sind Obamas Kinder für die Öffentlichkeit tabu? Die Antwort ist: Es hängt davon ab“, mokierte sich die Washington Post.