Richmond.

Es ist ein komplizierter Fall, voll menschlicher Abgründe um eine abscheuliche Tat. In seinen Büchern denkt sich John Grisham solche Verbrechen aus. Dort hegt der erfolgreiche Krimiautor wenig Sympathien für seine Täter. Teresa Lewis aber ist keine Figur aus einem Grisham-Roman. Im Fluvanna Correctional Center, einem Frauengefängnis im Süden des US-Staates Virginia, verbringt die 41-Jährige in der knapp zwei mal drei Meter großen Zelle Nummer 108 derzeit die vielleicht letzten Stunden ihres Lebens.

Falls der Oberste Gerichtshof der USA nicht interveniert, soll Lewis am Donnerstag die Giftspritze gesetzt werden. Es wäre das erste Mal seit 98 Jahren, dass in Virginia eine Frau hingerichtet wird. Seit Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA 1976 wurde der „death penalty“ an mehr als 1200 Männern vollstreckt, aber nur an 11 Frauen.

Auch darum findet der Fall jetzt viel öffentliches Interesse. Doch nicht weil sie eine Frau ist, setzt sich John Grisham für Teresa Lewis ein. Auch nicht, weil er sie etwa für unschuldig hielte. Lewis bestreitet nicht, an einem brutalen Mordkomplott gegen ihren Ehemann Julian Lewis und dessen Sohn C. J. beteiligt gewesen zu sein. Beide verbluteten im Oktober 2002 von Schrot durchsiebt in ihren Betten. Teresa Lewis hatte abends heimlich die Tür zu ihrem Trailer-Haus am Rande der Kleinstadt Danville geöffnet, damit zwei Komplizen ihre Opfer im Schlaf überraschen konnten. Später gestand sie, den Mord mit zwei Männern geplant zu haben, um das Geld aus den Lebensversicherungen für Ehemann und Stiefsohn zu kassieren, 350 000 Dollar.

Eine leicht verführbare
Frau ohne Vorstrafen

Trotzdem ist der Fall für John Grisham ein „eklatantes Beispiel für die Ungerechtigkeit unseres Todesstrafensystems“. Denn während Teresa Lewis hingerichtet werden soll, erhielten die beiden Schützen lebenslange Haft. Der gelernte Jurist findet das ungerecht: „Was kann einen Mörder mehr schuldig machen, als wiederholt auf ein schlafendes Opfer zu schießen?“ Grisham glaubt nicht, wovon Richter Charles Strauss am Bezirksgericht von Pittsylvania County überzeugt war, als er 2003 das Todesurteil verhängte – dass Teresa Lewis die Anstifterin zu dem teuflischen Plan war.

„Das ist nachweislich falsch“, sagt auch ihr Anwalt James Rocap: „Sie hat nicht mehr Schuld auf sich geladen als ihre Komplizen.“ Für Rocap, Grisham und andere war Teresa Lewis eine leicht verführbare Frau ohne Vorstrafe und mit einem Intelligenzquotienten an der Grenze zur geistigen Behinderung, die sich von einem durchtriebenen Kriminellen manipulieren ließ. Matthew Shallenberger soll den mörderischen Plan ausgeheckt haben, einer der Schützen. In einem Brief an eine Ex-Freundin habe Shallenberger das im Gefängnis eingeräumt: „Sie war das, was ich gesucht hatte“, schrieb er über Lewis. „Er wollte sie benutzen, deshalb fing er eine Affäre mit ihr an“, so James Rocap. Shallenberger habe davon geträumt, in New York Auftragsmorde für die Mafia zu erledigen. Mit den Morden in Danville habe er sich das Startgeld für eine kriminelle Karriere beschaffen wollen. Auch der zweite Schütze, Rodney Fuller, erklärte: „Zweifellos war Shallenberger der, der das Zepter in der Hand hielt.“ Frau Lewis habe Shallenberger jeden Wunsch erfüllt.

Zum Sex ermuntert

Doch es gibt auch jene, die das ganz anders sehen. Staatsanwalt David Grimes, der damals Anklage führte, erhob schwere Vorwürfe. Um Fuller zum Mitmachen zu überreden, habe Teresa Lewis ihre damals 16jährige Tochter in die Mordpläne eingeweiht und zum Sex mit dem Mann ermuntert. Nach den Schüssen habe sie mehr als eine halbe Stunde gewartet, bevor sie die Polizei rief. Offenbar, damit ihr schwerverletzter Mann verblutete. Der raunte einem Beamten noch zu: „Meine Frau weiß, wer mir das angetan hat.“ Teresa Lewis soll heute tief gläubig sein und ihre Tat zutiefst bedauern, so Anwalt Rocap.