New York. .

„Tod den Moslems“ -- laut schallt der Ruf über die Straße und lässt Touristen zusammenzucken. Dabei ist der Ruf nur der derbe Scherz eines Bauarbeiters, der mit Kollegen nach der Schicht auf der Baustelle des einstigen World Trade Centers im „Dakota Roadhouse“ einige Biere gezischt hat.

Lachend zieht der Trupp nach der gelungenen Provokation weiter. Ismael macht das wütend.

Nationaler Aufreger

So etwas komme neuerdings wieder öfter vor, sagt der Pakistani, der schräg gegenüber der Kneipe Zeitungen verkauft. Hier, in der Park Place im unteren Manhattan, nur zwei schmale Blocks von New Yorks offener Wunde entfernt, soll nach dem Abriss der Kleiderfabrik, die schwer getroffen wurde, als am 11. September Wrackteile eines der beiden Flugzeuge durch das Dach krachten, ein islamisches Gemeindezentrum entstehen.

Für 4,8 Millionen Dollar, ein Schnäppchen für New Yorker Verhältnisse, hat der Immobilienmakler und gläubige Moslem Sharif El Gamal die beiden lädierten Gebäude gekauft. „Wenn Menschen New York besuchen, sollen sie hierhin kommen, das andere Gesicht des Islam sehen und die Architektur bestaunen“, schwärmte El Gamal, ein Kind Brooklyns mit polnischer Mutter und ägyptischem Vater, noch im Frühjahr von dem 100-Millionen-Projekt. Das soll auf 13 Stockwerken Gebetsraum und Seniorenzentrum, Schwimmbad und Theatersaal bieten.

Interessiert hatte das damals nur wenige New Yorker. Doch inzwischen ist „Park 51“ zum nationalen Aufreger Nummer 1 im ausbrechenden Kongress-Wahlkampf und zum Test für die Grenzen der Toleranz Amerikas geworden. Eine Moschee so nah am blutgetränkten Boden des Ground Zero – das lässt vielfach auch jene erschreckt zusammenzucken, die sonst die verfassungsmäßig verbriefte Religionsfreiheit verteidigen.

Dabei wird in der 152 Jahre alten Kleiderfabrik seit dem Verkauf im letzen Jahr schon jeden Freitag in einem improvisierten Andachtsraum gebetet, ohne dass bislang jemand daran Anstoß nahm. „Wir sind auf einem gefährlichen Weg, wenn Amerika beginnt, gesellschaftliche Gruppen auszugrenzen“, warnt Washingtons Rabbi Bruce Lustig, der den Bau des islamischen Zentrums ebenso unterstützt wie New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg oder Adele Welty, die ihren Sohn, einen Feuerwehrmann, beim Einsturz der Zwillingstürme verlor. Das Zentrum, die Moschee einfach weiter weg zu bauen, ist für Adele keine Antwort. „Sind fünf Blocks o.k., ein anderer Bezirk, eine andere Stadt?“

Ort des Dialogs oder Symbol religiöser Arroganz – seit vor allem Amerikas rechte Populisten wie Ex-Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin oder der Republikaner Newt Gingrich aus politischem Kalkül Öl ins Feuer schütteten, ist die Debatte gänzlich eskaliert.

Pastor Terry Jones aus Gainesville in Florida ruft inzwischen dazu auf, am 9. Jahrestag der Anschläge den Koran öffentlich zu verbrennen. Islamophobe Gruppierungen haben Werbeflächen auf New Yorker Stadtbussen angemietet, um die Stimmung weiter anzuheizen. „Why there?“, „warum dort?“, soll auf den Werbebannern stehen, die das brennende und qualmende World Trade Center und eine überdimensionierte Moschee mit riesigem Halbmond an der Fassade zeigen.

„Das Klima der Intoleranz wächst“, stellt der renommierte Islam-Professor Akbar Ahmed fest. In all der Hysterie droht unterzugehen, dass unter den etwa 3000 Opfern der September-Anschläge auch New Yorker moslemischen Glaubens waren und Amerika keineswegs in Ge-fahr schwebt, islamisiert zu werden. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Moscheen von rund 1200 auf gerade mal 1900 gewachsen.

Imam ist kein Islamist

Selbst der Imam der moslemischen Gemeinde im unteren Manhattan steht nicht im Verdacht, ein verkappter Islamist zu sein. Feisal Abdul Rauf war einer der ersten Muslime, der die Attentate vom 11. September öffentlich entschieden verdammte. Er beriet danach Präsident George W. Bush und das FBI und tourt momentan im Auftrag Obamas durch diverse arabische Staaten, um die Botschaft zu übermitteln, dass Moslems in den USA nicht diskriminiert werden.