Islamabad. .
Die UNO hat den ersten Cholera-Fall in den Überschwemmungsgebieten in Pakistan bestätigt. Derweil bittet die Regierung die internationale Gemeinschaft um eine „helfende Hand“.
Drei Wochen nach dem Beginn der gigantischen Überschwemmungen in Pakistan hat Regierungschef Yousuf Raza Gilani die internationale Gemeinschaft eindringlich um Hilfe gebeten. Er rief das Ausland am Samstag in einer Fernsehansprache auf, Pakistan „eine helfende Hand zu reichen, um dieses Unglück zu bekämpfen“. Die Spendenbereitschaft könnte allerdings durch einen mutmaßlichen Skandal um veruntreute Hilfsgelder leiden.
Kolossaler Verlust für die Wirtschaft
Gilani zeichnete ein dramatisches Bild von den Folgen der Flutkatastrophe in seinem Land. 20 Millionen Menschen seien von den Überschwemmungen betroffen, die Wassermassen hätten Lebensmittelvorräte und das Getreide auf den Feldern zunichte gemacht, sagte der Premierminister in seiner vom Fernsehen übertragenen Rede an die Nation. Für die nationale Wirtschaft bedeute dies einen „kolossalen Verlust“.
Seine Regierung geriet durch einen Bericht der britischen Zeitung „Daily Telegraph“ unter Druck. Das Blatt berichtete unter Berufung auf „ranghohe Vertreter“, dass nach dem schweren Erdbeben vor fünf Jahren in Pakistan umgerechnet 367 Millionen Euro an Hilfsgeldern veruntreut worden seien. Die Finanzmittel seien bis heute nicht in die Kassen der für den Wiederaufbau betrauten Behörde ERRA geflossen.
Der pakistanische Oppositionsführer Nawaz Sharif befürchtete, dass die Umwidmung der Hilfsgelder von 2005 nun die Spendenbereitschaft für die Opfer der Überschwemmungskatastrophe mindere. Viele Menschen seien nicht mehr so großzügig, weil sie sich nicht sicher seien, ob die Spenden „ehrlich“ eingesetzt würden, sagte er der Zeitung.
36.000 Menschen leiden an Durchfallerkrankungen
Premierminister Gilani appellierte an seine Landsleute, in der „schlimmsten Katastrophe, der wir uns je stellen mussten, Mut zu beweisen“. Mögliche Epidemien in den überschwemmten Regionen könnten die Lage noch verschlimmern und seien eine „ernste Bedrohung“ für die Überlebenden. Die UNO bestätigte unterdessen einen Fall von Cholera im Swat-Tal im Nordwesten des Landes. Mindestens 36.000 Menschen leiden demnach an Durchfallerkrankungen, die ein Symptom für Cholera sein können.
Bei den Überschwemmungen kamen im Nordwesten des Landes laut UNO bis zu 1600 Menschen ums Leben. Zwei Millionen Pakistaner fanden in Notunterkünften Zuflucht. Insgesamt sechs Millionen Menschen sind zum Überleben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Auch im Südwesten Pakistans herrschte Angst vor Hochwasser: Nach Regierungsangaben flüchteten 90 Prozent der 500.000 Einwohner aus der Stadt Jacobabad, die von Überschwemmungen bedroht war.
Der wegen seines Krisenmanagements kritisierte Präsident Asif Ali Zardari reiste am Samstag erneut in die Katastrophenregion. Er besuchte die nordwestpakistanische Stadt Nowshera, wo Soldaten aus Anlass des Unabhängigkeitstages Flaggen verteilten. Am Abend sollte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Pakistan eintreffen. Nach jüngsten Angaben aus Islamabad wollte er sich nach Gesprächen mit Regierungsvertretern noch am Samstag in die betroffenen Gebiete aufmachen.
Zardari erklärte in seiner Botschaft zum 63. Jahrestag des Endes der britischen Kolonialherrschaft, er bewundere „Mut und Heldentum“ der Überlebenden. „Die Regierung wird alles in ihrer Macht stehende tun, um ihre Leiden zu lindern“, versicherte er. Aus Rücksicht auf die Opfer der Flutkatastrophe verzichtete die Staatsspitze auf die traditionellen Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag. (afp)