Berlin. .
Langjährige Singles trauen sich oft nicht, sich wirklich auf eine Partnerschaft einzulassen. Sie sollte ihre Wünsche und Strategien überdenken, raten Experten. Und manchmal hilft auch nur eine Auszeit bei der Partnersuche.
Irgendwann kommt man in das Pärchen-Alter. Plötzlich sind alle Freunde fest verbandelt, planen Hochzeiten, kriegen Kinder. Ist man selbst hingegen schon seit Jahren unfreiwillig Single, regt sich bei manchem leichte Torschlusspanik. „Nur weil man jahrelang keine Partnerschaft hatte, heißt das nicht, dass man bindungsunfähig ist. Manche finden ihren Lebenspartner eben erst nach 20 oder mehr Jahren“, sagt Christian Thiel, Singleberater in Berlin und Autor des Ratgebers „Suche einen für immer und ewig“.
Nach seiner Erfahrung hätten langjährige Singles oft Angst vor einer Niederlage und trauten sich deshalb nicht, sich wirklich auf eine Partnerschaft einlassen. „Sich eine Partnerschaft zu wünschen und den Mut dafür zu haben, sind zwei verschiedene Dinge“, betont Thiel. Oft würden solche Ängste als Anlass genommen, die entstehende Bindung zu einer Person gleich wieder zu beenden - nach dem Motto: „Wenn ich zweifle, dann ist es nicht der Richtige!“
Mit alten Beziehungen auseinandersetzen
Um den Grund für sein langes Singledasein herauszufinden, sollte man sich damit auseinandersetzen, weshalb man so wenig Hoffnung auf eine gelingende Partnerschaft habe. „Solche Ängste rühren manchmal von früheren Beziehungen her. Es ist wichtig, sich zu fragen, was damals passiert ist“, sagt Thiel. Dadurch könne man Verhaltensmuster aufdecken, die man in Beziehungen an den Tag legt und die vielleicht noch vom Elternhaus herrühren. „Man muss erkennen, wer man ist und wer zu einem passt“, fasst Thiel zusammen. Er empfiehlt, für diese Klärung die Hilfe eines Experten in Anspruch zu nehmen.
„Ich erlebe häufig, dass Dauersingles unrealistische Vorstellungen entwickeln“, sagt Ursula Wagner, Autorin des Single-Ratgebers „Suche Mann ohne Haken“. Sie suchten nach dem Traumbild eines Partners, ohne sich klar zu machen, dass manche Wünsche einfach unrealistisch sind. „Eine Frau, die mit Ende 30 noch unbedingt einen Mann mit Kinderwunsch haben möchte, muss sich unter Umständen damit abfinden, dass sich solche Kandidaten aktiv eher jüngere Partnerinnen suchen“, sagt die Diplom-Psychologin aus Berlin. Natürlich könne es mit dem späten Kinderwunsch klappen - „aber dann nur ohne Druck und ohne den Anspruch, dass der nächste Mann diesen Wunsch erfüllen muss.“
Sie empfiehlt Singles daher, sich mit einer „Gut genug“-Strategie anzufreunden. „Das bedeutet nicht, falsche Kompromisse zu machen“, betont Wagner. Aber man sollte sich für sich klären, was einem wirklich wichtig ist - und welche unrealistischen Ziele man vielleicht aufgeben muss. Zur Orientierung solle man drei Kriterien für die Partnerwahl festlegen, die nicht verhandelbar sind - beispielsweise Humor, Zuverlässigkeit und stabiles Einkommen. „Ebenso sollte man ein bis zwei Ausschlusskriterien auswählen. Das sind oft Dinge, mit denen man früher schon schlechte Erfahrungen gemacht hat - Alkoholismus beispielsweise oder Partner, die nicht fest im Leben stehen“, sagt Wagner. Diese Aspekte sollte man bei der Partnersuche dann auch beachten - aber andere „Mängel“ zulassen. „Eine Partnerschaft regt schließlich auch zum Wachstum an.“
Nicht nur perfekte Kandidaten näher kennenlernen wollen
Anstatt potenzielle Kandidaten schon beim ersten Kontakt abzulehnen, weil sie nicht absolut perfekt ins Beuteschema passen, rät Wagner zu einer offeneren Haltung. „Anfangs sollte man erst einmal nur die absoluten Katastrophenfälle aussortieren und diejenigen Kandidaten, bei denen einfach die Chemie nicht stimmt“, sagt die Autorin. Allen anderen solle man eine Chance geben und sie mit einem freundlichen Blick betrachten - so, wie man selbst auch betrachtet werden möchte. „Man sollte außerdem nicht nur in Singlebörsen unterwegs sein, sondern auch Aktivitäten starten, bei denen man auf ungezwungene Weise mit Menschen in Kontakt kommt“, rät Wagner.
„Suchen muss man unbedingt - aber man muss dabei auch gelassen bleiben. Wenn jemand angestrengt sucht, merkt man ihm das an“, sagt Christian Thiel. Die Botschaft „Ich brauche unbedingt jemanden, ohne Mann/Frau ist mein Leben nichts wert!“ schlage die meisten potenziellen Partner in die Flucht. Er empfiehlt Singles daher, sich in ihrem Leben allein gut einzurichten. Anstatt auf einen Partner zu warten, der eventuelle Lücken füllt, sollte man sich selbst beispielsweise um soziale Kontakte, eine gemütliche Wohnung und einen erfüllenden Beruf kümmern.
Viele Körbe und unergiebige Dates hinterlassen ihre Spuren. „Wenn man viele Enttäuschungen zu verkraften hat und merkt, dass man verkrampft sucht, kann es sinnvoll sein, die Partnersuche mal bewusst zu unterbrechen“, sagt Wagner. Dann sollte man sich ungefähr ein Vierteljahr bei allen Online-Singlebörsen abmelden, die Singlepartys aus dem Kalender streichen und sich eine Pause gönnen. „Häufig lernen Leute gerade dann ganz zufällig jemanden kennen - beim Bäcker um die Ecke“, sagt Wagner. (ddp)