Frankfurt/Oder . .
Beim Hochwasser der Oder ist in Brandenburg in der Nacht zu Freitag ein Deich gerissen. Das unsanierte Bauwerk werde geflickt, teilten die Behörden mit. Die modernisierten Deiche halten den steigenden Pegelständen bisher stand.
In der Nacht zu Freitag ist wegen des Oderhochwassers im südlichen Brandenburg ein Deich gerissen. Der Riss in einem unsanierten Deich in der Nähe von Ratzdorf sei etwa 25 Meter lang, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Freitagmorgen im RBB-Inforadio. „Die Kollegen sind schon beim Verbauen und es sieht so aus, als ob das auch beherrschbar ist“, fügte er hinzu.
Der Hochwasserscheitel der Oder erreichte am Freitag Deutschland. Der Pegel Ratzdorf an der Neißemündung stand nach Angaben des Hochwassermeldezentrums Frankfurt (Oder) am Morgen bei 6,28 Meter und stagnierte seit Mitternacht. Die Experten prognostizieren für drei bis vier Tage sehr hohe Wasserstände. Für den südlichen Oder-Abschnitt von Ratzdorf bis zur Frankfurter Stadtgrenze galt schon seit Mittwochabend die höchste Hochwasser-Alarmstufe 4.
Für Frankfurt und den Oder-Abschnitt bis zur Warthemündung bei Küstrin wurde am Donnerstag Alarmstufe 3 verhängt. Am Freitagmorgen stand der Pegel in Frankfurt bei 5,95 Meter. Ab sechs Metern sollte in der Stadt Alarmstufe 4 ausgerufen werden. Die Ausrufung der höchsten Alarmstufe wird dort für Freitagmittag erwartet.
Landeschef Platzek bricht Urlaub ab
Die vielerorts modernisierten Deiche an der Oder hatten am Donnerstagabend den steigenden Pegelständen getrotzt. In Frankfurt wurde erwartet, dass das Wasser in der Nacht die Marke von sechs Metern erreicht. Dann gilt die höchste Alarmstufe vier. Im Süden der Stadt floss das Hochwasser langsam in ein Wohngebiet. Die Bewohner hätten sich aber seit Tagen darauf vorbereitet, sagte Stadtsprecher Sven Henrik Häseker.
Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck sprach von einer „ernsten Lage“. Er brach deshalb am Donnerstag seinen Urlaub ab und stieg im Winterhafen von Frankfurt/Oder in ein Schlauchboot, um sich ein Bild der Lage vom Wasser aus zu machen. Der gravierende Unterschied zur Jahrhundertflut 1997 sei, dass die meisten Deiche modernisiert worden seien. Auch sei die Zusammenarbeit mit Polen besser als damals, sagte der Regierungschef.
Härtetest für Spundwände
Die Frankfurter Innenstadt wird dem Stadtsprecher zufolge ab einem Pegelstand von sechs Metern von Spundwänden geschützt. Diese 2004 angeschafften Wände dürften bald ihrem ersten Härtetest unterzogen werden, sagte Häseker. Am Abend stand der Pegel bei etwa 5,60 Meter. Nach polnischen Prognosen werden 6,20 Meter erwartet. Möglicherweise steige die Oder aber noch darüber hinaus, erklärte der Sprecher. Der Rekord des Hochwassers von 1997 von 6,57 Meter dürfte damit nicht erreicht werden.
Das Landesinnenministerium erklärte am Abend, es gebe derzeit keine dramatischen Vorkommnisse wegen der Fluten. Es würden auch keine Evakuierungen vorbereitet.
Der Höchststand kann mehrere Tage andauern und wird die Oder hinab laufen. In Ratzdorf betrug der Pegel am Nachmittag 6,23 Meter - 23 Zentimeter mehr als am Vorabend. Innenminister Rainer Speer sprach von der „entscheidenden Phase“ für Brandenburg. Umweltministerin Anita Tack sagte, bei Ausrufung der Alarmstufe vier am Freitag auch im Landkreis Märkisch Oderland würden Polder bei Schwedt geflutet.
Sandsäcke für Polen
170 Feuerwehrleute sicherten mit Sandsäcken einen Altdeich in Fürstenwalde, einem Stadtteil von Eisenhüttenstadt. Er sollte rund 50 Zentimeter erhöht werden, da er 60 Zentimeter niedriger als die angrenzenden neuen Deiche ist. Sandsäcke und Folien verstärkten auch eine Baustelle am Deich in Brieskow-Finkenheerd.
Frankfurt sicherte seiner polnischen Nachbarstadt Slubice, die zwei Meter tiefer liegt, die Lieferung von Sandsäcken zu. Deren Bürgermeister Ryszard Bodziacki sagte, er hoffe, dass seine Stadt nicht überflutet werde. Er habe allen 17.000 Einwohnern ein Verlassen der Stadt empfohlen. Viele Freiwillige wollten helfen, Sandsäcke zu füllen. Außerdem stehe die polnische Armee bereit. Zwei Dörfer in der Nähe seien evakuiert worden. (apn)