Kingston. .

Für die einen ist er ein Robin Hood - für die anderen ein Schwerverbrecher: Die Jagd auf Christopher „Dudus“ Coke erschüttert Jamaika. Die USA wollen dem Drogenbaron den Prozess machen.

Für seine Anhänger unter den Armen in Jamaika ist Christopher „Dudus“ Coke eine Art moderner Robin Hood. Für seine Gegner, allen voran die US-Justizbehörden, zählt er zu den „weltweit gefährlichsten“ Bossen im Drogen- und Waffenhandel. Diese extreme Polarisierung hat Jamaika in nur wenigen Tagen an den Abgrund eines Bürgerkriegs geführt. Seit die USA den Druck auf Ministerpräsident Bruce Golding mit Blick auf ihr Auslieferungsersuchen erhöhten, liefern sich schwer bewaffnete Anhänger Cokes mitten in Kingston erbitterte Kämpfe mit den Sicherheitskräften des Karibikstaates.

Auf ihre Gegner lassen sie Kugeln herab regnen

Christopher „Dudus“ Coke gilt als moderner Robin Hood. (Foto: afp)
Christopher „Dudus“ Coke gilt als moderner Robin Hood. (Foto: afp) © AP

Die USA wollen Coke den Prozess machen. Coke soll seit 1990 eine international agierende Drogenbande namens The Shower Posse anführen. Der ungewöhnlich anmutende Name der Truppe lässt keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit: Auf ihre Gegner lassen sie Kugeln herab regnen. Laut US-Ermittlern liefert das Kartell Marihuana und Crack vor allem in den Großraum New York. Im August wurde Coke in den USA formal angeklagt. Im Falle einer Auslieferung und Verurteilung drohen ihm eine lebenslange Haftstrafe und eine Dollar-Strafe in Millionenhöhe.

Doch der Aufenthaltsort des 42-Jährigen ist nur schwer auszumachen. In seiner Hochburg Tivoli Gardens in der jamaikanischen Hauptstadt hat er eine Art Parallelstaat aufgebaut, dessen Grundlage ein verzweigtes soziales Netzwerk ist. Mit Jobs für Arme hat er sich viele Freunde gemacht und Abhängige geschaffen. Vor seiner kriminellen Karriere machte Coke bereits viel Geld mit Geschäften im Bauwesen, bei denen er aus den öffentlichen Finanztöpfen schöpfte.

Ausnahmezustand auf den Straßen

Cokes gute Kontakte reichten bis ganz nach oben. Monatelang widersetzte sich auch Regierungschef Golding den Auslieferungsforderungen aus den USA. Washington erhöhte den Druck, indem es Jamaika mangelhafte Zusammenarbeit im Anti-Drogen-Kampf vorwarf. Daraufhin erklärte Golding Coke in der vergangenen Woche zum gesuchten Verbrecher, versprach seine Festnahme und rief angesichts des gewaltsamen Widerstands auf den Straßen den Ausnahmezustand aus.

Doch der nur selten öffentlich auftretende Coke hat auch weiterhin Bewunderer im Establishment: Senator Tom Tavares Finson, der noch vor Kurzem Coke als Anwalt vertrat, beschrieb ihn in der Zeitung „Jamaica Observer“ als rechtschaffenen Geschäftsmann, der die „Transformation einer von Kriminalität und Gewalt durchsetzten Gesellschaft in einen Ort gemanagt hat, wo Menschen Geld verdienen können“. Viele seiner Unterstützer in den Slums, die Coke wie eine Heiligen verehren, würden sogar für ihn sterben. Die Kämpfe in Kingston eskalieren zusehends. Der Vize-Polizeichef spricht bereits von einem „Krieg“ mit den Banden. Was eine Festnahme Cokes auslösen würde, bleibt offen. (afp)