Düsseldorf. Hollywoodstar Nick Nolte fliegt regelmäßig nach Düsseldorf, um dort seine Arthrose behandeln zu lassen.

Nick Nolte schlurft mit schweren Schritten durch die Lobby des Intercontinental Hotels. Wenn die Teppichbrücken ächzen könnte, würden sie es jetzt tun. Die knittrige, graue Leinenhose schlabbert um seine mächtigen Oberschenkel, das lachsfarbene Hemd trägt er über den Gürtel, das flauschige Sakko spannt ein bisschen. Sein mehr als gut durchblutetes Gesicht ziert ein struppiger, weißer Bart, der Bürstenschnitt hat den Vorteil, dass man keinen Kamm benötigt. Man kennt Fotos, auf denen sich seine Haare erschrocken vom Kopf abwenden.

Nick Nolte, der gern grimmig dreinblickende Hollywoodmann, in Düsseldorf an der Kö? Hat er auf der Suche nach neuen Kneipenabenteuern „längste Theke der Welt“ in die Internetsuchmaschine eingegeben? Sieht nicht so aus. Er sackt in ein Sofa, auf dem Tisch vor ihm steht ein Glas Wasser, das gleich in seinen bratpfannengroßen Händen verschwinden wird. Kein Frühstück aus dem Flachmann wie früher. Auch wenn sein heiseres Brummen klingt, als hätten alle Barkeeper des Stadtteils gestern Überstunden machen müssen.

Nolte ist in Düsseldorf, weil er vor ein paar Jahren in die Knie gegangen ist. Er leidet an Arthrose, und ein Footballspieler empfahl ihm Professor Peter Wehling. Dessen Therapie wird im Land der begrenzten Möglichkeiten offenbar nicht angeboten. „Dort sagen sie dir, du bist eben alt und geben dir Cortison“, berichtet Nolte. Er hoffe, dass Obama mit seiner Gesundheitsreform Erfolg habe, damit die Versorgung für alle besser werde. Wehling habe den Krankheitsprozess gestoppt und helfe ihm jetzt auch bei seinen Rückenproblemen. „Es geht mir wieder gut“, versichert er.

„Herr der Gezeiten“ und „Kap der Angst“

69 ist der Mann aus Omaha, Nebraska, Jahre, die sich in sein Gesicht eingearbeitet haben wie ein Lebensmuster. Zwei Kinder hat er, dreimal war er verheiratet. Mit Football-Stipendien arbeitete er sich durchs Studium. Den Deutschen stellte er sich in den Mitt-Siebzigern mit dem Serien-Dauerbrenner „Reich und arm“ vor. Er bot Eddie Murphy in dem flotten Krimi „Nur 48 Stunden“ Paroli, brillierte in Oliver Stones rabenschwarzer Farce „U-Turn“ und wurde für seine Rollen in dem Schmachtfetzen „Herr der Gezeiten“ und als Sohn von James Coburn in seinem stärksten Film, „Der Gejagte“, für den Oscar nominiert. Dass er leer ausging, juckt ihn nicht. „Was sagt dieser Preis denn wirklich aus?“, fragt er und erwartet keine Antwort.

Oft erlebte man ihm auf der Leinwand als Fleisch gewordene Naturgewalt. Ein Mann, der brodelt. Martin Scorsese musste ihm schon eine Brille und einen Vertreter-Anzug in „Kap der Angst“ verpassen, damit der zwei Köpfe kleinere Robert De Niro ihn glaubhaft vermöbeln konnte.

Wie ernst es der Mime mit der Arbeit nimmt, durften seine Kollegen in der Komödie „Zoff in Beverly Hills“ erfahren. Er spielte einen Obdachlosen, lebte tagelang auf der Straße und wusch sich nicht mehr. „Ich hab’ mich morgens mit Müll aus einem Eimer überschütten lassen“, sagt er und fuchtelt mit den Händen über dem Kopf herum. „Bette Midler war entsetzt und hat nur gesagt, ,der Mann kommt mir nicht zu nahe’.“

Selbst die Szene, in der Nolte aus dem Hundenapf futtert, ist authentisch. „Klar hab’ ich das probiert“, schwört er, „der Hund war aber Vegetarier, in dem Zeug waren nur Erbsen und so’n Kram drin.“

Nolte ist der nette Herr Nolte an diesem Morgen, lächelt freundlich in die Handykamera eines Hotelgastes, und über die wilden Jahre mag er nicht mehr reden. Über Saufexzesse und Entzugstherapien, über Kneipentouren per Flugzeug, über seine Festnahme 2003, als er Schlangenlinien fuhr, vollgepumpt mit Partydrogen. Mit dem Alter kommen nicht nur schmerzhafte Wehwehchen, sondern es muss die Erkenntnis, gereift sein, dass es so nicht weitergehen konnte. „Aus dem Erfolg lernst du ja nichts“, sagt er und drückt sein Kreuz in die Polster, „es sind die Fehler, die dich weiterbringen.“ Punkt.

Nick Nolte steht langsam auf und schlurft mit schweren Schritten zum Aufzug.