Augsburg. .

Bischof Mixa rudert offenbar zurück: In einem Interview räumt er ein, dass er früher Kindern „die eine oder andere Watsch’n“ verpasst habe. Der Bischof hatte bisher jegliche Vorwürfe zurückgewiesen. Jetzt fordern Politiker aus Reihen der Grünen und der SPD den Rücktritt von Mixa.

Der wegen Prügelvorwürfen in die Kritik geratene Augsburger Bischof Walter Mixa hat nun doch zugegeben, in seiner Zeit als Stadtpfarrer Kinder und Jugendliche geschlagen zu haben. „Die eine oder andere Watsch“n vor zwanzig oder dreißig Jahren“ könne er nicht ausschließen, sagte der hochrangige Kirchenvertreter laut einem am Freitag vorab veröffentlichten Bericht der „Bild am Sonntag“. Zuvor hatte er alle Vorwürfe zurückgewiesen.

Mehrere frühere Bewohner des katholischen Kinderheimes in Schrobenhausen hatten gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ schwere Anschuldigungen gegen Mixa erhoben und ihm unter anderem beschuldigt, Heimkinder mit Stöcken geschlagen zu haben. Sie zeigten sich bereit, ihre Anschuldigungen gegen den Bischof, der damals Stadtpfarrer von Schrobenhausen war, unter Eid vor Gericht zu bezeugen.

Fällt eine Ohrfeige unter „körperliche Züchtigung“?

„Wenn jetzt das Thema auf die Frage nach Ohrfeigen zugespitzt wird, will ich ganz ehrlich sagen, dass ich als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watsch“n von vor zwanzig oder dreißig Jahren natürlich nicht ausschließen kann“, sagte Mixa der „Bild am Sonntag“ zufolge. „Das war damals vollkommen normal und alle Lehrer und Schüler dieser Generation wissen das auch“, fügte er hinzu. Zugleich wandte sich Mixa erneut gegen Vorwürfe, die ihm schwere körperliche Züchtigungen unterstellen.

Er habe „von Anfang an klar gesagt, dass ich zu keinem Zeitpunkt körperliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche angewandt habe. Dazu stehe ich auch“, sagte er. Bei den Vorwürfen, die er zurückgewiesen habe, sei es stets „um schwere körperliche Züchtigungen“ gegangen. „Solche hat es durch mich nie gegeben“, versicherte er erneut. Zudem bedaure er sein damaliges Verhalten. „Falls es zu Ohrfeigen gekommen sein sollte, bedauere ich das heute aufrichtig“, betonte er.

„Der Bischof lügt“

Die Grünen forderten Mixa zum sofortigen Rücktritt auf und warfen ihm vor, gelogen zu haben. „Immer und immer wieder hat er Vorwürfe, er habe Kinder geschlagen und gezüchtigt, zurückgewiesen“, erklärte die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, in Berlin. Dass er sich nun darauf berufe, Ohrfeigen seien normal gewesen und keine Züchtigung, sei „perfide“. Mixa habe als Bischof „jegliche moralische Autorität“ verloren. Die Grünen-Parteichefin Claudia Roth erklärte, ein Bischof der lüge, sei als „katholischer Repräsentant untragbar“. Das Schlagen von Kindern sei auch vor 20 Jahren nicht in Ordnung gewesen.

Bayerns Landtagsvizepräsident Franz Maget (SPD) rief den Bischof ebenfalls auf, zurückzutreten, um „weiteren Schaden von der katholischen Kirche abzuwenden“. Für die Grünen-Landtagsfraktion sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Ulrike Gote: „Walter Mixa hat sich in seinem Amt völlig untragbar gemacht.“ Er habe „auf die Vorwürfe, Heimkinder geschlagen zu haben, schlichtweg gelogen“.

In der seit Wochen andauernden Debatte um Kindesmisshandlung und sexuellen Missbrauch warnte die Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Christine Bergmann (SPD), unterdessen davor, die Auseinandersetzung auf öffentliche Institutionen zu verengen. Zwar sei nicht hinnehmbar, dass es in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen über Jahrzehnte „Schweigekartelle“ gebe, sagte sie dem „Tagesspiegel“ vom Samstag. Es müssten aber auch die Familien in den Blick genommen werden. „Denn etwa 90 Prozent des sexuellen Kindesmissbrauchs findet im familiären Umfeld statt“, sagte die Sonderbeauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs.

Entschädigung für Missbrauchsopfer möglich

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) schließt nicht aus, dass es eine Entschädigung für die Opfer von Missbrauch in katholischen Einrichtungen geben wird. Das Thema liege ganz klar auf dem Tisch, sagte Leutheusser-Schnarrenberger am Freitag im Deutschlandradio Kultur. Ob es eine Entschädigung pauschaler Art geben werde, sei eine schwierige Frage, und es gebe auch noch keine detaillierten Vorstellungen, fügte die Ministerin hinzu.

Am Freitag kommender Woche soll erstmals der Runde Tisch tagen, der sich mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, der Zusammenarbeit der betroffenen Institutionen mit dem Staat sowie der Wiedergutmachung und Prävention beschäftigen wird. Teilnehmen sollen nach Angaben Leutheusser-Schnarrenbergers auch Vertreter von Opfern und Verbände, die sich mit Anliegen von Opfern befassten. In zwei Unterarbeitsgruppen zu den „unterschiedlichen Sachverhalten sexuellen Missbrauchs“ sollten diese ihre Erfahrungen und Eindrücke einbringen. „Wir wollen hier nicht über die Opfer reden, sondern wir wollen da natürlich auch die Gelegenheit schaffen, gerade mit Opfern ins Gespräch zu kommen“, sagte die Ministerin.

Die katholische Kirche habe bewiesen, dass sie sich inzwischen ernsthaft mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs befasse, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Die Ministerin hatte am Donnerstag bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, eine engere Zusammenarbeit der der Aufklärung von Missbrauchsfällen vereinbart. (ap/afp/ddp)