Paris. .
Mindestens 18 Tote und fünf Vermisste lautet in Frankreich die bisherige Bilanz durch den Sturm Xynthia. Eine Million Haushalte sind ohne Strom. Dazu kommen Überschwemmungen und ein Verkehrschaos.
Sie saßen am Sonntagmorgen kurz nach Mitternacht noch gemütlich vorm Fernseher und trauten ihren Augen nicht. Ehe sie sich versahen, umspülte blitzschnell ansteigendes Wasser ihre Füße. Mit brachialer Kraft und Geschwindigkeiten von 150 Kilometern pro Stunde peitschte „Xynthia“ die Wassermassen gegen die französische Küste. Besonders schlimm traf es die Départements in den Küstenregionen Vendée und Charente-Maritime, allein hier forderte das Sturmtief zwölf Todesopfer, die meisten ertranken. Südlich von La Rochelle standen ganze Stadtteile meterhoch unter Wasser.
Weite Landstriche unter Wasser
Am Samstag hatte sich der Todesorkan noch über der iberischen Halbinsel ausgetobt, ein entwurzelter Baum erschlug einen zehnjährigen Jungen in Portugal, in Spanien starben zwei Männer, als sie gegen einen umgestürzten Baum rasten. Samstagnacht und Sonntagmorgen sammelte der Orkan neue Kraft. Er wütete mit der Wucht eines Hurrikans an der französischen Atlantikküste und am Ärmelkanal, dann drehte er ab und fegte übers Landesinnere.
Die Bilanz der schlimmsten Sturmkatastrophe seit 1999: Mindestens18 Tote und fünf Vermisste, Dutzende Verletzte, eine Million Haushalte ohne Strom, weite Landstriche unter Wasser, Sachsschäden in Milliardenhöhe, zum Teil chaotische Verhältnisse auf Flughäfen und Bahnhöfen.
„So etwas habe ich noch nie erlebt“, schüttelte Maxime Bono, der Bürgermeister von La Rochelle, den Kopf. In der Charente-Maritime und in der Vendée ließen die Präfekten Polizeihubschrauber aufsteigen, um verzweifelte Menschen von den Hausdächern zu holen, Hunderte wurden mit Schlauchbooten evakuiert. Für sieben Menschen in der Vendée kam jedoch jede Hilfe zu spät. Eine 88-Jährige ertrank in Boyardville in ihrer Wohnung, ebenfalls zwei ältere Menschen wurden in Châtelaillon von den tödlichen Fluten im Schlaf überrascht, im Örtchen Charron traf es einen Zehnjährigen, bei Piriac-sur-Mer ertranken zwei Fischer auf hoher See, in seinem Garten in Saints (Yonne) wurde ein 78-Jähriger von einem Eisenträger erschlagen, den der Sturm durch die Luft gewirbelt hatte, in Luchon (Haute-Garonne) wurde ein Mann von einem entwurzelten Baum erschlagen.
Ständig stiegen die Opferzahlen
Sonntagvormittag waren die Rettungskräfte zunächst noch davon ausgegangen, Frankreich sei verhältnismäßig glimpflich davon gekommen. Zunächst war von drei Toten die Rede, doch dann stiegen die Opferzahlen stündlich an: zuerst auf acht, dann auf zwölf, später auf sechzehn, am Nachmittag hatten sie schließlich beklemmende Gewissheit, dass Xynthia achtzehn Todesopfer gefordert hatte.
In weiten Teilen des Landes verursachten entwurzelte Bäume und überschwemmte Trafostationen Stromausfälle. Bernard Lassus, stellvertretender Generaldirektor des nationalen Stromversorgers ERDF, teilte mit, dass in der Bretagne, in der Auvergne, im Limousin und in Zentralfrankreich über eine Million Haushalte am Sonntag ohne Elektrizität waren. Air France sagte in Paris 70 von 700 Flügen ab, auf vielen Bahnstrecken zwischen der Hauptstadt und den Provinzen blieben TGV-Schnellzüge und Regionalbahnen wegen herabgestürzte Bäume liegen. Zum Teil stundenlange Verspätungen waren die Folge.
Der Elysée-Palast ließ am Nachmittag mitteilen, dass Staatspräsident Nicolas Sarkozy umfangreiche Soforthilfen für die Katastrophenregionen in Aussicht