Berlin. .
Werdende Väter schwanken oft zwischen angenehmer Vorfreude und unangenehmen Befürchtungen. Dabei hilft es oft, dass sie schon während der Schwangerschaft Kontakt zum Nachwuchs aufnehmen. In den Kreißsaal muss allerdings nicht jeder Papa mit.
Bei werdenden Müttern sorgen schon allein die körperlichen Veränderungen dafür, dass das Baby ganz schnell im Mittelpunkt steht. Die Papas hingegen realisieren oft erst beim ersten Ultraschallbild, dass sie tatsächlich Vater werden. „Viele werdende Väter beschäftigen sich während der Schwangerschaft gar nicht mit dem Thema Baby - und sind dann überrascht, wie sehr ein kleines Kind das Leben verändert“, berichtet Eberhard Schäfer vom Väterzentrum Berlin. Dabei sei der Vater für ein Neugeborenes als zweite Hauptbezugsperson ebenso bedeutend wie die Mutter, und es sei daher wichtig, dass sich Männer auf ihre Vaterschaft vorbereiteten.
„Für die Kontaktaufnahme mit dem Baby während der Schwangerschaft braucht man Zeit und Ruhe“, betont Robert Richter, Diplom-Pädagoge aus Künzell bei Fulda, der werdende Väter in Geburtsvorbereitungskursen begleitet und Hebammen zu Väter-Themen fortbildet. So könne das Paar abends gemeinsam den Babybauch liebkosen und darüber sprechen, wie ihr Kind wohl mal aussehen wird. Überhaupt sei es hilfreich, das Kind auch schon gedanklich mit einzubeziehen. „Man kann ihm beispielsweise abends erzählen, wie der Tag so war“, schlägt Richter vor.
Um die Geräusche im Inneren des Babybauchs wahrnehmen zu können, empfiehlt Richter einen einfachen Trick: „Wenn man eine Röhre, beispielsweise eine leere Küchenpapierrolle, zwischen Bauch und Ohr hält, werden die Geräusche verstärkt.“ Ein spannendes Gefühl sei es auch, den Babybauch der Partnerin von hinten zu umfassen und vorsichtig etwas anzuheben, so dass man sein Gewicht spüren und gleichzeitig die Partnerin kurz ein wenig entlasten kann.
Interesse zeigen
Wichtig ist, dass Väter Interesse an der Schwangerschaft zeigen. „Je mehr Väter von der Schwangerschaft mitbekommen, desto mehr begreifen sie die anstehenden Veränderungen. Da ist es beispielsweise gut, seine Partnerin zum Geburtsvorbereitungskurs und zu Vorsorgeuntersuchungen zu begleiten“, sagt Richter. Um das Thema Schwangerschaft und Baby besser zu begreifen, empfiehlt Eberhard Schäfer außerdem, sich durch Gespräche mit der Partnerin und die Lektüre von Fachbüchern darüber zu informieren. „Außerdem kann man mit erfahrenen Papas im Freundeskreis über ihre Vaterschaft sprechen und sich so auf informellem Weg vorbereiten“, schlägt Schäfer vor.
„Werdende Väter schwanken oft zwischen angenehmer Vorfreude und unangenehmen Befürchtungen“, sagt Robert Richter. Sie grübelten darüber nach, ob wirklich der richtige Zeitpunkt für ein Kind sei und sie und ihre Partnerin der kleinen Familie auch eine finanzielle Absicherung bieten können. „Wir raten werdenden Vätern immer, ihren Frauen zu erzählen, worüber sie nachdenken, damit die Partnerin nicht den Eindruck bekommt, es sei ihnen egal“, sagt Schäfer.
Vielen Papas ist es wichtig, für ihr Kind Zeit zu haben. „Man sollte deshalb schon frühzeitig darüber nachdenken, wie viel Zeit man sich nehmen kann und wie man das anstellt“, sagt Schäfer, der im Väterzentrum Geburtsvorbereitungskurse für Papas anleitet. Beispielsweise den Urlaub zur Geburt des Babys könne man bereits im Unternehmen ansprechen. Schäfer betont, dass Urlaube und Elternzeit eine Investition in die Beziehung zum eigenen Kind seien. „Die Bindung, die man in den ersten Monaten zu seinem Baby aufbaut, ist bleibend“, sagt er.
Nicht jeder Vater muss mit in den Kreißsaal
Das Thema Geburt bereitet werdenden Vätern oft ein ungutes Gefühl. Heutzutage sei es beinahe selbstverständlich, dass die Väter auch mit in den Kreißsaal gehen, sagt Eberhard Schäfer. „Häufig sprechen Paare gar nicht mehr darüber, ob das für sie eigentlich auch der richtige Weg ist.“ Er empfiehlt werdenden Eltern hingegen, sich trotz der allgemeinen gesellschaftlichen Meinung über diesen Aspekt auszutauschen.
Vielen Männern falle es schwer zu akzeptieren, dass sie bei der Geburt nur Zuschauer sind und das Geschehen nicht beeinflussen können. „Wenn Väter doch versuchen, sich einzumischen, lenken sie dadurch sowohl Arzt und Hebamme, aber auch ihre Partnerin vom eigentlichen Geschehen ab“, mahnt Schäfer. Zurückhaltung ist also gefragt, einfach nur da sein und miterleben - „Mütter bestätigen immer wieder, wie viel es ihnen bedeutet, dass ihr Mann bei der Geburt an ihrer Seite war - ohne dass er aktiv mitgeholfen hat“, sagt Schäfer.
Vater steht hinter dem Rücken seiner Partnerin
Manche Männer hätten Angst, sie könnten die ungewohnte Situation im Kreißsaal nicht durchstehen. „Falls die Geburt sehr lange oder anstrengend wird, kann es hilfreich sein, wenn außer dem Vater noch eine weitere Begleitperson dabei ist“, sagt Robert Richter. In manchen Städten gebe es auch sogenannte Doulas - Frauen, die sich während Schwangerschaft und Geburt ausschließlich um die psychosoziale Begleitung der werdenden Eltern kümmern. So könne man sich bei der Betreuung der Schwangeren auch mal ablösen lassen und zwischendurch etwas ausruhen. Schließlich könnten die Väter sich nicht wie die Gebärende auf einen Hormoncocktail verlassen, der sie diese Extrembelastung durchstehen lässt. „Es ist wichtig, dass Männer hier auch auf sich achten, um ihre Partnerin gut unterstützen zu können“, betont Richter.
„Keiner muss die Geburt wirklich aus der Perspektive der Hebamme beobachten. Normalerweise wird der Mann hinter dem Rücken seiner Partnerin positioniert und hat damit denselben Blickwinkel wie sie“, beruhigt außerdem Eberhard Schäfer werdende Väter. Und falls es irgendwie unangenehm werde, könne man ja auch einfach wegschauen. Oft sorge das gemeinsame Erlebnis der Geburt für ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl bei den frischgebackenen Eltern. (ddp)