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Wenn minderjährige Kinder schwanger werden, ist das für alle Beteiligten eine Ausnahmesituation. Trotzdem sollten Eltern nicht reflexartig einen Abbruch fordern. Ist das Kind erst da, sollten die neuen Großeltern gelassen bleiben.
Eine Teenagerschwangerschaft ist für alle Beteiligten eine Ausnahmesituation. Sowohl das Leben der jungen Schwangeren als auch das ihrer Familie ändert sich mit dem positiven Testergebnis auf einen Schlag. «Auch die Eltern erleben eine Achterbahn der Gefühle, wenn sie erfahren, dass ihre minderjährige Tochter schwanger ist. Sie sind schockiert und nicht selten sauer, oft fühlen sie sich aber auch schuldig», berichtet Elfi Jungbluth, Leiterin der Schwangerenberatung «esperanza» bei der Caritas im nordrhein-westfälischen Gummersbach.
Das Gefühl, das eigene Kind nicht gut genug auf das Leben vorbereitet zu haben, mache vielen schwer zu schaffen. Dazu komme die Enttäuschung darüber, dass die Tochter nun vielleicht nicht den gewünschten Lebensweg einschlage. Manche Eltern versuchten, die unangenehme Situation so schnell wie möglich zu beenden: «Es kommt vor, dass die Eltern das Mädchen sofort zu einem Abbruch drängen wollen», berichtet die Diplom-Pädagogin und systemische Beraterin.
Auch Simone Hartig, Leiterin der Sexualberatungsstelle pro familia in Flensburg, kennt solch unüberlegte Reaktionen. Sie empfiehlt Eltern, nicht mit Drohungen oder Vorwürfen zu reagieren, sondern erst einmal Abstand zu gewinnen. «Man sollte sich ein bisschen Zeit nehmen, um diese Offenbarung zu verarbeiten, und auf keinen Fall überstürzt handeln», sagt Hartig.
Sich schnell an eine Schwangerenberatung wenden
Meist haben sich die Jugendlichen bereits Gedanken gemacht, wie sie mit der Situation umgehen möchten. Man sollte im Gespräch mit ihnen dann die nächsten Schritte klären. «Ich empfehle betroffenen Familien, sich so schnell wie möglich an eine Schwangerenberatung zu wenden. Dabei kann es hilfreich sein, wenn die Eltern ihre Tochter zur Beratungsstelle begleiten», sagt Hartig. Allerdings sollten Eltern die Jugendliche ermuntern, den Termin selbst zu vereinbaren, um erste Eigenverantwortung zu erleben. »Für schwangere Teenager gibt es mittlerweile in jedem Bundesland eine Vielzahl an frühen Hilfen. Neben den Schwangerenberatungsstellen der verschiedenen Träger stehen den Familien auch das Jugendamt und Familienhebammen zur Seite“, sagt Hartig.
Während der Schwangerschaft und der ersten Zeit nach der Geburt sind die minderjährigen Mütter allerdings auch auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. «Das Elternhaus ist für eine Jugendliche mit Baby das beste Umfeld, um sich an ihr neues Leben zu gewöhnen», sagt Elfi Jungbluth. Hier spüre das Mädchen emotionalen Rückhalt durch die Familie und werde zudem nicht aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen. Das setze allerdings voraus, dass es beiden Parteien gelinge, sich voneinander zu emanzipieren.
«Falls sich zu Hause allerdings keine gute Situation herstellen lässt, kann es besser sein, wenn das Mädchen mit seinem Kind auszieht», sagt Jungbluth. In speziellen Mutter-Kind-Einrichtungen bekämen Teenagermütter die Möglichkeit, mit pädagogischer Unterstützung in ihre Mutterrolle hineinzuwachsen. Der Kontakt mit anderen Frauen in derselben Situation helfe vielen zudem bei der Bewältigung des ungewohnten Alltags. «Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass die Mutter mit ihrem Kind einen eigenen Haushalt führt.» In diesem Fall bekäme die Kleinfamilie Unterstützung vom Jugendamt sowie von der für Hartz-IV-Leistungen zuständige Behörde.
Jugendliche muss Mutter-Kind-Beziehung aufbauen können
Wichtig sei in jedem Fall, dass die jungen Großeltern sich um Gelassenheit bemühten und ihrer Tochter die Verantwortung für das eigene Kind zutrauten. «Oft kümmern sich die Großmütter sofort aufopfernd um das Baby, weil sie natürlich mehr Erfahrung haben. Dadurch lassen sie den Jugendlichen jedoch manchmal wenig Chance, eine Mutter-Kind-Beziehung zu dem Neugeborenen aufzubauen», warnt Jungbluth. Sie erlebe in ihrer Arbeit täglich, dass auch sehr junge Mädchen oft ganz intuitiv mit der Situation umgehen und sehr schnell in ihre Mutterrolle hineinwachsen, wenn man es ihnen ermöglicht.
Durch eine Schwangerschaft im Teenageralter wird die Kindheit vorzeitig beendet. Dennoch müsse eine Teenagermutter ihre Jugend leben dürfen, sagen beide Expertinnen übereinstimmend. «Wenn sie bestimmte Prozesse nicht durchmachen darf, wird sie sie irgendwann nachholen», sagt Hartig. Wenn die jungen Mütter total isoliert lebten, reagierten sie schnell frustriert und machten unter Umständen sogar das Kind für die Situation verantwortlich. «Wenn die Eltern ihre Tochter unterstützen wollen, sollten sie ihr also ab und zu ermöglichen, jung zu sein, sich mit Freunden zu treffen oder in die Disco zu gehen», sagt Elfi Jungbluth.
Aber auch die jungen Großeltern sollten sich während dieser Zeit nicht scheuen, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. «Sie müssen sich schließlich auch noch darum kümmern, dass ihre Partnerschaft gut läuft und dass eventuell die Geschwister der Teenagermutter versorgt sind», sagt Hartig. Viele Omas und Opas seien in dieser Lebensphase auch noch berufstätig und hätten keine Zeit, sich nebenher intensiv um den Enkel zu kümmern. Bei Fragen und Problemen stehen auch den Eltern der jungen Mütter die Schwangerenberatungsstellen offen. (ddp)