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Es ist ein Bau der Superlative: 824 Meter hoch, 160 Etagen. 330 000 Tonnen Kubikmeter Beton, 31 400 Tonnen Stahl – zum Teil recycletes aus dem abgebrochenen Palast der Republik – wurden verbaut. Bei gutem Wetter ist der Mega-Bau „Burj Dubai“, der nicht mehr an die Wolken kratzt, sondern in sie hineinragt, aus gut 100 Kilometern zu sehen. Für manche Architekten ist es das schönste Hochhaus der Welt, für andere das dümmste.
Die Super-Immobilie setzt dem Wachstumsboom in der Wüstenstadt Dubai am persischen Golf ein vorläufiges Ende. In der Dubai Marina sind in den letzten Jahren auf sieben Quadratmetern 140 Wolkenkratzer gebaut worden, jedes einzelne höher als 300 Meter. Rund um den neuen Giganten des Architekten Adrian Smith mit mehr als 1000 Wohnungen, Büros und einem Armani-Luxushotel entsteht der 20 Milliarden teure neue Stadtteil „Downtown Burdj Dubai“ mit 30 000 neuen Wohnungen und dem größten Einkaufszentrum der Welt. Nicht zu vergessen: Unterhalb des Towers entsteht die künstlich angelegte „World“. Die Mega-Anlage soll aus 300 kleinen Inseln bestehen, die jeweils ein Land – zum Beispiel Deutschland – darstellt. Auf den Inseln sollen exklusive Villen, Häuser mit privatem Jachthafen entstehen. Prominente Bewohner bisher: Michael Schumacher und der britische Milliardär Sir Richard Branson.
Bauherr all dieser gigantischen Projekte ist Scheich Mohammed bin Rashid al Maktoum, Herrscher von Dubai. Der Monarch denkt bereits an die Zeit nach dem Öl und möchte das Emirat für den Tourismus aufhübschen und den Immobilienmarkt beleben.
Doch in dem Wüstenstaat sind die Immobilienpreise um bis zu 50 Prozent eingebrochen. Ein Viertel der neuen Wohnhäuser stehen leer. Um den Eindruck einer Geisterstadt zu vermeiden, werden die Hochhäuser in der Marina nachts automatisch beleuchtet.
Seine hochgestochenen Architekturpläne haben Scheich Mohammed, der auch als Bauherr des Turms fungiert, an den Rand des Ruins getrieben. Ende 2009 hatten die Finanzprobleme des Emirats die Börsen der Welt erschüttert. Dubai musste Schulden in Höhe von 80 Milliarden Dollar eingestehen, wovon alleine 59 Millionen vom Staatsunternehmen Dubai World zu verantworten waren. Dubai World wird genau, wie der Megaturm, von der Familie Maktoum und von Bauträgern, die sich zumindest zum Teil im Besitz des Emirats befinden, finanziert. Der wegen seines gigantischen Baubooms im finanzielle Schwierigkeiten geratener Scheich ließ sich gerade mit einer Zehn-Milliarden-Dollar-Spritze von einem reichen Vetter aus dem noch reichen Abu Dhabi unterstützen.
Das alles ficht den Bauherrn heute nicht an. Pünktlich zum vierten Jahrestag seiner Machtübernahme wird er das 1,8 Milliarden teure Bauwerk der Superlative einweihen. Bisher galt „Taipei 101“ in der Taiwanesischen Hauptstadt mit 508 Metern als das größte der Welt. Den Kampf um Höhe hat Mohammed gewonnen, ob weitere Rekorde angestrebt werden, bleibt fraglich. Denn unter Experten gilt der Turmbau zu Dubai auch als der dümmste. Energetisch betrachtet. Um die Versorgung des mit 54 Fahrstühlen ausgestatteten Gebäudes zu sichern, ist jede 20. der 189 Etagen für die Logistik eingeplant. Immerhin fast 30 Prozent. Als noch schwieriger entpuppt sich die Klimatisierung. Bei Außentemperaturen von bis zu 50 Grad heizen die 103 000 Quadratmeter Glasflächen das Gebäude immens auf. Die Kosten für die Dauerkühlung sind gigantisch.
Von daher hält Uli Hellweg von der Internationalen Bauausstellung IBA den Turm für ein Auslaufmodell. „Er ist ein Relikt der fossilen Gesellschaft, schon vor seiner Fertigstellung eher ein Mahnmal als ein Zukunftsmodell“, sagte der Stadtplaner der „Welt“. „Das liegt nicht primär an seiner Höhe, sondern an seinem Festhalten, an seinem Verständnis von Architektur und Stadt, das in Denkschablonen des 19. und 20. Jahrhunderts stecken geblieben ist.“