Hamburg. .
Acht Jahre war das Mädchen Natascha Kampusch in einem Kellerverlies eingesperrt - nun hat sie angekündigt, ihr Gefängnis zuschütten zu lassen. Die 21-Jährige sucht den Weg zurück in ein normales Leben und möchte sich auch mit der Mutter ihres Entführers treffen.
Mehr als drei Jahre nach ihrer Flucht will Natascha Kampusch das Kellerverlies im Haus ihres Entführers Wolfgang Priklopil zuschütten lassen. «Ich überlege noch, was dann mit dem Haus geschehen soll», sagte die 21-Jährige am Montag in Hamburg bei der Vorstellung einer Fernseh-Dokumentation über ihre Entführung. Am 25. Januar will die ARD den 45 Minuten langen Film «Natascha Kampusch - 3.096 Tage Gefangenschaft» ausstrahlen.
Das einstige Entführungsopfer ist die Eigentümerin des Hauses von Priklopil im Strasshof bei Wien, da sie Anspruch auf Schadensersatz hat und der Täter verstorben ist. 1998 hatte Priklopil die damals zehn Jahre alte Natascha verschleppt und sie etwa acht Jahre lang in dem Kellerverlies gefangen gehalten. Im August 2006 flüchtete sie. Der Entführer nahm sich noch am selben Tag des Leben, indem er vor eine Straßenbahn lief.
Erstmals nach ihrer Flucht will Kampusch nun die Mutter ihres Entführers treffen. «In den nächsten zwei Monaten soll ein Kontakt zustande kommen», sagte Kampusch in Hamburg. Bereits kurz nach ihrer eigenmächtigen Befreiung habe sie versucht, ein Treffen mit der Frau zu arrangieren. Damals habe die Mutter Priklopils dies aber abgelehnt. Inzwischen sei sie zu einem Gespräch bereit.
Kampusch will normales Leben führen
Über ihren derzeitigen Alltag sagte Kampusch, dass sie «ganz zurückgezogen» lebe, sich kaum in der Öffentlichkeit zeige, dennoch aber etwa öffentliche Verkehrsmittel benutze. Noch bis zum Ende des Jahres möchte sie nach eigenen Angaben ihren Mittelstufenabschluss in der österreichischen Schulausbildung erlangen.
Obwohl ihr nach der Flucht ein soziales Umfeld vollkommen gefehlt habe, habe sie sich allmählich einen Kreis von vertrauten Personen aufbauen können: «Ich habe Leute gefunden, die ich schon fast als Freunde bezeichnen würde», sagte Kampusch. Sie wünsche sich derzeit nichts mehr, als ein normales Leben führen zu können. «Ich habe offen gestanden gar keine Ahnung, wie sich mein Leben weiter gestalten wird», bekannte die junge Frau mit Blick auf ihre berufliche Zukunft. Im österreichischen Fernsehen hatte sie bereits eine Talkshow moderiert.
Unklarheit über möglichen Mittäter
In der vom NDR produzierten Dokumentation über die lange Zeit der Entführung kommt mit Ernst H. auch ein früherer Freund des Täters zu Wort. Die österreichische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Mann wegen Mittäterschaft. H. geriet der Behörde zufolge wegen widersprüchlicher Aussagen ins Visier der Ermittler. Außerdem soll es fragwürdige Geldtransfers zwischen ihm und Priklopil gegeben haben.
Kampusch selbst kann das Rätsel um die mögliche Mitwirkung eines zweiten Täters nach eigenen Angaben nicht klären. «Ich hatte nur Kontakt mit dem Täter», sagt sie im Film. Sie wisse nicht, ob Ernst H. irgendetwas gemacht habe. Gegen Ende ihrer Gefangenschaft habe sie ihn einmal kurz kennengelernt. Priklopil habe sie bei der Gelegenheit als Nachbarin vorgestellt.
Ihre Bereitschaft zu der ersten großen Dokumentation begründete Kampusch mit Kritik an den österreichischen Medien. «Ich wollte das einmal von einer anderen Seite betrachtet sehen», sagte sie in Hamburg. In ihrem Heimatland hätten die Berichte über ihr Schicksal bisher immer einen «Nachrichten-Wegwerf-Charakter» gehabt, erklärte Kampusch. (ap)