Port Fourchon. Mit einer riesigen Stahlglocke will der BP-Konzern den Ölteppich im Golf von Mexiko in den Griff kriegen. Die Technik hat sich bereits bewährt - allerdings noch nie in tieferen Gewässern. Die US-Regierung plant derweil, Ölkonzerne stärker als bislang an den Folgekosten zu beteiligen.
Im Kampf gegen die verheerende Ölpest im Golf von Mexiko hat der Konzern BP am Mittwoch den Einsatz einer riesigen Stahlglocke in die Wege geleitet. Die Experten hofften, die Kuppel bis spätestens Montag über das Leck stülpen zu können, um so das Öl auffangen und abpumpen zu können. Das Weiße Haus erklärte unterdessen, Energiekonzerne stärker für die Folgen von Ölverschmutzungen zur Kasse bitten zu wollen.
Arbeiter verluden die knapp hundert Tonnen schwere und fast 15 Meter hohe Kuppelkonstruktion im Hafen von Port Fourchon im US-Bundesstaat Louisiana auf ein Schiff, von wo aus sie an die Unglücksstelle gebracht werden sollte. Die Überfahrt dorthin sollte etwa zwölf Stunden dauern. Die Kuppel vollständig anzubringen dürfte demnach bis Montag dauern.
Noch nie ausprobiert worden
Sollten die Pläne der Ingenieure funktionieren, würde die Glocke wie ein Trichter wirken: Das auslaufende Öl würde sich unter ihr sammeln und könnte über einen Schlauch am oberen Ende der Glocke in Tankschiffe abgepumpt werden. Das Problem für die Experten bestand vor allem darin, die Glocke in mehr als 1500 Meter Meerestiefe passgenau über das Leck zu stülpen. Bei früheren Ölkatastrophen hatte diese Technik funktioniert - allerdings immer nur in flachem Wasser.
Das Verfahren sei in der Form noch nie ausprobiert worden und daher "sehr komplex", sagte der BP-Einsatzleiter Doug Suttles. Es werde im Rahmen der Aktion "Herausforderungen" geben. Auch Brandon Blackwell von der US-Küstenwache warnte, dieses Verfahren sei in solcher Tiefe noch nie ausprobiert worden.
Höhere Entschädigung für Betriebe gefordert
Das Weiße Haus kündigte an, Energiekonzerne stärker in die Pflicht zu nehmen. US-Präsidentensprecher Robert Gibbs stellte sich am Mittwoch hinter Forderungen aus dem Kongress, die Haftung von Konzernen für die wirtschaftlichen Folgeschäden von Ölverschmutzungen im Meer zu erhöhen. "Wir wollen die Entschädigungsgrenze beträchtlich anheben", sagte Gibbs in Washington. Genaue Zahlen wollte er zunächst nicht nennen.
Nach bislang geltendem Recht müssen die Unternehmen zwar für die Beseitigung des Öls im Meer und die Reinigung der Küste zahlen; für Schadenersatzzahlungen an Betriebe - etwa in der Fischereiindustrie oder im Tourismus - gilt aber eine Obergrenze von 75 Millionen Dollar (58 Millionen Euro). Im US-Senat war am Montag ein Gesetzentwurf vorgestellt worden, der die Entschädigungsgrenze auf zehn Milliarden Dollar hinaufsetzen würde.
Regierung rechtfertigt sich
Um Kritik am Krisenmanagement zu entkräften, veröffentlichte das Weiße Haus am Mittwoch mehrere tausend Seiten interner Unterlagen, um die Reaktion der US-Regierung auf die Ölpest im Golf von Mexiko zu dokumentieren. Die rund 7000 Seiten, die im Internet veröffentlicht wurden, beinhalten nach Regierungsangaben alle Mitschriften von Krisensitzungen und internen Anweisungen nach der Explosion der Ölplattform am 20. April.
Aus den Dokumenten geht hervor, dass Regierungsmitarbeiter am 21. April eine erste Krisensitzung mit BP-Vertretern abhielten. Aufgelistet sind auch die Entsendungen von Regierungsmitarbeitern, Schiffen und Helikoptern sowie die Einrichtung eines Kommandozentrums.
Die oppositionellen Republikaner hatten dem Weißen Haus vorgeworfen, zu langsam auf das Öldesaster reagiert zu haben. Das Weiße Haus bemüht sich, jeden Vergleich mit der weithin kritisierten Reaktion der Vorgängerregierung nach der Katastrophe durch den Hurrikan "Katrina" zu vermeiden. (afp)