Dorsten. In Deutschland sind anabole Steroide nur mit Rezept legal zu bekommen – und wegen der massiven Nebenwirkungen werden sie selten verschrieben. Der Schwarzmarkt ist allerdings riesig.
Steroide – wie das männliche Sexualhormon Testosteron – kann man frei über das Internet bestellen (wie der Testbesuch einer einschlägigen Seite zeigte). Ganz legal erhältlich – zum Beispiel auf Fitnessmessen – ist auch das „Schwarze Buch” zum Thema Anabolika. Unter dem Vorwand der Aufklärung werde hier Anleitung zum Doping geleistet, so der Anti-Doping-Aktivist Jörg Börjesson.
Rund 350 000 Freizeitsportler betreiben Doping, glaubt man einer Umfrage der Universität Lübeck. Börjesson schätzt die wahre Zahl deutlich höher. Tatsächlich gibt es noch keine einzige repräsentative Studie für Deutschland.
Der Abteilungsleiter will beim Marathon mithalten
Jenseits der Urlaubszeit ist Doping für den Aktivisten ein Phänomen durch alle Alters- und Berufsschichten: Der Soldat, der von seinen Vorgesetzten Respekt bekommt. Der Abteilungsleiter, der nur dieses eine Mal mit seinen jungen Mitarbeitern beim Marathon mithalten will.
„Doping hat immer eine Vorgeschichte”, erklärt der spezialisierte Psychologe Werner Hübner aus Bonn: „Der Körper wird als letzte Waffe eingesetzt, als Argument im Auswahlverfahren.” Und so ist auch Hübner überzeugt, dass gezielt zum Urlaub hin gedopt wird. „Doping geschieht immer dann, wenn Leistung erforderlich ist. Und für manchen kann es eine Leistung sein, in Rimini einen guten Körper zu präsentieren.” Einen leichten Anstieg der Fallzahlen verzeichnet Hübner jedesmal nach den Ferien – wenn plötzlich das böse Erwachen kommt.
Der Einstieg in die Sucht kommt früh. Ein Bericht des Robert-Koch-Instituts fasst internationale Studien zusammen. In den USA und Kanada haben bis zu acht Prozent der männlichen Jugendlichen Erfahrungen mit Anabolika oder anderen Dopingsubstanzen. In Europa sind es eher zwei bis drei Prozent. Jungen dopen mehr als doppelt so häufig wie Mädchen. Und Jugendliche, die andere Drogen nehmen, nehmen vermehrt auch Anabolika. Bei einer Umfrage in Niedersachsen gab etwa ein Drittel an, zu wissen, wo man Anabolika beziehen könne.
Ebenfalls nicht repräsentativ, aber aufschlussreich ist die „Multicenter-Studie”, bei der Fitnessclub-Besucher befragt wurden. 19,2 Prozent der Männer und 3,9 Prozent der Frauen gaben Doping zu. Demnach wurde in klassischen Bodybuilding-Studios deutlich mehr gedopt als in denen mit einem höheren Frauenanteil und den gesundheitsorientierten Studios. Auch die Schulbildung spielt eine statistische Rolle: Deutlich mehr Hauptschüler als Gymnasiasten besuchen Fitnesstudios.