Washington. Es werden zwei Theorien angeführt – wovon eine als gesichert gilt. Die andere hat mit dem Klimawandel zu tun, ist aber umstritten.
Was ist da los in den Weltmeeren? Ein globales Phänomen gibt den Forschern seit einigen Jahren Rätsel auf: Egal ob Lachse am Polarkreis, Heringe in der Nordsee, Dorsche in der Ostsee oder Rochen im Atlantik: Laut einer neuen Studie ist bei rund 75 Prozent aller Populationen die Körpergröße in den vergangenen 60 Jahren geschrumpft. Und eine gute Antwort auf die Frage, wieso das so ist, ist noch nicht gefunden.
Anhaltende Überfischung – es bleiben nur die Kleinen übrig
Für die Entwicklung machen Experten zwei große Ursachen verantwortlich: die anhaltende Überfischung und den Klimawandel. In Sachen Überfischung sind die Mechanismen noch relativ leicht zu erklären: Die großen werden schlicht dauerhaft weggefangen. Es werden ganze Kohorten eines Bestandes vernichtet, sodass über Dekaden nur die kleineren Exemplare übrig bleiben. Möglicherweise wirken an dieser Stelle auch bereits evolutionäre Mechanismen, wenn kleinere Exemplare besser überleben, indem sie etwa durch die Maschen der Fischereinetze entkommen.
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Es gibt allerdings auch Regionen, die noch nicht überfischt wurden - und auch dort schrumpfen die Fische. Dafür könnten die Effekte des Klimawandels verantwortlich sein, und es gibt ebenfalls einleuchtende Erklärungen: Der Sauerstoffgehalt in wärmeren Gewässern ist kleiner als jener in kälteren Gewässern. Durch den Klimawandel heizen sich die Weltmeere auf. Natürlich gibt es auch in wärmeren Gewässern große Fische - aber deren Körperbau ist darauf seit Jahrtausenden ausgerichtet. Für viele Arten kommt der Klimawandel allerdings zu schnell - die Kiemengröße zum Beispiel ist noch nicht an die steigenden Temperaturen angepasst. Sie können also ihrem Körper nicht mehr genug Sauerstoff für das normale Größenwachstum zuführen.
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Simulation des Klimawandels im Labor
Lisa Komoroske, Naturschutzbiologin an der University of Massachusetts in Amherst und ihr Kollege Joshua Lonthair haben diese Konstellation in ihrem Labor simuliert: Die beiden hielten hunderte Bachforellen - eine Gruppe bei 15 Grad Wassertemperatur, die andere bei 20 Grad, beide Gruppen erhielten das gleiche Futter . Das Ergebnis war deutlich: Die Forellen im wärmeren Wasser erreichten nur die halbe Größe ihrer Verwandten im kälteren Wasser. , die in wärmeren Gewässern aufgezogen wurden, waren im Durchschnitt weniger als halb so groß wie die anderen Fische.
Allerdings: Die Kiemen-Theorie lasse sich nicht belegen: Rein theoretisch hätten die Flächen der Kiemen ausreichen müssen, um den Sauerstoff für ein gleichförmiges Größenwachstum zu gewährleisten. Es müsse also noch andere Gründe geben für das Schrumpfen: Der Erfinder der Kiemen-Theorie widerspricht: Die Größe der Kiemen, sei nur ein Anhaltspunkt für einen verringerten Stoffwechsel und gedrosseltes Größenwachstum durch fehlenden Sauerstoff.
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Es geht nicht nur um einen Streit unter Forschern
Das Thema mag nach einer rein theoretischen Debatte klingen, es hat aber einen durchaus dramatischen Hintergrund, warum Forscher heftig über das Thema streiten: Weltweit sind rund drei Milliarden Menschen auf die Ernährung durch Meeresfrüchte angewiesen. Schrumpfen die Fische, führt das zu Mangellagen. Und auch die Manager der großen Fischfarmen möchten der Frage auf den Grund gehen. „Wir sind blind, wenn wir Probleme lösen wollen, ohne zu verstehen, was sie überhaupt verursacht“, sagt Timothy Clark, Professor an der Deakin University in Australien, der ähnliche Experimente zu Fischen und Temperatur durchgeführt hat im Interview mit der Washington Post. Clark glaubt auch nicht an die reine Kiemen-Theorie und fordert neue Ideen. Möglicherweise sind auch an dieser Stelle bereits evolutionäre Wirkungen zu sehen: Möglicherweise schrumpfen die Fische, weil sie so Hitzeperioden besser überleben.
Spannend an der Entwicklung ist: 75 Prozent aller Fischarten werden zwar kleiner - aber bei einigen Arten wachsen die Populationen trotz geschwundener Größe. Auch darin sehen Wissenschaftler einen spannenden Ansatz, um das große Rätsel weiter zu erforschen. (ftg)
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