Berlin. Als Schauspielerin und Mutter plagen Felicitas Woll einige Ängste. Wie sie damit umgeht und wovor sie ihre Kinder schützen möchte.
Serien wie „Berlin, Berlin“ oder Reihen wie der „Der Taunuskrimi“ prägen die Karriere von Felicitas Woll. Nun beschert ihr das ZDF mit „Neuer Wind im alten Land“ (ab 21. April um 20.15 Uhr) eine maßgeschneiderte Reihe über eine ehemalige Starjournalistin, die ihr Leben umkrempeln muss.
Unsicherheiten kennt Felicitas Woll selbst: Trotz aller Erfolge und Erfahrungen ist die Gefühlswelt der 44-Jährigen immer noch von verschiedenen Befürchtungen geprägt. Im Interview erklärt die Schauspielerin, wie sie jetzt endgültig damit klarkommen will.
Ihre Heldin kehrt in ihre alte Heimat in der Provinz zurück, um beruflich ganz neu anzufangen. Inwieweit können Sie diese Entscheidung nachvollziehen, nachdem Sie ja selbst aus einer Kleinstadt kommen?
Felicitas Woll: Ich kann mich schon mit ihr identifizieren. Schließlich bin ich selbst immer wieder zu meinen Wurzeln zurück. Und ich kenne das Gefühl, wenn man nach Hause kommt und sich wieder wie ein Kind fühlt. Beruflich kann es immer passieren, dass alles vorbei ist und Stillstand eintritt.
Darüber hat man in den Jahren der Pandemie zwangsläufig nachgedacht. Die waren für uns als Künstler unfassbar. Immerhin lässt sich meine Figur nicht entmutigen, und so macht sie als ehemalige Star-Reporterin eben Lokalberichterstattung. Es mag ihr nicht die große Freude machen, aber sie tut das mit Charme.
Sie haben schon früh den Sprung in die große weite Welt gemacht, als Sie mit 19 nach China gingen, um dort eine Fernsehserie zu drehen. Hätten Sie sich vorstellen können, dort zu bleiben?
Woll: Nein, so gerne ich an die Zeit dort zurückdenke. Es war unglaublich, was ich da erlebt habe. Überall waren Menschenmassen, die Leute haben mir an die Haare und an die Nase gefasst. Das war ein riesiger Lernprozess, aber ich war sehr froh, als ich am Flughafen in Peking stand und wusste, es geht nach Frankfurt zurück.
Felicitas Woll: „Meine Unsicherheit ist immer noch da“
Aber die hessische Provinz wollten Sie damals schon hinter sich lassen?
Woll: Ja, denn ich wollte mich weiterentwickeln. Nur habe ich mich oft nicht getraut. Ich hatte sehr viel Angst davor, alleine loszugehen. Zum Glück hatte ich meinen Beruf, der mich dazu gebracht hat. Der war wie ein großer Bruder, der mir gesagt hat: „Du spielst jetzt diese Figur und dabei guckst du dir die Welt an und lernst für dein Leben. Und ich bin an deiner Seite.“
Auch spannend: Regisseur Woody Allen – „Würde mich über Aussöhnung freuen“
Haben Sie diese Ängste weiterhin?
Woll: Meine Unsicherheit ist immer noch da. Ich vertraue mir selbst zu wenig. Aber ich arbeite daran, meine Ängste loszulassen. Ich weiß, dass ich meinen Gedanken nicht unbedingt vertrauen kann. Die sind mit alten Erinnerungen, Erfahrungen und Vorstellungen aufgeladen, dass sie dich vollkommen lähmen können. Und ich möchte ohne Lähmung vorwärtsgehen. Seit meinem 44. Geburtstag hat sich dieser Wunsch noch verstärkt. Ich möchte mein Bauchgefühl dankend annehmen und mich von ihm leiten lassen. Denn das ist mein tiefstes Ich.
Darauf achtet Felicitas Woll bei der Erziehung ihrer Töchter
Gibt es denn noch Faktoren, die bei diesen Prozessen schädlich sind?
Woll: Wir machen uns mit dem Internet noch mehr verrückt. Du weißt nicht mehr: Wer bin ich und wo will ich hin? Früher hat man sich mit anderen Personen oder einer Gruppe auseinandergesetzt, aber wenn du heute etwas im Netz veröffentlichst, dann wird ein Riesending draus und du kannst einen Shitstorm abbekommen. Wir leben unter so einem Druck und in so einem Stress.
Wir sind energetische Wesen, und die Energien, die wir uns in den sozialen Medien hineinziehen, können dich wahnsinnig machen. Ich hoffe, dass dieses System eines Tages wieder zusammenbricht und wir wieder zu uns selbst kommen können. Du musst auf dich hören, dich fühlen und die anderen und dich selbst respektieren. Ich bin ja froh, dass ich eine Zeit ohne Smartphones erleben durfte. Dadurch kann ich das alles anders reflektieren. Aber ich möchte nicht damit aufwachsen müssen.
- Schauspielerin: Marianne Koch übers Altern – „Man ist nicht Sklave der Gene“
- Legende: Reinhold Messner über Tiefpunkt seines Lebens – „Meine Kinder wurden in der Schule gehänselt“
- „Hundeflüsterer“: Martin Rütter über schweren Verlust – „Hätte sofort losgeheult“
- Schauspieler: Dominic Boeer über Single-Dasein – „Es war wenig Raum für eine Frau“
- Nachwuchs-Star: Hardung über zweite Karriere – „Tür möchte ich mir offen halten“
So gesehen müssten Sie ja bei der Erziehung Ihrer Töchter entsprechend aufpassen.
Woll: Bei der einen brauche ich nichts mehr zu sagen, denn die ist 18. Wobei sie ihr Handy sehr spät bekommen hat. Meiner Sechsjährigen gebe ich manchmal das Handy, wenn mir die Zeit fehlt, damit sie sich ein Kinderprogramm ansehen kann. Auf langen Autofahrten lässt sich das schwer vermeiden. Aber dann bekommt sie es auch eine Woche lang nicht. Da gehen wir raus und spielen und sind bei den Pferden.
Das könnte Sie auch interessieren: Ann-Kathrin Kramer enthüllt „absurden“ Vorfall um Nacktszene
„Ich hätte nie gedacht, wie schwierig Mutter-Sein ist“
Sie sprachen von Ihrer eigenen Unsicherheit. Andererseits sollte man als Elternteil doch Souveränität ausstrahlen...
Woll: Ich hätte nie gedacht, wie schwierig Mutter-Sein ist und in wie viele Konflikte man da mit sich selbst kommt: Bin ich eine gute Mutter? Wie werde ich eine gute Mutter? Wann muss ich mich für mein Kind zurücknehmen? Das sind endlose Gedankenketten.
Aber haben Sie Lösungsansätze?
Woll: Ich versuche so offen, wie ich kann, mit mir selbst umzugehen und ihnen das auch zu vermitteln. Ich habe noch nie versucht, irgendwelche Probleme und traurige Stimmungen vor meinen Kindern zu verheimlichen, sondern zeige, dass ich Ängste habe. Ich habe zwei wunderbare Töchter geboren, aber ich bin eben auch ein Mensch. Ich will ihnen vermitteln, dass es in Ordnung ist, jedes Gefühl zu haben. Interessanterweise ist meine kleine Tochter so emotional schlau, dass sie mich mit allem versteht. Sie gibt mir noch bessere Ratschläge als manch Älterer.
- „Eberhofer“-Star: Lisa Maria Potthoff – „Manchmal ist eine Pause gut“
- Autorin: Cornelia Funke – „Ich werde meinen Mann immer vermissen“
- Schauspielerin: Iris Berben hadert mit dem Altern – „Möchte wissen, wie es weitergeht“
- TV-Star: Patrick Kalupa über Familie – „Wusste nicht, wie wir die Kinder ernähren“
Und was hilft Ihnen, innerlich zur Ruhe zu kommen?
Woll: Ich weiß, dass ich nicht zu viele Medien konsumieren darf. Davon wird man so nervös und träumt auch anders. Ich nehme mir immer wieder auch vor, Yoga zu machen. Mein Yoga ist es auf jeden Fall, Musik zu hören. Oder ich gehe in den Wald.
Allerdings ist es mir neulich passiert, dass ich im Wald Panik bekommen habe. Denn ich hatte gelesen, dass am Tag zuvor ein Wolf durchs Dorf gelaufen ist. Das ist mir prompt in dem Moment eingefallen, und so habe ich mich beeilt, so schnell wie möglich wieder herauszukommen. Aber lieber hätte ich mir sagen sollen: „Es wird kein Wolf kommen. Entspann dich.“