Paris. Die 39 Jahre alte Witwe Fabienne Justel verlangt die Herausgabe von Samenzellen ihres Mannes. Das Problem: Künstliche Befruchtung „post mortem” ist in Frankreich verboten. Mittlerweile nimmt die ganze Nation lebhaften Anteil an ihrem Schicksal.

Sie hat den Staatspräsidenten eingeschaltet und alle Abgeordneten der französischen Nationalversammlung angeschrieben. Mittlerweile nimmt die ganze Nation lebhaften Anteil an Fabienne Justels Schicksal. Die 39 Jahre alte Witwe möchte sich künstlich befruchten lassen: mit Samenzellen, die ihr Mann kurz vor seinem Tod gespendet hat. Dass Fabiennes „Wunschkind” jemals das Licht der Welt erblicken wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Künstliche Befruchtung „post mortem” ist in Frankreich verboten.

Fabienne Justel lernte ihren Mann Dominique vor dreieinhalb Jahren bei Freunden in der Bretagne kennen. Er, Ingenieur, Theaterliebhaber, kinderlos. Sie, geschieden, bereits Mutter von drei Kindern im Alter zwischen 8 und 18. Als wenig später bei ihm eine Krebserkrankung festgestellt wurde und er befürchtete, durch die Chemotherapie zeugungsunfähig zu werden, entschloss er sich zu einer Samenspende. Denn nach der baldigen Genesung, so die Planung der beiden, die sich letztes Jahr kurz vor seinem Tod das Ja-Wort gaben, habe man die Befruchtung im Reagenzglas vornehmen wollen.

Belgien oder Spanien als Ausweg?

Sie spricht – ziemlich juristisch-technisch – vom „Eltern-Projekt”. „Ein Kind zu haben, war das Ziel unsers Lebens”, sagt sie der Tageszeitung „Libération”, und fügt hinzu: „Dieses Kind wäre das Abbild unserer Liebe. Selbst wenn Dominique tot ist, möchte ich nicht, dass es zwischen uns aufhört.” Immer wieder erinnert sie sich auch an ihre eigene Kindheit. Als ihr Vater starb, war sie zwei und die Mutter schwanger. „Sie hat oft über ihn gesprochen, so wussten wir, wer er war.”

Die Witwe weiß zwar, dass die künstliche Befruchtung nach dem Tod des Samenzellenspenders in ihrem Heimatland gesetzlich verboten ist. Doch sie ist im Glauben, sie könne mit den Samenzellen nach Belgien oder Spanien gehen. Denn beide Nachbarländer, die einzigen weit und breit in Europa, haben der „Post-Mortem-Befruchtung” keinen gesetzlichen Riegel vorgeschoben. Doch die Samenbank „Cecos” in Rennes lehnt die Herausgabe der eingefrorenen Zellen mit der Probenbezeichnung „C1006071” strikt ab. Und beruft sich auf das Kleingedruckte des Vertrages. Einen Passus, den Fabienne Justel fahrlässigerweise überlesen hat. Schwarz auf Weiß steht in dem Vertrag: „Das konservierte Sperma kann nur verwendet werden, wenn der Spender anwesend ist und persönlich einwilligt.”

Samenbank könnte Spende auch zerstören

Eigentlich könnte die Samenbank die Spende genauso gut zerstören. Aber vielleicht ändert sich irgendwann die Gesetzeslage, 2010 soll das Bioethik-Gesetz von 2004 novelliert werden. Recht unwahrscheinlich, dass der umstrittene Paragraf gestrichen wird, aber wer weiß. Fabienne Justel dringt deshalb auf eine Ausnahme – jetzt und heute. Sie wird bald 40, die Uhr tickt.

Unterstützt wird sie auch von ihren Schwiegereltern. Zunächst sei das alte Paar überrascht gewesen, als es erfuhr, man könne nachträglich doch noch Oma und Opa eines Kindes von Dominique werden. Doch nun klebt Schwiegervater Etienne eifrig Briefmarken auf die zahlreichen Bittbriefe. 200 der 577 Abgeordneten haben bereits geantwortet. „Viele ermutigen mich, andere sind reserviert.”