Berlin/Nassau. Forscher haben vor den Bahamas mehrere Wracks aus der Zeit des Sklavenhandels gefunden. Sie geben Aufschluss über eine dunkle Epoche.
Der transatlantische Sklavenhandel ist ein düsteres Kapitel der Geschichte: In Afrika wurden Menschen mit Gewalt versklavt, die dann mit Schiffen über den Atlantik in die USA gebracht wurden. Nun wurden vor der Küste der Bahamas gleich mehrere Schiffswracks gefunden, die aus ebenjener Zeit stammen sollen.
Konkret geht es um die Wracks von 14 Segelschiffen, die Archäologen rund um die Inselgruppe im Atlantik aufgespürt haben. Mit ihnen sollen vor über 150 Jahren Sklaven über den Ozean gebracht worden sein. Zu dem Fund vor den Bahamas gehört unter anderem das Wrack des amerikanischen Sklavenschiffs „Peter Mowell“, das 1860 mit rund 400 versklavten Afrikanern an Bord im Bereich der Bahamas-Inseln gesunken ist.
Viele der Schiffbrüchigen überlebten und hatten zum Teil Glück: Sie durften sich in die Gesellschaft der Bahamas integrieren, anstatt ihr Dasein als Sklaven auf Plantagen in der Region zu fristen.
Archäologie: Rund um die Bahamas werden gerade viele Schiffswracks identifiziert
Drei der Wracks wurden physisch geortet, die anderen sind über Aufzeichnungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert identifiziert worden. Von einigen dieser Schiffe sind die genauen Liegeorte auch schon bekannt, die Wracks selbst sind aber noch unerforscht.
Die Gruppe „Allen Exploration“ für Archäologie unter Wasser hat die Wracks im Rahmen ihres „Bahamas Lost Ships Project“ identifiziert. In dem Projekt wurde eine Bestandsanalyse aller Wracks rund um die Inselgruppe durchgeführt. Insgesamt 596 Wracks wurden von der Gruppe bislang identifiziert, das älteste stammt aus dem Jahr 1657.
Sklavenschiffe haben eine wichtige Bedeutung für die Geschichte der Bahamas
Bei der Untersuchung der Sklavenschiffe arbeitete das Team mit dem Maritim-Museum auf den Bahamas zusammen, das den Bericht darüber anlässlich des Black History Months veröffentlichte. Die Geschichte der Bahamas steht in tiefer Verbindung mit jener der Sklaven.
Das erste Sklavenschiff aus Afrika kam 1721 auf den Bahamas an, heute sind über 90 Prozent der Bevölkerung afrikanischer Abstammung. Die Lage der nun identifizierten Wracks zeigt die immense Bedeutung der Bahamas im historischen Schiffsverkehr – die Inselgruppe war ein Knotenpunkt zwischen Afrika, dem amerikanischen Südosten, Kuba und dem Golf von Mexiko.
- Unterwasser-Archäologie:Wrack von legendärem U-Boot aus Zweitem Weltkrieg gefunden
- Kannibalismus: Archäologen machen schaurige Entdeckung in Jamestown-Kolonie
- Altes Ägypten: Krebsoperationen schon vor 4300 Jahren?
- Antike:Archäologen entdecken römischen Luxus-Swimmingpool
- Niederbayern: Skelett von steinzeitlichem „Bürgermeister“ aufgetaucht
Im Jahr 1841 waren die Bahamas Schauplatz eines Meilensteins im Freiheitskampf versklavter Afrikaner, als das Schiff „Creole“ von Sklaven gekapert und in Richtung der Bahamas umgelenkt wurde, wo die Männer und Frauen ihre Freiheit forderten. Rund um die nördlichen Bahamas sind allerdings auch viele Schiffe gesunken, die damals von den amerikanischen Häfen aus auf dem Nordost-Providence-Kanal unterwegs waren.
Viele Sklavenschiffe hatten Kubas Hauptstadt Havanna als Ziel
Die kubanische Hauptstadt Havanna mit ihren Zuckerplantagen waren das Ziel dieser Schiffe. Dort wurden viele Sklaven zur Arbeit gezwungen und misshandelt. Unterwasser-Archäologe Sean Kingsley, Chef der Organisation Wreck Watch International, sagte gegenüber der amerikanischen Plattform Live Science: „Die Bedingungen waren unterschiedlich, aber die Tatsache, dass Havanna als ‚Festplatz des Todes‘ bekannt war, sagt alles.“
Die Sklaven hätten dort laut Kingsley in Hütten gehaust, die „untauglich für die Behausung wilder Tiere“ gewesen seien und in der Hochsaison sieben Tage die Woche gearbeitet – mit nur vier Stunden Ruhezeit pro Tag. Auf den Plantagen in Kuba starben rund zehn Prozent der versklavten Afrikaner pro Jahr, einige wurden dort zu Tode gepeitscht.
Die Wracks der identifizierten Sklavenschiffe vor den Bahamas sollen nun mit Tauchgängen noch detaillierter erforscht werden. Möglicherweise lassen sich daraus auch über 200 Jahre nach Untergang der Schiffe noch weitere Erkenntnisse über den Sklavenhandel sammeln.