Berlin. Unter dem arktischen Eis stößt ein Taucher auf die Überreste einer brutalen Tradition. Diese Geschichte steckt hinter dem Siegerfoto.
Im blaß-blauen Licht der arktischen See sinkt ein Taucher unter dem Eis zu riesigen Geisterknochen hinab. Das Hauptgewinnerfoto des „Underwater Photographer of the Year“-Wettbewerbs überzeugte die Jury durch seine düstere Stimmung und die beinahe außerirdische Inszenierung des Tauchers. Die Aufnahme des Schweden Alex Dawson zeigt vor der Küste Grönlands die Überreste einer uralten Tradition, die bis heute überlebt.
Denn Gönland ist eines der wenigen Länder, in denen es immer noch erlaubt ist, Wale zu jagen. Bei den Knochen handelt es sich um die Skelette von Zwergwalen, die es immerhin noch auf eine Länge von 5,5 Meter bringen. Die indigenen Jäger der im Osten Grönlands gelegenen Stadt Tasiilaq erlegen üblicherweise weniger als 12 Wale pro Jahr, heißt es in der Pressemitteilung des Wettbewerbs. Insgesamt gebe es in den Gewässern des Nortatlantiks und des Nordpolarmeers eine stabile Population von über 100.00 Exemplaren.
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Unterwasserknochen: Bild zeugt von bewegter Naturgeschichte Grönlands
Die grönländischen Jäger ziehen die getöteten Wale während der Flut an den Strand, wo ihre Familien bei Ebbe den Walen Haut, Blubber und Fleisch von den Knochen abtrennen. Fast alles findet eine Verwendung, das Walskelett wird von der nächsten Flut wieder in die See gezogen. Hier nagen kleinere Meereslebewesen und Fische das Skelett vollständig ab. Das Ergebnis sieht man auf Dawson‘s Gewinnerfoto „Whale bones“.
Die Jagd auf Wale ist laut der International Whaling Commission (IWC) seit über 1000 Jahren Teil der indigenen Kultur von Grönlands. Die Inuit jagten Grönlandwale und Buckelwale mithilfe von kleinen Booten und Harpunen aus Walknochen. Nachdem europäische und nordamerikanische Walfänger bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die Wale an die Grenze des Aussterbens brachten, konnte dank sorgfältigem Artenschutz den Grönländern wieder ein nachhaltiges Jagen für den eigenen Bedarf erlaubt werden
Das Bild „wurde unter den härtesten Bedingungen gemacht“ begründete der Vorsitzende der Jury, Alex Mustard, die Auswahl des Fotos. „Die Komposition lädt uns ein, über unsere Auswirkungen auf die großartigen Kreaturen dieses Planeten nachzudenken. Seit dem Aufstieg der Menschen haben wilde Tiere um 85 Prozent abgenommen. Heute leben nur noch vier Prozent der Säugetiere in freier Wildbahn, die restlichen 96 Prozent sind Menschen oder Nutztiere. Unsere Lebensweise muss sich wandeln, damit wir eine Balance mit der Natur finden“, sagte Mustard.
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Unterwasser-Fotografie: Siegerfotos zeigen einzigartige Perspektiven
Auch andere Siegerfotos zeigen faszinierende, einmalige maritime Perspektiven. Der Spanier Rafael Fernandez Caballero gewann in gleich zwei Kategorien mit den Bildern von Walen. Eines zeigt die Nahaufnahme des Auges eines Grauwals, ein anderes einen Brydewal, wie er Jagd auf kleine Beutefische macht.
Der britische „Underwater Photographer of the Year“ ist ein jährlicher Wettbewerb, in dem Fotografen aus aller Welt in untereschiedlichen Kategorien wie „Wracks“, „Verhalten“ oder „Porträt“ von einer Jury bewertet werden. Zugelassen sind alle Bilder, die Unterwasser aufgenommen worden sind, egal ob im Swimmingpool oder Ozean. In diesem Jahr gab es laut den Veranstaltern 6500 Einsendungen. Der Wettbewerb soll unter anderem auf die fragilen Ökosysteme in den Ozeanen und Meeren, insbesondere in Großbritannien aufmerksam machen
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