Sydney. Forscher haben ein Flugzeugwrack im Pazifik entdeckt. Es könnte Antworten über die 1937 verschollene Pilotin Amelia Earhart liefern.
Vor 86 Jahren verschwand die Flugpionierin Amelia Earhart mit ihrem Flugzeug auf dem Teilstück vom heutigen Papua-Neuguinea zur Howlandinsel über dem Pazifik. Eine großangelegte Suchaktion blieb erfolglos. Bis jetzt: Ein US-amerikanisches Forschungsteam will das Geheimnis um Earharts Verschwinden gelüftet haben – mit einer Idee, an die vorher kaum jemand gedacht hatte.
Das Verschwinden der US-amerikanischen Pilotin Amelia Earhart ist bis heute eines der größten Rätsel in der Geschichte der Luftfahrt. Earhart wollte 1937, kurz vor ihrem 40. Geburtstag, die Welt umrunden, nachdem sie bereits als erste Frau über den Atlantik geflogen war. Fast hätte sie auch ihr neues Abenteuer erfolgreich gemeistert. Doch auf der letzten Etappe verschwand ihr Flugzeug über dem Pazifik.
Verschwundene Amelia Earhart: Forscher verfolgen neue Theorie
Die Suche nach Earhart in den Tiefen des weiten Pazifiks glich dem Suchen einer Stecknadel im Heuhaufen. In den vergangenen Jahrzehnten sind daher unzählige Theorien über ihr Schicksal aufgetaucht – vom absichtlichen Untertauchen bis hin zu Palmendieben, den größten an Land lebenden Krebsen, die Earharts Leichenteile verspeist oder weggetragen haben sollen. Auch deshalb würde die Entdeckung der US-Forscher einen Durchbruch markieren.
So will das Expertenteam von Deep Sea Vision (DSV) westlich von Earharts geplantem Landepunkt Howland Island in fast 4900 Metern Tiefe auf ein Flugzeugwrack im Pazifik gestoßen sein. Auf Instagram veröffentlichte Sonarbilder des Teams sollen Konturen aufweisen, die Earharts Flugzeug entsprechen könnten. Wie das Team von DSV erklärt, sei ein Doppelleitwerk zu erkennen. Zudem passe die Größe des Flugzeugs zu Earharts Lockheed Electra.
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DSV, ein Unternehmen für Meeresrobotik, suchte dabei in einem Gebiet, das vorher nur wenig Beachtung fand. Das Team unter der Leitung des ehemaligen US-Air-Force-Piloten Tony Romeo arbeitete dabei mit der sogenannten „Datumsgrenzen-Theorie“. Diese hatte die ehemalige NASA-Mitarbeiterin und Amateurpilotin Liz Smith bereits 2010 entwickelt.
Elf Millionen Dollar für die Suche nach Amelia Earhart
Smith glaubt, dass sich Earharts Verschwinden auf einen Berechnungsfehler von Earhart und ihrem Navigator Fred Noonan zurückführen lässt. So sollen die beiden vergessen haben, den Kalender nach ihrem Flug über die internationale Datumsgrenze anzupassen und das Datum vom 3. Juli auf den 2. Juli zurückzustellen. Smith vermutet, dass Noonan seine Himmelsnavigation daraufhin inkorrekt berechnet und um fast 97 Kilometer in westlicher Richtung falsch gelegen haben könnte.
DSV-CEO Tony Romeo und sein Bruder Lloyd Romeo knüpften daran an und begannen, tiefer in die von Smith dargelegte Himmelsmathematik einzutauchen. Die Brüder gingen schließlich ebenfalls davon aus, dass Earharts Navigator Fred Noonan nach 17 Stunden Flug einen Berechnungsfehler gemacht haben könnte und fokussierten sich bei ihrer Suche auf ein bisher unerforschtes Gebiet.
Über 90 Tage hinweg durchsuchte das Team fast 13.500 Quadratkilometer Meeresgrund im Pazifik, um Earharts Lockheed Electra zu finden. Dabei arbeiteten sie mit dem autonomen Unterwasserfahrzeug Hugin 6000, das das Team in einer Presseerklärung als seine „Geheimwaffe“ bezeichnet. Ein teures Unterfangen.
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Insgesamt elf Millionen US-Dollar soll Romeo in die Suche nach Earharts Flugzeug gesteckt haben. Eine Summe, die er durch den Verkauf seiner Gewerbeimmobilien finanziert hat, wie er dem „Wall Street Journal“ erklärt: „Das ist vielleicht das Aufregendste, was ich jemals in meinem Leben tun werde“, so Romeo. „Ich fühle mich wie ein Zehnjähriger, der auf Schatzsuche geht.“
Amelia Earharts Flugzeug: So soll es auf den Grund gelangt sein
Als Romeo das Flugzeug dann tatsächlich relativ intakt auf dem Meeresgrund entdeckt haben will, sei er nicht überrascht gewesen: „Wir hatten immer das Gefühl, dass [Earhart] jeden Versuch unternommen hätte, das Flugzeug sanft auf dem Wasser zu landen“, erklärt er. Darauf würden die Umrisse des Flugzeugs auf dem Sonarbild schließen lassen. Doch ganz so einfach ist es nicht.
In einem nächsten Schritt muss das Forschungsteam detailliertere Beweise dafür liefern, dass es sich bei dem Wrack tatsächlich um Earharts Flugzeug handelt. „Solange man sich das nicht physisch ansieht, kann man nicht mit Sicherheit sagen, was es ist“, sagt der Unterwasserarchäologe Andrew Pietruszka im „Wall Street Journal“. Noch ist also unklar, ob das Flugzeug tatsächlich zu Earhart gehört. Romeo selbst gibt sich zuversichtlich. Er hoffe, das Rätsel um Earharts Verschwinden nun endgültig lösen zu können und „eine großartige amerikanische Geschichte zum Abschluss zu bringen“, erklärt er.
Amelia Earhart: Kommt die Jahrhundertsuche nun zum Ende?
Bestätigt sich Romeos Fund, wäre das tatsächlich eine Sensation: Die Suche nach Earhart und ihrem Flugzeug hat in den vergangenen Jahrzehnten etliche Menschen in den Bann gezogen. Manche glaubten, die Pilotin sei ins Meer gestürzt. Andere behaupten, dass sie eine Bruchlandung unweit des Mili-Atolls überlebt habe und später in japanischer Gefangenschaft gestorben sei.
Am wahrscheinlichsten galt lange eine Theorie der Internationalen Organisation zur Bergung historischer Flugzeuge (Tighar). Diese glaubte, dass Earhart auf der Insel Nikumaroro, einst Gardner Island, notgelandet sei. Das Atoll liegt zwischen Hawaii und Australien, gehört heute zum pazifischen Inselstaat Kiribati und ist rund 650 Kilometer von Earharts anvisiertem Ziel Howland Island entfernt.
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Dass die Pilotin und ihr Navigator Fred Noonan dort eine Weile überlebt haben, sollen laut Tighar alte Funksprüche beweisen. Nur: Knochen, die man dort gefunden und zur Untersuchung freigegeben hatte, verschwanden auf unerklärliche Weise, und auch für den Verbleib des Flugzeugwracks gab es nach dieser Theorie keine Erklärung. Zumindest für letzteres will Romeo nun die endgültige Antwort liefern. Ob diese auch korrekt ist, wird sich schon bald zeigen.