Rom. Franziskus kämpft gegen seine angeschlagene Gesundheit. Nun stehen die anstrengenden Weihnachtstage bevor. Kann er das Pensum schaffen?
Weihnachten ist für den Vatikan ist ein ganz besonderes Hochfest. Es ist die Zeit der Stille, des Gebets, aber auch der langen, feierlichen Christmette, die noch weitgehend von der mittelalterlichen Tradition geprägt ist. Für den Papst ist das Programm besonders dicht – eine Herausforderung angesichts seines hohen Alters und des angeschlagenen Gesundheitszustandes. Der 87-jährige Franziskus wird Heiligabend die Christmette um 19.30 Uhr im Petersdom feiern. Am 25. Dezember wird er dann von der Mittelloggia des Petersdoms aus den feierlichen Segen „Urbi et Orbi“ erteilen. Und am 31. Dezember steht im Petersdom die Vesper und das „Te Deum“ vor – als Dank für das vergangene Jahr. Am 1. Januar folgt zu Neujahr die Heilige Messe, das Hochfest der Gottesmutter Maria und der 57. Weltfriedenstag.
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Ob Franziskus das Programm absolvieren kann, ist durchaus fraglich. „Ich bin noch am Leben“, kommentierte Franziskus kürzlich seinen Gesundheitszustand. Er war von einer Bronchitis schwer geschwächt und konnte das Angelus-Gebet nicht sprechen. Die Verlesung des Textes übernahm sein enger Mitarbeiter Paolo Braida. Weitere zwei Sonntage infolge konnte der Papst nicht wie üblich am Fenster des Apostolischen Palasts erscheinen, das Angelus-Gebet wurde stattdessen von seiner Privatresidenz Santa Marta übertragen.
Schon in der Jugend wurde Papst Franziskus ein Teil eines Lungenflügels entfernt
Eine Lungenentzündung schlossen die Ärzte aus, der Argentinier wirkt jedoch sichtlich geschwächt und müde. Seine Reise zum Weltklimagipfel COP28 in Dubai musste er absagen. Am 17. Dezember hat der Papst seinen 87. Geburtstag in kleinem Rahmen gefeiert. Immer wieder steht die Frage im Raum: Geht sein Pontifikat dem Ende zu? In Interviews hatte Franziskus zuletzt nicht ausgeschlossen, dass er wegen seiner Gesundheit zurücktreten könne. Dies könnte aus „Müdigkeit, die einen die Dinge nicht klar sehen lässt“, erfolgen.
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Der Papst, der im kommenden März sein elftes Pontifikatsjubiläum feiert, hat vom gesundheitlichen Standpunkt ein schwieriges Jahr hinter sich. Drei Tage verbrachte er im März wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus. Schon in der Jugend wurde ihm ein Teil eines Lungenflügels entfernt. Im Juni wurde er wegen eines drohenden Darmverschlusses operiert. Seit Monaten leidet er an Knieproblemen, die ihn in den Rollstuhl zwingen. Seine gesundheitlichen Einschränkungen – auch der Ischias macht ihm zu schaffen – haben Konsequenzen. Er könne zum Beispiel nicht in demselben Reiserhythmus weitermachen wie bisher, gab er kürzlich zu.
In dem vom italienischen Verlag Salani veröffentlichten Buch „Non sei solo. Sfide, risposte, speranze“ („Du bist nicht allein. Herausforderungen, Antworten, Hoffnungen“, gibt Franziskus zu, dass er „schreckliche Angst vor Schmerzen“ habe. „In dieser Hinsicht bin ich ein ziemlicher Feigling. Wie jemand sagte: Der Tod macht mir keine Angst, aber ich habe Angst, ihn nahen zu sehen ... Ich bitte den Herrn, dass ich, wenn meine Zeit gekommen ist, keine Schmerzen spüre, was immer auch geschieht“, erklärte Franziskus.
„Ich bin mir bewusst, dass mir alles Mögliche zustoßen kann. Wenn ich bete, sage ich Gott, dass ich in seiner Hand bin. Früher oder später wird der Tod in Form einer Bronchitis oder eines Tumors oder einer Pistolenkugel kommen“, scherzte der Papst.
Unklares Kirchenrecht: Franziskus Nachfolge ist im Verhinderungsfall ungewiss
Er hatte schon früher einen Rücktritt grundsätzlich nicht ausgeschlossen, sollte sich sein Zustand verschlechtern. „Die Tür steht offen. Das ist eine ganz normale Option. Man kann den Papst wechseln – das ist kein Problem“, so Franziskus. Ob er es tatsächlich machen werde, wisse er noch nicht.
Im Kirchenrecht ist von einem Stellvertreter des Papstes im Verhinderungsfall keine Rede. Und auch der Kirchenrechts-Kanon 332, der den Amtsverzicht des Pontifex regelt, enthält für den Fall einer dauerhaften Bewusstlosigkeit nichts. Kirchenrechtler haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf diese Lücken im Gesetzbuch der Kirche hingewiesen und zuletzt auch Franziskus vergeblich aufgefordert, diese zu schließen.
Sollte Franziskus sterben, wären 137 Kardinäle gerufen, seinen Nachfolger zu wählen. Erst im September hatte der Papst 21 neue Kardinälen ernannt. 18 von ihnen dürften an einer Papstwahl teilnehmen, weil sie das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Kardinäle, so legte es Paul VI. 1970 fest, verlieren mit Erreichen der Altersgrenze von 80 Jahren ihr Stimmrecht bei der Papstwahl. Inzwischen sind mehr als zwei Drittel der Kardinäle, die an einem Konklave teilnehmen dürfen, von Franziskus ernannt worden. Die Zahl der italienischen Papstwähler ist stark gesunken und liegt bei nur noch einem Sechstel – historisch ohnegleichen.
Zu den neu ernannten Kardinälen zählt der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, der sich derzeit unermüdlich für den Frieden in Nahost einsetzt. Auch der neue Präfekt des Glaubensdikasteriums, der Argentinier Víctor Manuel Fernández, wurde von seinem Landsmann Franziskus in das Kardinalskollegium aufgenommen. In jedem vollen Jahr seiner Amtszeit hat der Papst bisher neue Kardinäle ernannt. Ein Schlüssel zu seinem kirchenpolitischen Erbe, denn sie werden seinen Nachfolger wählen. Wer als Papst seinen Stil über die eigene Amtszeit hinaus fortgesetzt wissen will, muss auch das Wahlgremium in seinem Sinne prägen. So kann er vermeiden, dass das kirchenpolitische Pendel nicht wieder in eine andere Richtung ausschlägt.
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