Berlin. In Bayern haben Forscher Überreste eines Mannes aus dem Mittelalter entdeckt, die Hinweise auf eine Amputation vor 500 Jahren geben.

  • Die Medizin hat in den letzten Jahrzehnten eine rasante Entwicklung genommen
  • Doch wie haben Ärzte vor 500 Jahren operiert und Menschen von ihren medizinischen Nöten befreit?
  • Ein Fund aus Bayern sorgt nun für Aufregung

„Selbst für erfahrene Archäologinnen und Archäologen ist dieser Fund etwas Besonderes“, hieß es in der Pressemitteilung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD). Die Rede ist von der Bergung eines mittelalterlichen Skeletts im bayerischen Freising. Was den Fund so einzigartig machte, war die Prothese, die der Mann aus dem 15. Jahrhundert trug.

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Sensationeller Fund in Bayern: Mittelalterlicher Fund gibt Einblick in die Konstruktion alter Handprothesen

Das Skelett wurde bei Kanalarbeiten in einem Grab nahe der Stadtpfarrkirche St. Georg in Freising gefunden. Eine Radiokarbondatierung des Skeletts ergab, dass der Prothesenträger zwischen 1450 und 1620 gestorben sein muss, also im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Der Fund belege, dass die Menschen auch im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit versuchten, sich mit technischen Hilfsmitteln das Leben zu erleichtern, heißt es in der Pressemitteilung des BLfD.

„Die hohle Handprothese der linken Hand ergänzte vier Finger“, erklärt Walter Irlinger vom BLfD. Zeige-, Mittel- und Ringfinger wurden einzeln aus Eisen und Buntmetall nachgebildet, waren aber unbeweglich. Nur der Daumen blieb erhalten. Er zersetzte sich im Grab an der Innenseite der Prothese.

Da die Nachbildungen der Finger leicht gebogen parallel nebeneinander lagen, vermutet Irlinger, dass die Prothese mit Bändern am Handstumpf befestigt war. Bei der Analyse fanden sich im Inneren des Fundes auch mullbindenartige Gewebereste. Sie gehörten vermutlich zu einer Art Polsterung, die den Stumpf schützte. Außen war die Prothese offenbar mit Leder überzogen.

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Archäologie: Prothesen wurden für Soldaten hergestellt

Wie der Mann seine Hand verlor und wozu die Prothese diente, ist der Wissenschaft noch ein Rätsel. Die Archäologen vermuten jedoch, dass Freising aufgrund seiner Geschichte als Kriegsschauplatz – etwa während des Dreißigjährigen Krieges – einen erhöhten Bedarf an Amputationen und Prothesen hatte.

 Fakten zum Dreißigjährigen Krieg
Prager FenstersturzDer Krieg begann 1618 mit einem Aufstand protestantischer Bürger in Prag, die katholische Habsburger Offizielle aus dem Fenster warfen, was zu einem weitreichenden Konflikt führte.
Unerwartete DauerDer Krieg, angetrieben durch religiöse, politische und dynastische Rivalitäten sowie Machtstreben, dauerte unerwartet drei Jahrzehnte an.
Königliche RivalitätenDie Fehden zwischen Europas Königshäusern, wie den Bourbonen und Habsburgern, intensivierten und verkomplizierten die Kriegshandlungen.
Mehrere KriegeDer Krieg bestand aus mehreren Phasen mit wechselnden Allianzen und Kriegszielen, als Dänemark, Schweden und Frankreich nacheinander eingriffen.

Aus dieser Zeit sind in Mitteleuropa etwa 50 vergleichbare Prothesen bekannt, darunter sowohl einfache, unbewegliche Prothesen wie die aus Freising als auch solche mit mechanischen Komponenten. Zu Letzteren gehört auch die wohl bekannteste Prothese jener Zeit: die „Eiserne Hand“ des Ritters Götz von Berlichingen, der 1530 durch einen Kanonenschuss verwundet wurde.

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