Tallinn/Berlin. Bei dem schlimmen Fährunglück starben 852 Menschen in der eisigen Ostsee. Eine Ladeklappe könnte das Geheimnis der “Estonia“ lüften.
Es war ein kühler Abend bei rauer See und bis zu fünf Meter hohen Wellen, als die Fähre "Estonia" von der estnischen Hauptstadt Tallinn aus zu ihrer letzten Fahrt aufbrach. Am Abend des 27. September 1994 legte die Fähre mit fast 1000 Menschen an Bord mit leichter Verspätung ab. Ihr Ziel: die schwedische Hauptstadt Stockholm.
Dort kam die "Estonia" nie an. In den frühen Morgenstunden des 28. September sank die Fähre in stürmischer See vor der finnischen Südküste. 852 Menschen starben, 137 überlebten. Es handelt sich um die größte Schiffskatastrophe der europäischen Nachkriegsgeschichte. Dem offiziellen Untersuchungsbericht von 1997 zufolge war das abgerissene Bugvisier der Fähre die Ursache für den Untergang. Daran wurden aber immer wieder Zweifel geäußert. Der Untergang der "Estonia" blieb ein Rätsel mit vielen offenen Fragen.
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"Estonia": Fundstücke sollen Licht ins Dunkel bringen
Das Spezialschiff "Viking Reach" mit schwedischen, finnischen und estnischen Spezialisten an Bord ist vergangene Woche zur Unglückstelle aufgebrochen, um neue Erkenntnisse zu dem Unglück zu sammeln. Am Montag wurde die Bugklappe, über die Autos verladen wurden, von Tauchrobotern geborgen. Weiterhin gehoben wurden ein Fenster und Stahlteile aus der Bordwand. Die Fundstücke sollen nun in Estland untersucht werden.
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Mit an Bord der "Viking Reach" sind neben den Ermittlern auch zwei Überlebende der Katastrophe. "Wir Überlebenden brauchen Antworten auf die Frage, warum das passiert ist", sagte einer von ihnen, Urban Lambertsson, der schwedischen Nachrichtenagentur TT. Jonas Bäckstrand von der schwedischen Havariekommission sagte, man wolle so viele Fragen beantworten, wie man könne.
Weil ein Großteil der Toten nicht geborgen werden konnte, steht das "Estonia"-Wrack als Ruhestätte unter Schutz. Für eine Dokumentation hatte ein schwedisches Filmteam im September 2019 dennoch einen Tauchroboter zum Wrack heruntergelassen. Dabei hatten sie unter anderem ein mehrere Meter großes und bislang nicht bekanntes Loch im rechten Schiffsrumpf entdeckt, was die Behörden schließlich dazu veranlasst hatte, neue Untersuchungen in die Wege zu leiten. (tok/dpa)