Athen. Wohl über 700 Flüchtlinge waren auf einem Boot unterwegs, als es im Mittelmeer kenterte. Eine Suchaktion in der Nacht blieb erfolglos.

Die Suche nach weiteren Überlebenden des schweren Bootsunglücks vor Griechenland ist in der Nacht zum Donnerstag ohne Erfolg fortgesetzt worden. „Weder Überlebende noch weitere Opfer wurden in der Nacht entdeckt“, sagte ein Sprecher der griechischen Küstenwache am Donnerstagmorgen im Staatsrundfunk.

An Bord des untergegangenen Fischkutters könnten nach Aussagen von geretteten Flüchtlinge mehr als 700 Menschen gewesen sein. Die meisten konnten offensichtlich nicht rechtzeitig das rund 30 Meter lange und verrostete Boot verlassen, als es am Mittwochmorgen rund 50 Seemeilen (rund 92 Kilometer) vor der südwestlichen Küste Griechenlands kenterte und unterging. Unter den Menschen an Bord sollen zahlreiche Kinder gewesen sein.

Schiffe der griechischen Küstenwache und Kriegsmarine brachten bislang die Leichen von 78 Menschen zum südgriechischen Hafen von Kalamata. Die 104 Überlebenden wurden in Zelten im Hafen dieser Hafenstadt untergebracht. Sie sollen am Donnerstag und Freitag in ein Flüchtlingslager nahe Athen gebracht werden. 26 von ihnen hätten im Krankenhaus hauptsächlich wegen Unterkühlung behandelt werden müssen, teilten die Behörden mit. Zudem ist die Überführung der Toten nach Athen angelaufen, wie der Staatssender ERT berichtete. Dort sollen DNA-Proben genommen werden, um die Menschen zu identifizieren.

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Laut Behördenangaben dauert eine großangelegte Suchaktion weiter an. Patrouillenboote der Küstenwache, die Luftwaffe, eine Fregatte der Kriegsmarine sowie sechs Frachter und andere Schiffe in der Region sind im Einsatz. Die griechische Staatspräsidentin Ekaterini Sakellaropoulou flog am Mittwochmittag auf die Halbinsel Peloponnes, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Vier Krankenhäuser seien in Alarmbereitschaft, um die Verletzten unter den Geretteten zu versorgen.

Abgedriftet auf dem Weg nach Italien: Hunderte Tote befürchtet

Schon am Dienstag hätten italienische Behörden die griechischen Nachbarn über ein voll besetztes Fischerboot im griechischen Such- und Rettungsbereich informiert, hieß es in einer Mitteilung der Küstenwache. Ein Frontex-Flugzeug habe das Boot daraufhin 47 Seemeilen südwestlich der Halbinsel Peloponnes lokalisiert. Sowohl die griechische Küstenwache als auch vorbeifahrende Frachter hätten den Passagieren per Funk wiederholt Hilfe angeboten, diese sei aber abgelehnt worden. Weil sich das Boot in internationalen Gewässern befand, konnte die griechische Küstenwache erst eingreifen, als es in der Nacht zum Mittwoch in Seenot geriet und kenterte.

Dieses undatierte, von der griechischen Küstenwache am 14.06.2023 zur Verfügung gestellte Bild zeigt zahlreiche Menschen, auf dem Deck eines Fischerboots, das später vor Südgriechenland kenterte und sank. Bei einem schweren Bootsunglück südwestlich von Griechenland sind am Mittwoch mindestens 79 Menschen ums Leben gekommen.
Dieses undatierte, von der griechischen Küstenwache am 14.06.2023 zur Verfügung gestellte Bild zeigt zahlreiche Menschen, auf dem Deck eines Fischerboots, das später vor Südgriechenland kenterte und sank. Bei einem schweren Bootsunglück südwestlich von Griechenland sind am Mittwoch mindestens 79 Menschen ums Leben gekommen. © Uncredited/Hellenic Coast Guard/AP/dpa

In den frühen Morgenstunden sei das Boot dann gekentert und schließlich gesunken, nachdem es unter den Flüchtlingen zu Panik gekommen sei. Dabei hätten viele Frauen und Kinder, die sich unter Deck aufgehalten hatten, beim schnellen Sinken des Bootes keine Chance gehabt, sich nach draußen zu retten. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer geben die griechischen Behörden mittlerweile mit mehr als 500 an. Sie verweisen aber auch darauf, dass es wohl nie Gewissheit geben wird. Die Zahlen basieren auf Angaben der Überlebenden sowie Schätzungen der Küstenwache, wie viele Menschen auf dem Fischkutter eingepfercht waren.

Nach Angaben Überlebender war es vom libyschen Tobruk aus in See gestochen und auf dem Weg nach Italien. Über die Nationalitäten der Menschen war zunächst nichts bekannt. (dpa/fmg)

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