Düsseldorf. 21 Jahre nach einem misslungenen Mordanschlag in Neuss ist am Freitag das Urteil gesprochen worden. Das Opfer überlebte den Angriff nur knapp.

Für eine lebensgefährliche Messerattacke vor 21 Jahren in Neuss ist ein 43-Jähriger zu drei Jahren Haft wegen versuchten Totschlags verurteilt worden. Das Düsseldorfer Landgericht sprach den Mann am Freitag schuldig, sah den Anklagevorwurf des versuchten Mordes aber als nicht erwiesen an.

Das Verfahren stellte das Düsseldorfer Landgericht vor einige Probleme, wie beim Prozessauftakt bekannt wurde: Das Opfer ist als wichtigster Zeuge nicht mehr auffindbar - der Mann wurde vor 20 Jahren in die Türkei abgeschoben.

Die Frau, um die es ging, soll freiwillig in die Türkei zurückgekehrt und als Zeugin ebenfalls nicht greifbar sein. Und der Gesuchte, der sich am Montag auf der Anklagebank wiederfand, lebte zwei Jahrzehnte unbehelligt in Frankreich, weil er nur mit nationalem Haftbefehl gesucht worden war. Sein mutmaßlicher Komplize, bei dem es sich um den inzwischen 66-jährigen Vater des Angeklagten handelt, gilt dagegen weiterhin als flüchtig.

Anklage: „Familienehre“ sollte wieder hergestellt werden

Laut Anklage hatte der 43-jährige Türke gemeinsam mit seinem Vater Mitte Februar 2002 dem vermeintlichen Liebhaber seiner damaligen Frau vor einem türkischen Club in Neuss aufgelauert. Während der Vater den damals 36-jährigen Landsmann mit einer Hand festgehalten und auf ihn eingeschlagen haben soll, soll der Angeklagte ihm ein Messer in den Bauch gerammt haben. Das Opfer konnte sich lebensgefährlich verletzt in den Club retten und überlebte die Attacke.

Nach Überzeugung des Staatsanwalts wollten sich Vater und Sohn damals rächen und die „Familienehre wieder herstellen“. Das erfülle das Mordmerkmal des niederen Beweggrundes.

Sechs weitere Verhandlungstage angesetzt

Verteidiger Leonard Mühlenfeld wollte wissen, warum nach seinem Mandanten „trotz einer Anfrage des Bundeskriminalamts nur national, aber nicht international gefahndet worden ist“. Denn dann, so der Anwalt, hätte man ihn schnell gefunden. Er lebt in Frankreich und sei dort offiziell gemeldet.

„Die Frage, warum damals nicht international nach dem Täter gesucht wurde, kann ich Ihnen nicht beantworten“, sagte Staatsanwalt Stefan Peters. Der nur in Deutschland Gesuchte war im vergangenen September aus Luxemburg eingereist, bei einer Grenzkontrolle herausgewunken und verhaftet worden.

Beim Prozessauftakt am Montag wurde zudem deutlich, dass bei den übrigen Zeugen die Erinnerung verblasst ist. „Es ist so lange her“, sagte ein 60-jähriger Mann, der das blutende Opfer damals in den Club gezogen hatte. Von der Tat selbst habe er damals auch gar nichts mitbekommen.

Das Gericht entsprach mit seinem Urteil der Forderung des Staatsanwalts. Der Verteidiger hatte zwei Jahre mit Bewährung gefordert. (dpa)