Berlin. Désirée Nosbusch hat eine steile Karriere hinter sich. Vielfach wurden ihr Steine in den Weg gelegt. Wie sie es trotzdem schaffte.
Désirée Nosbusch zeigt in ihrer schauspielerischen Karriere immer neue Facetten. Nach „Bad Banks“ und ihrer „Irland-Krimi“-Reihe ist die 56-Jährige nun auch in einer Schlüsselrolle in einer Ferdinand von Schirach-Verfilmung zu sehen, genauer gesagt in dem Justizdrama „Ferdinand von Schirach – Glauben“ (ab 4.11. im Stream auf RTL+, danach im Free-TV auf Vox). Dabei kommt sie auch mit Problemen der Diskriminierung in Berührung, mit denen sie real in ihrer eigenen Karriere konfrontiert wurde.
Sie haben diesen Mehrteiler im Pandemie-Jahr 2020 gedreht, in dem es um Themen wie Kindesmissbrauch oder Manipulation der Justiz geht. Hat man Bedenken, in solchen Zeiten eine so düstere Geschichte anzupacken?
Désirée Nosbusch: So eine Entscheidung mache ich nicht von der Zeit abhängig, in der ich mich befinde. Ich versuche grundsätzlich, aus den Angeboten etwas auszusuchen, das mich inhaltlich reizt und das ich in der Form so noch nicht gemacht habe. Ich möchte mich weiterentwickeln und nicht zu oft wiederholen. Abgesehen davon gehöre ich zu den Fans von Ferdinand von Schirach. Ich hatte nie gedacht, dass mein Name mal mit seinem in einem Satz genannt würde. Und ich bin seit langem begeistert von Peter Kurth. Da kam also vieles zusammen, und du fragst nicht mehr, ob die Rolle groß oder klein ist, sondern sagst „Bin dabei“.
Die Kommissarin, die Sie darin spielen, wird ja von chauvinistischen Gegenspielern beiseite gedrängt. Inwieweit kennen Sie solche Erfahrungen aus Ihrer eigenen Karriere?
Ich würde nicht abstreiten, dass mir da Steine in den Weg gelegt wurden, auch weil ich eine Frau war. Da hieß es schon mal „Du spielst nach unseren Regeln oder du kommst wieder, wenn du erwachsen bist.“ Worauf ich gesagt habe „Dann hoffe ich, dass ich nicht erwachsen werde.“
Bei all Ihren frühen Erfolgen wurden Sie ja immer wieder angegriffen. Wie gingen Sie damals damit um?
Das war schon teilweise grenzwertig, was man mit mir in der Öffentlichkeit gemacht hat. Ich bin sehr dankbar, dass ich von Hause und von der Natur aus ein starkes Fundament mit auf den Weg bekommen habe, so dass ich das alles einigermaßen unbeschadet überstehen konnte. Es gab danach sicherlich eine Phase, in der ich das Gefühl hatte, es jedem recht machen zu müssen.
Das ist aber nicht mehr so?
Richtig. Ich bin jetzt alt genug, dass ich denke: Es gibt eine rote Linie in meinem Leben, bis zu der kann jeder kommen, aber darüber hinweg nicht. Das ist ein Schutz für meine engsten Menschen und für mich. Was ich moralisch nicht vertretbar finde, das hat auch keinen Platz in meinem Leben.
Zu ihrem engsten Umfeld scheint auch Ihr Hund zu gehören, der bei diesem Interview präsent ist.
Ich hatte vorher nie Hunde und habe mich nicht wirklich damit auseinandergesetzt. Aber ich habe unseren Bowie in der Pandemie gerettet. Er war fünf Wochen alt, wog 400 Gramm und sollte eingeschläfert werden. Da saß dieses kranke Etwas in meiner Hand, und ich habe eine Wette mit mir und dem Universum abgeschlossen. Ich habe gesagt: „Kleiner, dir wird es nie schlechter als mir gehen“. Ich erspare Ihnen die Details, was er alles durchmachen und aushalten musste. Die Familie hat zusammengehalten und gemeinsam haben wir ihn gerettet.
Welche Wirkung hat er auf Sie?
Ich würde sagen, er trägt alles in sich. Das heißt: Wenn er mich anguckt, dann weiß ich, dass er mich versteht. Er redet auch mit mir. Bislang war er überall mit dabei, wo ich gedreht habe. Wenn es mir schlecht geht, geht es ihm auch nicht gut. Durch diesen Hund, der nicht geplant war, erlebe ich eine Dimension der Natur und des Lebens, wo ich sage „Wow, das habe ich mein Leben lang unterschätzt. Das versöhnt mich mit so vielem auf dieser Welt.“ Seine Liebe ist bedingungslos – zu uns allen und zu mir als Hauptperson. Das berührt tief.
Stellen Sie auch Ihr Leben auf ihn ein?
Wenn mir Freunde früher sagten „Heute Nacht kann ich nicht raus, weil ich den Hund habe“, konnte ich das beim besten Willen nicht verstehen. – Glauben Sie nicht, dass ich jetzt das Haus verlasse und Bowie alleine lasse. Wenn er irgendwo nicht mitdarf, dann gehe ich dort auch nicht hin. Hätten Sie mir vor einem Jahr gesagt, ich würde morgens um sechs Uhr mit Gummistiefeln durch den Wald laufen, hätte ich Ihnen geantwortet: „Geht’s noch?“ Jetzt empfinde ich das als Geschenk.
Das heißt, Sie sind glücklicher?
Ich glaube schon. Leute, die mich kennen, sagen „Der tut dir so gut“. Und ich bin ganz überrascht, dass man das merkt. Es ist auch ein bisschen wie mit kleinen Kindern. Da regt man sich nicht auf, weil sonst das Kind nervös wird. Ich bin davon abgesehen wieder zum überzeugten Vegetarier geworden. Das war ich früher schon, aber dann habe ich wieder geschwächelt. Jetzt kommt mir kein Fleisch mehr auf den Teller.
Gibt es noch andere Entwicklungsprozesse, die Sie gerne erleben würden?
Ich kann noch nicht sagen: Ich liebe mich. Ich finde es immer so schön, wenn Kinder in den amerikanischen Schulen verkünden „Ich liebe meine Mama, meinen Papa, meine Geschwister, und ich liebe mich.“ Wir Europäer finden das oft übertrieben, aber was es eigentlich aussagt, ist schon schön.
Sie wollen diese Selbstliebe noch finden?
Ich arbeite daran. Ich bin eher jemand, der seine Schwächen sieht, anstatt das anzuerkennen, was alles schon geklappt hat. Aber es ist okay. Man muss ja noch Ziele in seinem Leben haben.
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