Berlin. Tatort-Schauspieler Jan Josef Liefers über seine neue ZDF-Serie „Tod von Freunden“, Medienkonsum und wie er die Corona-Zeit erlebt.

Jan Josef Liefers (56) ist zusammen mit Axel Prahl verlässlicher Quoten-König dank der Münsteraner „Tatort“-Folgen. Ab 7. Februar ist er an vier Sonntagen von der dramatischen Seite zu sehen: in „Tod von Freunden“, einer Serie von Friedemann Fromm, die gewagt und innovativ mit Erzählformen spielt (ZDF, je 22.15 Uhr).

„Tod von Freunden“ ist ein spannendes Format. Achtmal sieht man dieselbe Handlung von verschiedenen Seiten, und immer geht die Geschichte ein Stück weiter und ein neues Drama kommt hinzu. Hat Sie diese Struktur gereizt?

Jan Josef Liefers: Ich fand das ziemlich gewagt. Am Ende war ich selbst verblüfft, wie gut das hinhaut. Mit jeder Folge steht die scheinbar bekannte Geschichte in einem neuen Licht da. Dieselben Szenen werden durch die Augen aller Beteiligten betrachtet und jedes Mal enthüllen sie andere Aspekte der Wahrheit, die dann erst ganz am Ende herauskommt. Das war schon sehr reizvoll. Am Anfang gab es ein ziemliches Ringen, ob ich es überhaupt schaffe, die Serie zu drehen, weil der Drehzeitraum sich mit anderen Projekten überschnitten hat. Ich bin heute sehr froh, dass es funktioniert hat.

Schauspieler Jan Josef Liefers ist nicht nur als Tatort-Mediziner bekannt.
Schauspieler Jan Josef Liefers ist nicht nur als Tatort-Mediziner bekannt. © Reto Klar | Reto Klar

Es ist Ihre erste dramatische Rolle seit langem. Ist das die Folge der Münsteraner „Tatort“-Folgen, dass man Sie immer im komischen Fach sieht?

Liefers: Eigentlich wurde ich immer schon gerne gebucht für das, was man in Deutschland Komödie nennt. Ich mag das aber nicht so sauber trennen. Nehmen Sie etwa Dietls „Rossini“: Das war ja nicht nur Komödie. Dieses pure Hau-den-Lukas-Schenkelklopfen hat mich schauspielerisch noch nie so richtig fasziniert. Ich würde auch in einem Drama immer den Punkt suchen, an dem auf menschliche Weise Komik entsteht. In guten Komödien stecken sowieso immer Dramen. Nur die Frauen sind besser angezogen.

Dennoch: War es mal wieder schön, ganz dramatisch spielen zu dürfen?

Liefers: Für mich ist das ganz wunderbar, dass ich so viele verschiedene Sachen machen kann. In der Regel steckt man schnell in einer Schublade. Das Schöne an meiner Laufbahn ist, dass das immer hin- und hergewechselt hat. Das mag ich auch so an Friedemann Fromm: dass er kein Problem hat, mich in nicht-komischen Rollen zu sehen. Mehr kann man sich als Schauspieler nicht wünschen.

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Es ist spannend, wie die Serie mit Erzählformen spielt. Müsste es mehr mutige Produktionen dieser Art geben? Traut sich der deutsche Film da zu wenig?

Liefers: Man wünscht sich immer, dass man nicht zu lange auf der Stelle tritt. Wir sind ja eine Krimination, manchmal hat man das Gefühl, dass deutsche Produktionen zu 90 Prozent aus Krimis bestehen. Und dann gibt es auch noch die guten alten Arztserien. Da sind andere Länder schon woanders. Aber es gibt wohl auch das Bedürfnis danach, denn diese Formate haben ja viele Zuschauer und damit ihre Berechtigung. Klar wünsche ich mir oft mehr Mut und Wagnis. Aber ich möchte unser Fernsehen auch mal verteidigen. Es ist ein Massenmedium, das sich eben an viele Menschen wendet und nicht nur an die, die schon alles gesehen haben. Und auch bei den Streamern ist längst nicht mehr alles nur topp.

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    Das ZDF zeigt diesen Achtteiler erst um 22.15 Uhr. Enttäuscht?

    Liefers: Oh, das wusste ich noch gar nicht! Aber was redet man sich nicht die Köpfe heiß über Programmierung und Quoten. Das ist eine eigene Wissenschaft. Bin ich enttäuscht? Man kann nur hoffen, dass genug Leute sich so für die Serie interessieren, dass sie wachbleiben und nicht schon ins Bett gehen. Das ist ja nicht immer gegeben, gerade wenn man Kinder hat und morgens früh raus muss. Aber diese Menschen kann man ja in die Mediathek locken.

    Schauen Sie überhaupt noch analoges Fernsehen, nutzen Sie eher Mediatheken – oder streamen Sie nur noch?

    Liefers: (lacht) Wissen Sie, wenn man das beruflich macht, ist man sowieso kein repräsentativer Fernsehzuschauer. Ich finde es berührend, wenn sich sonntagabends beim „Tatort“ die ganze Nation vor dem Fernseher versammelt wie bei einem großen Lagerfeuer. Aber wenn man dreht oder Konzerte gibt, kann man sich nicht ans Programm halten. Ich selbst bekomme von Filmen meist Links geschickt, die schaue ich dann, wann immer ich Zeit habe. Dass unsere Familie sich gemeinsam vor den Fernseher setzt, passiert immer seltener. Der Trend ist generell der, dass die Leute dann gucken, wann sie gerade Zeit und Lust haben. Die berühmten Einschaltquoten verlieren deshalb irgendwann mal an Bedeutung. Insofern ist es eh bald wurscht, wann ein Film programmiert wird. Meine Kinder etwa wissen gar nicht mehr, dass es so was wie eine Fernsehzeitung mit Programm gibt. Ich wusste früher immer genau, dass im DDR-Fernsehen samstags um 14 Uhr „Professor Flimmrich“ lief. Das war Gesetz. Meine Kinder wissen da gar nicht, wovon ich überhaupt rede.

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    Wie sind Sie bisher durch die Corona-Zeit gekommen?

    Liefers: Ganz gut. Die Corona-Regeln lassen sich bei Dreharbeiten wirkungsvoll umsetzen, so konnten wir halbwegs arbeiten. Aber wenn ich an meine Band Radio Doria denke und an all die anderen, die auf Live-Publikum angewiesen sind, bricht mir das Herz. Wir hatten vor Corona gut verkaufte Konzerte und Termine ohne Ende. Ich habe in dem Zusammenhang mal die Geschichte von unserem Bassisten erzählt, der Geld verdienen muss und zum Straßenbau ging. Da regten sich gleich ein paar Menschen auf, dass daran doch nichts Schlimmes sei. Nein, natürlich ist das eine respektable Arbeit, ich ziehe meinen Hut, aber er ist nun mal Musiker! Er kann etwas sehr, sehr gut, das andere nicht können. Musik machen, dass den Leuten im Konzert vielleicht die Tränen kommen, sie sich für einen Moment verstanden oder berührt fühlen. Bei einem Lego-Baukasten ist das egal, passt der gelbe Stein nicht, nehmen wir eben einen roten. Ein Menschenleben ist aber kein Lego- Baukasten.

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