Werl. Scherzhafte Bemerkungen und flapsige Kommentare fallen oft über Männer, die "zu früh kommen". Dabei kann der vorzeitige Samenerguss zu einer wahren Belastungsprobe für die Beziehung werden. Doch es gibt Hilfe, für die sich kein Mann schämen muss.
Scherzhafte Bemerkungen und flapsige Kommentare fallen oft über Männer, die «zu früh kommen». Doch für die Betroffenen selbst gibt es dabei nicht viel zu lachen, denn der vorzeitige Samenerguss belastet häufig die Partnerschaft und führt in vielen Fällen zu einem frustrierenden Sexualleben - und damit zu einer eingeschränkten Lebensqualität.
Unter vorzeitiger oder auch frühzeitiger Ejakulation - von den Medizinern Ejaculatio praecox genannt - versteht man einen Samenerguss kurz nach oder sogar vor dem Eindringen. Die betroffenen Männer haben dabei meistens das Gefühl, keine Kontrolle über ihren Höhepunkt zu haben. Dabei unterscheiden die Ärzte zwei Formen: die sogenannte lebenslange oder primäre Ejaculatio praecox, bei der die Betroffenen seit dem ersten Geschlechtsverkehr mit dem Problem zu kämpfen haben. Und die sogenannte erworbene oder auch sekundäre Ejaculatio praecox, die sich erst im Laufe des Lebens entwickelt.
Nur selten organische Ursache
Die Ursachen für den verfrühten Samenerguss sind nicht gänzlich geklärt, vermutlich liegen aber nur in Ausnahmefällen tatsächlich organische Leiden wie zum Beispiel eine Infektion der Harnröhre zugrunde. In der Praxis sind die Ursachen fast ausschließlich psychischer Natur: Angespanntheit und Versagensängste, die sich mit zunehmender Dauer des Problems verstärken können, spielen dabei unter anderem eine Rolle. Vor allem auch eine mangelnde Kenntnis des Mannes über sein sexuelles Empfinden kann dazu führen, dass er nicht richtig einschätzen kann, wie kurz er vor dem Höhepunkt steht. Gerade bei jungen Männern, die noch nicht viel Erfahrung haben, ist dies oftmals entscheidend.
Der Urologe Klaus-Georg Haarmann aus Werl schätzt, dass etwa zwanzig Prozent der Männer unter vorzeitigem Samenerguss leiden, wobei die Dunkelziffer vermutlich noch wesentlich höher liegt. Denn über ein so sensibles Thema reden viele Patienten nicht offen. Dabei sollten sich die Betroffenen vor Augen halten, dass sie nicht allein sind und ihr Arzt täglich Männer mit diesem Problem in seiner Praxis berät. Es sind übrigens Männer jeden Alters betroffen.
Um die vorzeitige Ejakulation in den Griff zu bekommen, gibt es drei grundlegende Therapieansätze, wie Haarmann erläutert. Der erste ist das sogenannte Squeeze-Verfahren: Mit gezielten Techniken kann Mann lernen, mehr Kontrolle über seinen Samenerguss zu bekommen. Dieses Prinzip führt jedoch am ehesten zum Erfolg, wenn die Partnerin einbezogen wird. Wird die Technik richtig angewandt, kann man damit dem vorzeitigen Samenerguss auch langfristig entgegenwirken.
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von betäubenden Cremes, Gelen oder Sprays, die direkt auf die Eichel aufgetragen werden. Sie verzögern den Samenerguss, indem sie die Empfindlichkeit verringern. Doch auch die Scheide wird beim Kontakt betäubt, so dass die Stimulation und damit das Lustempfinden bei beiden Partnern abnimmt. Kondome können davor schützen, auch bei der Partnerin die Empfindlichkeit zu verringern.
Nebenwirkungen wie Übelkeit und Kopfschmerzen
Ein dritter Ansatz ist die Einnahme von sogenannten Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern. Dabei handelt es sich um Wirkstoffe, durch die die Konzentration des Botenstoffs Serotonin im Gehirn erhöht wird. Serotonin gehört wie auch Adrenalin zu den Botenstoffen, die Informationen zwischen Nervenzellen austauschen. Ursprünglich wurden diese Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer als Antidepressiva eingesetzt. Sie sollen die vorzeitige Ejakulation dadurch verhindern, dass sie die Erregbarkeit generell herabsetzen.Dadurch können sie jedoch auch die Libido zu stark verringern. Zudem wurden Nebenwirkungen wie Übelkeit und Kopfschmerzen beobachtet.
Eines sollte den Betroffenen jedoch klar sein: Sowohl die betäubenden Cremes als auch die Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer bekämpfen nicht die Ursache des vorzeitigen Samenergusses, so dass im Normalfall langfristig keine Besserung zu erwarten ist. Seit Juni 2009 gibt es allerdings auch ein Präparat, das gezielt gegen vorzeitige Ejakulation auf dem deutschen Markt zugelassen wurde. Es ist unter dem Handelsnamen «Priligy» zu kaufen und muss wie die anderen Medikamente von einem Arzt verschrieben werden. Auch bei Priligy ist der Wirkstoff ein Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Wie sehr dieses neue Medikament hilft, Zufriedenheit in die Schlafzimmer zu bringen, muss sich allerdings erst noch herausstellen. (ddp)