München/Herne. Man wusste, dass es Jürgen Marcus nicht gut geht. Weder finanziell noch gesundheitlich. Es quälte ihn die chronische Lungenkrankheit COPD, im Volksmund gerne „Raucherlunge“ genannt. Immer mehr zog sich Marcus seitdem aus der Öffentlichkeit zurück, bis Nikolaus Fischer, seit 20 Jahren Lebenspartner und später auch Manager, 2017 bekannt gab, dass der damals 68-Jährige nie wieder auftreten werde. Gestern nun meldete sich Fischer erneut und teilte mit: „Jürgen Marcus ist tot.“

Man wusste, dass es Jürgen Marcus nicht gut geht. Weder finanziell noch gesundheitlich. Es quälte ihn die chronische Lungenkrankheit COPD, im Volksmund gerne „Raucherlunge“ genannt. Immer mehr zog sich Marcus seitdem aus der Öffentlichkeit zurück, bis Nikolaus Fischer, seit 20 Jahren Lebenspartner und später auch Manager, 2017 bekannt gab, dass der damals 68-Jährige nie wieder auftreten werde. Gestern nun meldete sich Fischer erneut und teilte mit: „Jürgen Marcus ist tot.“

„Strahler“ hat ihn Dieter-Thomas Heck in den 70ern genannt, als Marcus mit 36 Auftritten Dauergast in der „ZDF-Hitparade“ ist. Weil er stets lächelt oder lacht, obwohl ihm wahrscheinlich nicht immer danach zumute ist. Denn irgendwann singt er Lieder, die er gar nicht mehr singen will, und viele Jahre wird er von Mädchen angehimmelt, mit denen er nichts anzufangen weiß. Doch das darf er damals nicht zugeben. Erst 1991 spricht er in einer Sonntagszeitung über die lange verheimlichte Homosexualität: „Ich konnte nie eine Frau richtig lieben.“ Zu diesem Zeitpunkt ist seine Karriere schon vorbei.

Begonnen hat sie in den 60ern in Herne, wo Markus unter dem Namen Jürgen Beumer geboren wird. „In eine komplett unmusikalische Familie“, wie er später gerne erzählt hat. Und deshalb ist er auch „stinksauer“, als sein Bruder ihm eines Tages eine Gitarre schenkt. „Ich hatte mir eigentlich ein Fahrrad gewünscht.“ Eigentlich macht er gerade eine Lehre zum Betriebsschlosser. Doch dann nimmt er Unterricht, lernt die Saiten zu zupfen und fängt an zu singen. Erst in verschiedenen Beatbands im Ruhrgebiet, dann beim Musical „Hair“, in dem er 1969 die Hauptrolle übernimmt und durch Deutschland tourt.

Dabei entdeckt ihn Jack White, einer der erfolgreichsten deutschen Musikproduzenten jener Zeit. Er lässt ihm die Zähne richten, verpasst ihm einen neuen Nachnamen und nimmt mit Marcus „Nur du“ auf, eine deutsche Version des Simon & Garfunkel-Klassikers „El Condor Pasa“. Der Durchbruch aber gelingt den beiden erst 1972 mit „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“. Von nun an geht es Schlag auf Schlag. Marcus besingt „Ein Festival der Liebe“ und stellt klar: „Schmetterlinge können nicht weinen“.

Blond die lange Mähne zu den bunten Hemden mit den großen Kragen, lässig der Hüftschwung in den Schlaghosen wird Marcus zu einem der ganz Großen der deutschen Schlagerszene. Vier Goldene Löwen holt er sich beim Radio Luxemburg ab und ebenso viele Ottos bei der Jugendzeitschrift „Bravo“.

Mitte der 70er will er andere Lieder singen. Am Grand Prix Eurovision nimmt er 1976 für Luxemburg teil, wird aber nur 14. Und bekommt aus Deutschland keinen einzigen Punkt. Und die Chansons, die er später gegen den Willen seines Produzenten aufnimmt, die will kaum jemand hören. Als dann die Neue Deutsche Welle in die Hitparaden schwappt, spült sie Künstler wie Marcus einfach weg.

Wirklich zurückgekehrt ist er nie. 2002 diagnostizieren Ärzte die Lungenkrankheit COPD bei ihm. Geschätzt zwischen drei und fünf Millio­nen Menschen leiden in Deutschland an ihr, auch den Sängerkollegen Roland Kaiser hat sie heimgesucht. Aber er bekommt eine neue Lunge transplantiert. Marcus ist zum Zeitpunkt der Diagnose dafür zu alt, doch es gelingt offensichtlich, den Krankheitsverlauf zu stoppen. Bis 2011 nimmt er immer wieder neue Platten auf, zehrt finanziell aber überwiegend von den Erfolgen der Vergangenheit. Selbst die jedoch können nicht verhindern, dass Marcus 2013 Insolvenz anmelden muss. „Ich habe in Berlin ein Mietshaus gekauft, das meine Rentenabsicherung sein sollte. Doch die Bewohner zahlten keine Miete“, erklärt er damals und muss nach eigener Aussage im Alter von 800 Euro im Monat leben.

In der Münchner Wohnung, die er mit Nikolaus Fischer teilte, soll er bereits vor zwei Wochen gestorben sein. Die Beerdigung, sagt sein Partner, sei bereits erfolgt. „Es war sein ausdrücklicher Wunsch, in aller Stille beigesetzt zu werden.“