Hamburg. . Daniel Bröckerhoff sieht so aus, wie man sich einen TV- und Online-Journalisten vorstellt: schlank, Bart, Brille, Hipster-Schal. Der 39-Jährige, früher unter anderem für das NDR-Magazin „Zapp“ tätig, pendelt seit 2015 zwischen Hamburg und Mainz, wo er als Moderator von „heute+“ arbeitet. Die Sendung läuft montags bis freitags, um 23 Uhr online, nach Mitternacht im TV.
Daniel Bröckerhoff sieht so aus, wie man sich einen TV- und Online-Journalisten vorstellt: schlank, Bart, Brille, Hipster-Schal. Der 39-Jährige, früher unter anderem für das NDR-Magazin „Zapp“ tätig, pendelt seit 2015 zwischen Hamburg und Mainz, wo er als Moderator von „heute+“ arbeitet. Die Sendung läuft montags bis freitags, um 23 Uhr online, nach Mitternacht im TV.
„heute+“ gibt es jetzt seit drei Jahren: Ihr Fazit bisher?
Daniel Bröckerhoff: Geile Sendung, passt mir wie auf den Leib geschneidert. Ich bin echt happy, was wir alles machen, auch anders machen können als die „normalen“ Nachrichten.
Was machen Sie anders?
Wenn ein Thema schon bei den Kollegen läuft, entscheiden wir oft, eine andere Nachricht zu suchen. Oder ein zielgruppenorientiertes Thema: Bildung geht bei den Jüngeren immer, Umwelt und Ernährung. Oder Fremdenfeindlichkeit. Die Tagespolitik in Berlin ist denen eher egal. Natürlich bilden wir trotzdem die Nachrichten des Tages ab. Wir versuchen vor allem, von der Tonalität her anders zu sein. Die Nachrichten alltagssprachlicher, verständlicher zu präsentieren, den Hintergrund zu erklären. Wir arbeiten zudem sehr stark visuell. Da haben wir uns viel von den Kindernachrichten „Logo“ abgeguckt.
„Logo“ nennen auch Ihre Kritiker oft.
Ich empfinde das nicht als Kritik, eher als Lob. Ich schaue „Logo“ sehr gern mit meiner neunjährigen Tochter, weil ihr dort die Nachrichten erklärt werden. Wenn wir es schaffen, die Nachrichtensendung für ein Publikum zu sein, das „Logo“ entwachsen ist, das das „heute-journal“ aber nicht anschauen möchte, ist das super.
Wie hat sich „heute+“ verändert seit 2015?
Wir haben schon zu Anfang gemerkt, dass Nachrichten und ihr Konsum stark ritualisiert sind. Es ist okay, etwas daran zu ändern – aber nicht zu viel. Ich habe meine Sprache angepasst, mein Auftreten, meine Kleidung. Ich würde immer noch nicht ins „heute-journal“ passen …
. . . ohne Krawatte.
Genau. Aber insgesamt sehen wir jetzt etwas mehr nach Nachrichten aus und fühlen uns auch so an. Online sind wir aber eher noch lockerer geworden.
Was nehmen Sie aus Online-Debatten mit?
Ich habe durch die Diskussionen ein größeres Verständnis dafür bekommen, warum bestimmte Slogans, Parteien gerade so stark werden. Ich finde, die AfD bekommt eine Aufmerksamkeit, die sie nicht verdient hat. Aber die Gründe für den Aufstieg des Rechtspopulismus werden viel zu wenig hinterfragt.
Welche sind das Ihrer Meinung nach?
Es gibt Menschen, die sich nicht mehr wohlfühlen in der Gesellschaft, die Angst vor Veränderung haben. Die müssen wir wahr- und ernst nehmen. Viele Journalisten versuchen, mit Fakten dagegenzuhalten. Aber du kannst niemanden, der Angst hat, mit Fakten überzeugen. Das Erste, was du ihm entgegenbringen musst – das wird dir jeder Psychologe sagen –, ist Verständnis.
Trotzdem muss man doch die Fakten aufzeigen – gerade als Journalist.
Als Journalist kann man nie faktenfrei argumentieren. Aber nur mit Fakten zu kommen, ist viel zu technokratisch. Es sind immer noch Menschen, die gehört und gesehen werden wollen. Deswegen trete ich mit meinen privaten Profilen im Netz auf. Ich biete mich als Punchingball an. Wenn Leute dann anfangen, verbal auf mich einzuprügeln, ist das unangenehm. Für mich geht das trotzdem nicht anders. Wir können diesen Konflikt aufnehmen oder dabei zusehen, wie die Leute uns weglaufen.
Sind sie nicht teilweise schon weggelaufen?
Ich glaube, dass es immer schon einen gewissen Prozentsatz von Menschen gegeben hat, der Medien nicht geglaubt hat. Das Netz macht diese Leute sichtbar. So wie es vieles sichtbar macht: Was interessiert die Leute, was regt sie auf, wie ernst nehmen sie Journalismus? Immer wieder wird uns vorgehalten, einer unserer Berichte sei „nicht objektiv“ gewesen. Dabei verwechseln viele „objektiv“ mit „entspricht meiner Meinung“. Differenzierte Berichte werden oft nicht wahrgenommen. Um Aufmerksamkeit zu bekommen, speziell online, muss man fast ständig „Alarm!“ schreien. Wir versuchen bewusst, vom Tempo zu gehen, und die große Zahl der Zuschauer findet diese Zurückhaltung gut.
Wenn ich nachts um drei kommentiere, bekomme ich keine direkte Antwort, oder?
Um drei könnte es tatsächlich passieren, da bin ich manchmal noch wach.
Eine Menge Arbeit.
Ja, aber es macht auch total viel Spaß. Ich habe mich, als ich angefangen habe, Fernsehen zu machen, immer gefragt: „Mein Bericht wurde gesendet. Und jetzt? War der gut?“ Im Netz ist Applaus da. Oder das Gegenteil. Im schlimmsten Fall interessiert es niemanden.