Berlin. Ein Mann hat in Berlin mit einem Gürtel einen Kippa tragenden Israeli geschlagen. Das Opfer filmte die Tat. Der Staatsschutz ermittelt.

Wegen eines antisemitischen Angriffs in Prenzlauer Berg ermittelt der Staatsschutz der Berliner Polizei. Wie ein Sprecher der Polizei am Mittwochmorgen auf Nachfrage der „Berliner Morgenpost“mitteilte, wurden zwei Kippa tragende Männer am Dienstagabend aus einer Gruppe heraus attackiert. Die Täter konnten fliehen, nach ihnen wird nun gefahndet. Das Opfer filmte den Angriff.

Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) veröffentlichte am Dienstagabend Videoaufnahmen der Attacke. In dem kurzen Film ist zu sehen, wie ein junger Mann den Filmenden mit einem Gürtel angreift. Dabei ruft er „Yahudi“ (arabisch für Jude). Nach einigen Schlägen mit dem Gürtel wird er von einem Begleiter weggezogen. Der Angreifer wurde in dem Video nachträglich unkenntlich gemacht.

Staatsschutz übernimmt Ermittlungen

JFDA-Sprecher Levi Salomon sagte in einer Mitteilung zu der antisemitischen Attacke: „Es ist unerträglich anzusehen, dass ein junger jüdischer Mann auf offener Straße im gut situierten Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg angegriffen wird, weil er sich als Jude zu erkennen gibt. Das zeigt, dass jüdische Menschen auch hier nicht sicher sind. Nun sind Politik und Zivilgesellschaft gefragt. Wir brauchen keine Sonntagsreden mehr, sondern es muss gehandelt werden.“

Laut Polizei war das Opfer ein 21 Jahre alter Israeli. Begleitet wurde der Mann von einem 24 Jahre alten Deutschen. Beide trugen laut Polizei eine Kippa, die kreisrunde Kopfbedeckung männlicher Juden. Das Opfer hatte die Kippa getragen, um auszuprobieren, wie sich seine jüdischen Freunde im Alltag mit der Kopfbedeckung fühlen. Der Angriff erfolgte demnach aus einer Gruppe von etwa drei Männern.

„Die Betroffenen werden derzeit befragt“, sagte der Polizeisprecher. Der Staatsschutz versuche nun, die Täter zu ermitteln. Sollten diese Ermittlungen erfolglos bleiben, könne mit dem Videomaterial auf Anordnung eines Richters auch öffentlich nach den Angreifern gefahndet werden, so der Sprecher.

Kanzlerin Angela Merkel sprach von einem „schrecklichen Vorfall“. Der Kampf gegen Antisemitismus müssen „entschieden geführt“ werden.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Barley: „Eine Schande für unser Land“

Justizministerin Katarina Barley hat den Vorfall scharf verurteilt. „Es ist unerträglich, wenn Juden in Deutschland auf offener Straße, mitten in Berlin, angegriffen werden. Das ist eine Schande für unser Land“, sagte die SPD-Politikerin unserer Redaktion. „Die Täter müssen unmittelbar zur Rechenschaft gezogen werden.“

Justizministerin Katarina Barley verurteilte den antisemitischen Angriff aufs Schärfste.
Justizministerin Katarina Barley verurteilte den antisemitischen Angriff aufs Schärfste. © Getty Images | Sean Gallup

Barley rief zum Kampf gegen Antisemitismus auf. „Juden dürfen nie wieder Angst haben, wenn sie sich in Deutschland als Juden zu erkennen geben. Antisemitismus darf bei uns nie wieder einen Platz haben“, sagte sie. „Wir müssen alles tun, um jüdisches Leben in Deutschland zu schützen.“

Auch Außenminister Heiko Maas (SPD) meldete sich zu Wort: „Wenn junge Männer bei uns attackiert werden, nur weil sie eine Kippa tragen, ist das unerträglich“, sagte der er unserer Redaktion. „Juden dürfen sich bei uns nie wieder bedroht fühlen. Wir tragen Verantwortung dafür, uns schützend vor jüdisches Leben zu stellen.“

Zentralrat der Juden sieht „Bedrohungspotenzial“ in Städten

Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, zeigte sich erschüttert. „Offensichtlich ist es zunehmend problematisch, sich im – ich habe eher das Gefühl großstädtischem Bereich – offen als Jude erkennen zu geben“, sagte Schuster am Mittwoch in Berlin. Er sehe das „Bedrohungspotenzial“ für Juden vor allem in Städten.

Josef Schster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Josef Schster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. © dpa | Markus Hibbeler

Schuster merkte an, dass sich dieser Vorfall in einem gutbürgerlichen Szeneviertel ereignete – und nicht etwa in einem muslimisch geprägten Stadtteil. „Hier ist erneut eine rote Linie weit überschritten worden“, so Schuster weiter. Man könne aber nun nicht schließen, dass für Juden in Deutschland Gefahr für Leib und Leben bestehe. In jüngster Zeit gab es mehrere Vorfälle von Antisemitismus.

Wichtig sei es jetzt, den Täter zu fassen und herauszufinden, was ihn antisemitisch geprägt habe - und nicht nur einfach zu schauen, ob er „eventuell muslimisch oder nicht-muslimisch“ sei. Schuster betonte: „Kein Mensch wird als Antisemit geboren.“

Ähnlicher Fall vor jüdischem Restaurant Ende 2017

Ende 2017hatte ein ähnlicher Fall in Berlin bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Auch interessant

Auch damals gab es ein Video von der Tat – die Freundin des Gastronoms filmte die rund sechsminütige Verbalattacke.

Heiko Maas, damals noch Justizminister, schaltete sich ein und verurteilte die Tat öffentlich. Der israelische Botschater in Berlin, Jeremy Issacharoff, besuchte das Lokal des betroffenen Gastronoms.

• Zuerst berichtete die Berliner Morgenpost von dem Vorfall

(BM)