. Eigentlich denkt man sofort, dass dieser Film zur rechten Zeit kommt. In einer Zeit, in der der Begriff der „sexuellen Belästigung“ allgegenwärtig ist. Auch in „Meine fremde Freundin“ geht es um ständige Belästigung von männlicher Seite. Christian Granderath, Fernsehspielchef des federführenden NDR, sagt allerdings, dass er „keinen pseudoaktuellen Vergewaltigungsfilm“ im Sinn gehabt hatte, eher schon „eine Charakterstudie über menschliche Verfehlungen in einem alltäglichen Milieu“, in diesem Fall im Alltag eines Gesundheitsamtes.
Eigentlich denkt man sofort, dass dieser Film zur rechten Zeit kommt. In einer Zeit, in der der Begriff der „sexuellen Belästigung“ allgegenwärtig ist. Auch in „Meine fremde Freundin“ geht es um ständige Belästigung von männlicher Seite. Christian Granderath, Fernsehspielchef des federführenden NDR, sagt allerdings, dass er „keinen pseudoaktuellen Vergewaltigungsfilm“ im Sinn gehabt hatte, eher schon „eine Charakterstudie über menschliche Verfehlungen in einem alltäglichen Milieu“, in diesem Fall im Alltag eines Gesundheitsamtes.
Dieser aber hat es in sich. Judith Lorenz (Ursula Strauss), die Neue im Amt, hat noch kaum Atem geholt an ihrem ersten Tag, da trifft sie schon auf den hemmungslosen Chauvinisten Volker Lehmann (Hannes Jaenicke), der schon bald Bemerkungen über ihr Ausssehen macht. Der Typ hat gerade erst eine frühere Kollegin derart erbarmungslos gemobbt, dass sie voller Verzweiflung gekündigt hat.
Hohes Maß an Realität
Doch Judith scheint die Anzüglichkeiten sehr wohl parieren zu können, was vor allem ihre Kollegin Andrea (Valerie Niehaus) bewundernd zur Kenntnis nimmt. Umso entsetzter ist sie, als Judith ihrer neuen Freundin anvertraut, dass Lehmann sie im Aktenraum vergewaltigt habe. Andrea drängt Judith, zur Polizei zu gehen und den Kollegen anzuzeigen.
Regisseur Stefan Krohmer, mehrfach preisgekrönt für seine Fernsehfilme, hat neben seinem vertrauten Szenaristen Daniel Nocke diesmal auch noch Katrin Bühlig als zweite Autorin mit ins Boot geholt. Offenbar wollte er sich absichern, dass der männliche wie der weibliche Blick bei diesem sensiblen Thema zur Geltung kommen.
So kann der Zuschauer mitverfolgen, wie dieser Volker reagiert, als die Polizei plötzlich vor seinem Haus steht. Von hochnäsiger Flapsigkeit über lautstarken Zorn bis hin zur Resignation zeigt Hannes Jaenicke eine große Bandbreite. Auf der anderen Seite erleben wir eine Frau, die sich zunächst zurückgezogen hat, dann aber, dank ihrer Freundin, neuen Lebensmut schöpft. Andrea ist die Identifikationsfigur für den Zuschauer inmitten all der unterschiedlichen Wahrheiten. Sie sieht die Dinge geradeheraus, erscheint dabei manchmal schon fast ein wenig naiv.
Regisseur Krohmer sucht derweil Bilder, die der Geschichte des Films ein Höchstmaß an Realität abtrotzen. Er hat in einem realen Gesundheitsamt in Hannover gedreht, wie auch in einer tatsächlichen Vollzugsanstalt.
Nur gegen Ende läuft alles plötzlich viel zu schnell und reibungslos ab, ungewöhnlich genug bei einem Filmemacher, der auch für seine Bedächtigkeit bekannt ist. Allerdings sollte man nicht vorschnell abschalten, man würde Wichtiges verpassen.
Fazit: Der Film überzeugt nicht nur mit einem brisanten aktuellen Thema, sondern vor allem mit der sensiblen Umsetzung. Die Zuschauer werden in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt. Allerdings müssen sie ein wenig zu lange in einer Art Schwebezustand ausharren: Ist der Angeklagte einfach nur ein Sexist, oder ist er ein Vergewaltiger?
ARD, 20.15 Uhr