Berlin. . Sollten französische Archäologen in ein paar 1000 Jahren mal auf diese Aufzeichnung stoßen, dürfte ihre Verwunderung groß sein. Da stand ein deutscher Entertainer am 28. Mai 2002 vor einem deutschen Publikum und hielt seine gesamte Sendung auf Französisch ab: den Anfangsmonolog mit den üblichen, aus der Boulevardpresse bezogenen Gags, die eingespielten Filmchen, das Gefrotzel mit Sidekick Manuel Andrack und schließlich auch das Gespräch mit der charmant überforderten, zwischendurch immer wieder ins Deutsche und Englische verfallenden Barbara Schöneberger.
Sollten französische Archäologen in ein paar 1000 Jahren mal auf diese Aufzeichnung stoßen, dürfte ihre Verwunderung groß sein. Da stand ein deutscher Entertainer am 28. Mai 2002 vor einem deutschen Publikum und hielt seine gesamte Sendung auf Französisch ab: den Anfangsmonolog mit den üblichen, aus der Boulevardpresse bezogenen Gags, die eingespielten Filmchen, das Gefrotzel mit Sidekick Manuel Andrack und schließlich auch das Gespräch mit der charmant überforderten, zwischendurch immer wieder ins Deutsche und Englische verfallenden Barbara Schöneberger.
Das Experiment, in dessen Verlauf Harald Schmidt zwei Drittel seiner Fernsehzuschauer verlor und ungezählte Gäste im Studio frustrierte, ist ein gutes Beispiel für das, was die „Harald Schmidt Show“ in ihren besten Zeiten war. Sie war experimentierfreudig, aufgeschlossen auch gegenüber dem Unpopulären, sie verwischte die Unterschiede zwischen Yellow Press und Hochkultur. Und sie war vor allem sehr lustig – wenn auch in diesem Fall nur für jene, die im Französischen halbwegs sattelfest waren und verstehen konnten, wie unbeholfen hier in der Fremdsprache gestümpert wurde.
Heute, drei Jahre nachdem er mit seiner Late-Night-Show auch vom Bezahlsender Sky verschwunden ist, kann man die besten Jahre seines Schaffens als Höhepunkte deutscher Humorgeschichte archivieren, wobei die besten Momente der seit 1995 ausgestrahlten Sendung in die frühen Nullerjahre fallen. Das lag natürlich nicht nur an Schmidt, dem 1957 in Neu-Ulm geborenen Sohn zweier Heimatvertriebener aus Westböhmen und Südmähren, der sich in den vielen Jahren seiner kabarettistischen Karriere ein beachtliches Improvisationsvermögen erarbeiten konnte. Es lag auch an seinen Mitarbeitern hinter der Bühne, an Autoren wie Ralf Kabelka, Peter Rütten oder Ralf Husmann.
Aber nur Schmidt konnte schaffen, woran so viele seiner Kollegen von Thomas Gottschalk bis Anke Engelke scheiterten: das über Jahrzehnte von Johnny Carson bis hin zu David Letterman erprobte Konzept der amerikanischen „Late Night“ für den deutschen Fernsehmarkt anschlussfähig zu machen. Schmidt ließ einmal eine Sendung lang den Bildschirm schwarz, sendete nur auf der Tonspur. Er führte analfixierte Sockenpuppen namens „Bimmel und Bommel“ vor. Er erklärte die britische Monarchie oder die Mondlandung mit Playmobil-Figuren. Er ließ die Kellner eines Chinarestaurants Sätze wie „Draußen gibt’s nur Kännchen“ als „Weisheiten des Konfuzius“ verkaufen.
„Tatort“-Kommissar
Inzwischen hat sich Schmidt, der am heutigen Freitag 60 Jahre alt wird, Vater von fünf Kindern ist und mit seiner Familie in Köln lebt, weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Man konnte ihn in verschiedenen Rollen auf dem ZDF-„Traumschiff“ sehen – was bei einigen Zuschauern Befremden auslöste: „Gerade das ‚Traumschiff‘ wird aber auch von der ganzen Familie angesehen. Man kann sich gut nebenher unterhalten: ‚Guck mal, der Strand!‘ Oder: ‚Ist der Hai echt?‘ Die Quoten sind unverändert sensationell“, sagte er in einem seiner seltenen Interviews, in dem er auch noch mal auf seine Leidenschaft einging: Zeitunglesen. „Ich bin ein absoluter Zeitungsfreak. Ich lese hauptsächlich in Bestätigung meines Weltbildes.“
Aktuell produziert er auch eine Videokolumne für die digitale Abendzeitung „Spiegel Daily“, deren Zuspruch jedoch hinter den Erwartungen zurückbleibt. Erst wollte er „Tatort“-Kommissar im Schwarzwald werden, doch dann sagte er doch wieder ab. Das Leben im Ruhestand scheint ihm zu genügen.