Ruhrgebiet. . Der neunjährige Julius Weckauf spielt den Komiker Hape Kerkeling im Film über dessen Kindheit. Derzeit wird im Ruhrgebiet gedreht.

Der Satz könnte von Hape sein: „Und dann war’s halt am Ende ich.“ Es sagt ihn Julius aus Jüchen, und er grinst dabei so spitzbübisch aus seinem Ringelpulli, als sei er wirklich Hape Kerkeling – und nicht nur im Film. Gerade wird „Der Junge muss an die frische Luft“, die Geschichte von Kerkelings Kindheit, im Ruhrgebiet gedreht. Mit Julius Weckauf, dem Neunjährigen vom Niederrhein, in der Hauptrolle.

So schulterzuckend einfach aber war die Suche nach dem kleinen Hape nicht. Mehr als 400 Jungen hatten sich im Frühjahr für die Rolle des späteren Fernsehkomikers beworben, „pummelig und große Klappe“, so sollte das Kind sein. Nur ging genau das oft nicht zusammen, rundliche Kinder „haben oft nicht das Selbstbewusstsein“, musste Regisseurin und Oscar-Preisträgerin Caroline Link lernen.

„Es war echt schwer.“ Auch mit Julius war es „auf keinen Fall so, dass wir ihn gesehen haben und er war’s“. Fünf-, sechsmal hat Link ihn eingeladen, herausgefordert, aus der Reserve gelockt, bis der Tag kam, an dem sie dachte: „Der ist schlau, der ist witzig, das ist mein kleiner Hape.“ Da hatte sich die große Caroline Link in den kleinen Julius „verknallt“.

Und nun steht er vor der Kamera, als wäre er immer schon Hape gewesen. Produzent Hermann Florin sagt über ihn: „Er wird immer besser.“ Hedi Kriegeskotte, die im Film Hapes Oma Änne ist, findet, er sei „unglaublich konzentriert und neugierig“, Joachim Król als Opa Willi nennt ihn „verblüffend“ und „hoch professionell“, und Caroline Link glaubt, Julius sei so „charmant“, weil er „keine Ahnung hat, wie er wirkt“. Beim Gespräch nehmen ihn die Erwachsenen in die Mitte, Julius sitzt auf einem Barhocker, er kann sonst nicht über den Stehtisch gucken. Auf die Frage, ob das nun der Anfang einer großen Karriere sei, sagt er cool: „Dass lass’ ich einfach mal kommen.“

Dann geht er, „schönen Abend noch!“, der Viertklässler darf immer nur drei Stunden drehen. Eine Medienpädagogin wacht darüber, es dauert die ganzen Sommerferien, 45 Tage lang. Die Eltern haben den Spanienurlaub storniert für Sohnemanns „Lust auf das Abenteuer“. Kunden in ihrem Geschäft hatten sie auf das Casting gestoßen, „und dann nahm das Schicksal seinen Lauf“, sagt die Mutter. Der Vater springt im Hintergrund in die Luft, damit Julius auf den Fotos lacht. „Juli“, sagen die Eltern. „Julchen“, sagt die Regisseurin.

Treffen mit dem „großen“ Hape

An einem Drehtag im Juli war auch Hape Kerkeling persönlich da; es heißt, sie waren beide nervös, der große und der kleine. „Aber der ist normaler als wir ganzen Menschen“, findet Julius, der ihn vorher gar nicht kannte. Er kannte nur Horst Schlämmer, eine der großen Figuren Kerkelings, den fand er „schon immer lustig“, aber „ich wusste nie, dass es den nicht wirklich gibt. Die sehen sich ja auch gar nicht ähnlich“. Der echte Hape allerdings blieb nicht lange, sagt Julius. „Der dachte bestimmt, er steht nur im Weg.“

Das, ist zu hören, möchte Kerkeling keinesfalls. Er hält sich fern, dabei verfilmen sie hier sein Leben, seine Kinderzeit, voller Spaß, aber auch mit großem Schmerz nach dem Tod der Mutter. Sie fanden sein Haus und den Laden von Oma Änne in Duisburg, den Pferdemarkt in Gelsenkirchen, Ställe in Bottrop und die Eckkneipe „Schisselameng“ in Essens „Ampütte“ (dabei war das damals, in den 70ern, alles in Recklinghausen). Sie fanden auch die Schauspieler in der Region: Sönke Möhring als Vater und Joachim Król als Opa kommen aus Herne, „Oma“ Hedi Kriegeskotte stammt aus Oberhausen.

Menschen, die wissen, wie das Revier tickt. „Man kennt die Dinge, wie sie sind“, sagt Möhring, Król ist auch das Milieu „total vertraut“. Der Koffer der Oma „der gleiche wie der von meiner Mutter“, die Küche der Kerkelings, „kenn’ ich, kenn’ ich“. Ein „Riesengeschenk“ ist diese Arbeit deshalb für Król, „ein Heimatfilm“. Und endlich mal wieder einer „aus dem alten Westen“, wie Petra Müller von der Filmstiftung sagt.

Nur mit dem ursprünglich gewollten Revierdialekt muss sich das Team zurückhalten. Denn eines, wirklich nur eines, brachte Julius Weckauf dann doch nicht mit: echtes Ruhrpott-Deutsch. Das Kind kommt ja vom Niederrhein. Und da spricht man nicht wie Hape Kerkeling. Da spricht man wie – Horst Schlämmer.

INFO: Weihnachten 2018 im Kino

„Der Junge muss an die frische Luft“ beruht auf der gleichnamigen Autobiographie von Hape Kerkeling, die sich seit ihrem Erscheinen 2014 über eine Million Mal verkauft hat.

Die Film- und Medienstiftung NRW fördert das Projekt mit mehr als einer Million Euro. Zu Weihnachten 2018 kommt der Film ins Kino.