Berlin. . Während in ihren Talkshows sonst Politiker zu Gast sind, hat Sandra Maischberger dieses Mal weitgehend auf sie verzichtet: In der „Publikumsdebatte“ spricht sie mit Zuschauern rund um das Thema soziale Gerechtigkeit (ARD 23.30 Uhr). Im Interview erzählt die Talkmasterin, was Bürger besser können als Polit-Profis.
Während in ihren Talkshows sonst Politiker zu Gast sind, hat Sandra Maischberger dieses Mal weitgehend auf sie verzichtet: In der „Publikumsdebatte“ spricht sie mit Zuschauern rund um das Thema soziale Gerechtigkeit (ARD 23.30 Uhr). Im Interview erzählt die Talkmasterin, was Bürger besser können als Polit-Profis.
Haben sich viele Zuschauer gemeldet, um in Ihrer Sendung dabei zu sein?
Sandra Maischberger: Auf unsere Aufrufe hatten sich sehr viele Interessierte gemeldet, soziale Gerechtigkeit bewegt offenbar ganz viele Menschen. Wir haben viele Gespräche geführt und jetzt mit 100 Gästen einen guten Querschnitt, von Rentnern über Alleinerziehende, Mindestlohnempfänger bis hin zu Unternehmern, die Mindestlohn zahlen. Es sind Menschen, die aus eigener Erfahrung etwas erzählen können.
Was machen Bürger anders?
Sie haben eine andere Einsicht in ein Thema. Viele Diskussionen, die wir führen, werden auf sehr hohem Expertenniveau geführt, das ist auch wichtig im politischen Diskurs, weil man politische Fragen am Ende zu einer Entscheidung bringen muss. Die Publikumsdebatte ist eher der Versuch, das Thermometer hineinzuhalten in die Stimmung der Bevölkerung, um herauszufinden, wie denken die Menschen.
Nach der ersten Ausgabe haben Sie gesagt, die Menschen im Publikum seien so gut gewesen, besser als mancher Profi.
Diese Gäste haben ein wirkliches Interesse an der Sache, weil es sie selbst betrifft und deshalb haben die zum großen Teil mit einer Leidenschaft – aber auch mit der rhetorischen Fähigkeit – gestritten um etwas, was ihnen auch wirklich wichtig ist. Ein Thema, nicht ihre Person.
Und das leisten Politiker als Studiogäste oft nicht.
In unserer repräsentativen Demokratie ist es ja doch häufig so, dass Politiker den Standpunkt stellvertretend für eine Gruppe von Menschen formulieren. Wir versuchen natürlich, die einzuladen, die das mit einer gewissen Leidenschaft machen, denen man abnimmt, es ist auch ihre Sache. Aber manches wirkt eben etwas phrasenhaft oder formelhaft. Wir versuchen, Gäste zu vermeiden, die ohne innere Überzeugung sprechen. Manchmal sind sie aber dann doch da.
Und die, die überzeugend sind, sind ständig irgendwo Gast.
Dafür werden auch wir kritisiert, aber da wissen wir, da steht hinter dem Standpunkt auch eine Haltung, die fundiert ist, und die Person ist dann auch rhetorisch noch begabt. Bei den Linken sticht da zum Beispiel Sahra Wagenknecht heraus. Das ist sicher eine Politikerin, die das, was sie sagt, auch meint und die ihr Argument mit einer gewissen Leidenschaft und rhetorisch gekonnt vertreten kann. Auch bei Wolfgang Bosbach wird viel gelästert, er sei immer in Talkshows. Aber eine ganze Weile hat er den konservativen Standpunkt in der Union ganz alleine vertreten, mit großer Überzeugung, und er hat auch die Fähigkeit, gut zu formulieren.
Viele Fragen wurden sehr oft an die AfD-Vertreter gestellt.
Beim Flüchtlingsthema oder in der EU-Opposition war die AfD zum Teil die einzige Stimme im parteipolitischen Feld, die tatsächlich Fundamentalopposition betrieben hat. Ich kann nur Sendungen machen, wenn ich auch das thematisiere, was eine andere Meinung ist und die dann zu Wort kommen lasse. Das war in dieser Zeit sehr stark die AfD. Außerdem kann ich nicht Parteien ignorieren, die aus dem Stand heraus mit 15 Prozent oder 20 in ein Parlament ziehen. Ich meine aber, gerade Talkshows sind dazu geeignet, dass sie die Menschen aus ihrer eigenen Meinungsblase herausholen und sie mit anderen Ansichten konfrontieren.
Wie sehr beschäftigen Sie sich sonst mit der Publikumsmeinung? Lesen Sie Facebook-Kommentare?
Sicher. Was in den sozialen Netzwerken passiert, ist eine wichtige Facette. Aber auch ein ungenügendes Spiegelbild des gesamten Meinungsspektrums. Auf Facebook sind sehr stark die vertreten, die wütend sind und die eine bestimmte Haltung formulieren. Ich denke, viele mit liberalerem Verständnis haben aufgehört, noch zu schreiben, weil sie mit großem Furor niedergemacht wurden. Ich mache nicht den Fehler, dass ich denke, das, was da auf Facebook steht, ist jetzt die Meinung aller. Und Feedback bekommen wir ja auch immer noch viel in E-Mails und Briefen, und es gibt Menschen, die mich auf der Straße ansprechen.