Haltern. . Vater stellt eigenes Gutachten zum Germanwings-Absturz vor. Trauernde nennen Termin genau zum Zeitpunkt des Todes ihrer Kinder „geschmacklos“.
Freitagmorgen um halb elf werden Angehörige der Germanwings-Opfer an der Absturzstelle in Frankreich trauern: Zwei Jahre ist es dann genau her, dass Flug 4U9525 mit 150 Menschen an Bord in den Alpen zerschellte. Genau zeitgleich tritt in Berlin Günter Lubitz vor die Presse: Der Vater des Co-Piloten glaubt nicht, dass Sohn Andreas das Flugzeug absichtlich in die Felswand steuerte, weil er sterben wollte. Er präsentiert einen eigenen Gutachter.
„Wir sind der festen Überzeugung, dass dies so nicht richtig ist“, so Lubitz. Schon früher hatte die Familie den Abschlussbericht der Ermittler angezweifelt, von einem „Unfall“ gesprochen. Bedauern gegenüber den Hinterbliebenen wurde nie geäußert. „Es bleiben viele unbeantwortete Fragen und bei der Aufklärung vernachlässigte Aspekte.“ Antworten soll am Freitag der Luftfahrtexperte Tim van Beveren geben, Autor von Büchern wie „Runter kommen sie immer“ über „verschwiegene Risiken des Flugverkehrs“. Er soll die Akten neu bewertet haben.
Opfer-Familien finden Termin "geschmacklos"
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Für die Opfer-Familien ist gerade der Termin, „einfach nur geschmacklos“, sogar „ekelhaft“. Sprachlos seien seine Mandanten, sagte deren Anwalt Elmar Giemulla dieser Zeitung, geradezu „verstört“, dass die Pressekonferenz genau zum Zeitpunkt des Absturzes angesetzt ist. Gerade vor dem Jahrestag seien die Familien besonders angespannt in ihrem Gedenken. „Genau in diese Stille bricht das wie eine Axt herein.“ Steffi Assmann, Mutter von Linda, die mit 15 anderen Schülern aus Haltern im Flugzeug saß, kann das Anliegen der Lubitz-Eltern „verstehen“, stört sich aber auch am Termin. Es gehe schließlich nicht um: „Wir gegen ihn.“ Viele Halterner Familien fanden am Dienstag zunächst keine Worte für den geplanten Auftritt. Und wollten das auch nicht: „Das bringt uns“, sagt Steffi Assmann, „unser Kind nicht zurück.“
Für Anwalt Giemulla liegt zudem „zwingend auf der Hand, dass Lubitz so gehandelt hat“. Das belegten „objektive Untersuchungen“: Danach hatte der Co-Pilot seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine kontrolliert in den Sinkflug gebracht. Auch ergaben ärztliche Berichte, dass Andreas Lubitz psychisch krank, auch suizidgefährdet war. Ermittlungen gegen Ärzte, Angehörige und Arbeitgeber waren dennoch zu Jahresbeginn eingestellt worden. Für Günter Lubitz ist genau das ein Beleg, dass der Staatsanwalt „von der Depressions-Theorie Abstand genommen“ habe.