Essen. . Langsam kommen sie die Rüttenscheider Straße hochgefahren. Heidi Hetzer und ihr Hudson, den sie liebevoll „Hudo“ nennt, auch wenn sie ihn so manches Mal verflucht hat in den letzten eineinhalb Jahren. Weil er nicht mehr weiter wollte. Ganz anders als sie. „Nicht zu bremsen“, beschreibt sie eine Freundin, die schon wartet in Essen. „Ein Wirbelwind“, sagt eine andere. Was beides nicht die schlechtesten Voraussetzungen sind, um mit Ende 70 einmal um die Welt zu fahren – kreuz und quer durch mehr als 40 Länder. Mit einem Auto, das noch einmal sieben Jahre älter ist als seine Fahrerin. Jetzt sind beide zurück in Deutschland. Gestern machte Hetzer Station im Revier.

Langsam kommen sie die Rüttenscheider Straße hochgefahren. Heidi Hetzer und ihr Hudson, den sie liebevoll „Hudo“ nennt, auch wenn sie ihn so manches Mal verflucht hat in den letzten eineinhalb Jahren. Weil er nicht mehr weiter wollte. Ganz anders als sie. „Nicht zu bremsen“, beschreibt sie eine Freundin, die schon wartet in Essen. „Ein Wirbelwind“, sagt eine andere. Was beides nicht die schlechtesten Voraussetzungen sind, um mit Ende 70 einmal um die Welt zu fahren – kreuz und quer durch mehr als 40 Länder. Mit einem Auto, das noch einmal sieben Jahre älter ist als seine Fahrerin. Jetzt sind beide zurück in Deutschland. Gestern machte Hetzer Station im Revier.

Kameras klicken, Hände werden geschüttelt, Schultern lachend geklopft. Hetzer trägt türkis-gelbe Brille zu schwarzer Sweat-Shirt-Jacke und Jeans. An der Schulter baumelt ihr Markenzeichen – eine Handtasche in Autoform. „Nein“, wird sie später sagen, „ich weiß auch nicht, wo ich den Elan hernehme. Vielleicht weil ich als Frau in meinem Job immer viel kämpfen musste.“ 45 Jahre ist sie Chefin eines der größten Berliner Opel-Autohäuser. „Da brauchst du Kraft.“ 2013 verkauft sie das Unternehmen, aber nur „auf dem Sofa zu sitzen“, das ist nichts für sie.

Stattdessen beschließt sie, um die Welt zu fahren, so wie einst Clärenore Stinnes in den 1920ern. Bei manch anderer hätte man gelacht, nicht aber bei Heidi Hetzer. Seit einem halben Jahrhundert nimmt sie an Rennen wie der Rallye Monte Carlo oder der Panama-Alaska-Rallye teil, hört, ob ein Motor rund läuft, kann manche Reparatur selber erledigen. „Sie hat Benzin im Blut“, weiß Claudio Schlegtendal, Chirurg am Essener St. Josefs Krankenhaus und einer ihrer ältesten und engsten Freunde.

Im Juli 2014 bricht sie auf. 66 000 Kilometer hat der Hudson „Great Eight“, Baujahr 1930, da schon auf dem Tacho. Mittlerweile sind es rund 84 000 mehr. Durch Asien und Australien sind sie gefahren, haben Nord- und Südamerika bereist und weite Teile Afrikas. Bei glühender Hitze und mit begrenzten Benzin- und Wasservorräten geht es durch die namibische Wüste, wo kein Navi funktioniert und einem stundenlang kein anderes Auto entgegenkommt. „Ja“, sagt Hetzer, „da kann es unangenehm werden, wenn man an einer Kreuzung falsch abbiegt.“ Genau wie bei minus 21 Grad in den chinesischen Bergen, wo sie ein LKW eine Stunde immer im Kreis ziehen muss, bevor „Hudo“ anspringt. Ganz zu schweigen von Laos, das sie weitgehend mit nicht funktionstüchtigen Bremsen durchquert hat. „Bin ich halt langsamer gefahren.“

Mal parkt sie in Australien in pechschwarzer Nacht nur wenige Meter neben einer Steilküste, dann wieder muss sie in Südafrika wochenlang nach einem Mechaniker suchen, der einen größeren Schaden an ihrem Auto beheben kann. Der Mann, der ihr schließlich hilft, ist 82 Jahre alt. „Aber der kannte sich aus mit dem Hudson.“

Endlich wieder die Enkel sehen – geheimes Familientreffen im Harz

Doch nicht nur die Technik streikt manchmal, auch die Gesundheit macht Probleme. Anfang 2016 erkrankt Hetzer an Krebs. Aus Peru fliegt sie nach Essen, wo Schlegtendal sie zwei Mal operiert. Neun Tage nach der letzten OP ist sie zurück in Lima, setzt sich wieder hinter das Steuer. „Beeindruckend“, findet ihr Arzt bis heute.

Am 12. März will Heidi wieder in Berlin sein. Zuvor aber geht es noch zu Oldtimer-Clubs in Köln, Rüsselsheim und Bad Homburg. Und zu einem „geheimen Ort“ im Harz. „Familientreffen“, verrät sie nur und freut sich riesig, dass sie dabei endlich die Enkel trifft, die sie all die Monate nur als Fotos auf dem Armaturenbrett kleben hatte. „Den Jüngsten habe ich noch nie gesehen.“ Die letzte Nacht wird Hetzer in der Nähe der Hauptstadt übernachten. Und zwischen all den Stationen hat sie immer einen „zeitlichen Puffer“ eingeplant. „Falls Hudo nicht mehr kann.“

Sie kann noch. „Mir geht es gut, alles klar.“ Deshalb will sie auch im Sommer groß ihren 80. Geburtstag feiern. Dann aber soll es wieder losgehen. Von Ägypten nach Südafrika. „Die Strecke fehlt mir noch.“ Und ausruhen? Auf dem Sofa? Heidi winkt ab und lacht. „Das mache ich, wenn ich alt bin.“