Oscar für „Moonlight“ ist das Ende eines Hollywood-Märchens
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Los Angeles. Dass Barry Jenkins überhaupt „Moonlight“ drehen konnte, wäre schon Stoff genug für Hollywood. Nun holte der Film auch noch den Oscar.
Die Geschichte von Barry Jenkins ist eine der ungewöhnlichsten in dieser Oscar-Nacht: Ein 37-jähriger Afroamerikaner gewinnt mit seinem zweiten Film die Herzen Hollywoods, weil er mit schmalem Budget tolle Bilder für eine poetische Geschichte über die Einsamkeit findet.
„Moonlight“, mit dem Oscar in der Königskategorie Bester Film ausgezeichnet, erzählt in mehreren Etappen vom Heranwachsen eines schwulen Schwarzen in der Drogenszene Miamis. Die Mutter ist alkoholkrank, und lange ist niemand in Sicht, dem sich dieser Chiron anvertrauen kann. Obwohl sich das schwermütig liest, fühlt sich der Film dank exzellenter Schauspieler und einer poetischen Grundstimmung in tollen Cinemascope-Bildern nie düster an.
Jenkins’ Mutter hat Angst vor emotionaler Wucht des Films
Der 37-jährige Jenkins erzählte im Interview des „Hollywood Reporter“, dass er selbst nie an der Geschichte gezweifelt habe – dafür sei sie zu eng mit seiner eigenen Jugend verknüpft. „Es war wie eine extrem anstrengende Therapie. Für mich ist das nicht nur ein Film gewesen.“
Jenkins’ Mutter, die ihre Alkoholsucht inzwischen im Griff hat, wollte den Film aus Angst vor dessen emotionaler Wucht nicht sehen. Sie hatte ihren Sohn im Liberty Square Viertel in Miami großgezogen, Ende der 30er Jahre eines der ersten sozialen Wohnungsbauprojekte für Schwarze im Süden der USA.
Autor und Regisseur stammen aus denselben Verhältnissen
Auch der Autor Tarell Alvin McCraney wuchs dort auf. Er begann im Jahr 2003 nach dem Tod seiner Mutter, ein Drehbuch über seine Kindheit zu schreiben. McCraney und Jenkins waren sich noch nicht begegnet, aber der Regisseur hörte davon.
Sein erster Spielfilm „Medicine for Melancholy“ war ein kleiner Festivalhit, zwei weitere Projekte scheiterten aber. Er entschied sich für „Moonlight“ als nächstes Projekt. Das Problem: Inzwischen waren Jahre vergangen, und McCraneys Karriere als Theaterschreiber hatte bereits abgehoben.
Auch das Drehbuch bekam einen Oscar
McCraney gab Jenkins deshalb die Erlaubnis, sich selbst an einem Drehbuch zu versuchen. Der fuhr daraufhin für die erste Version nach Brüssel – der Rest ist nun Hollywood-Geschichte, denn auch für das Drehbuch wurden beide mit einem Oscar belohnt.
Warum aber ausgerechnet Belgien? Auch das beantwortete Jenkins dem „Hollywood Reporter“: „Meine Freunde haben mir gesagt, dass Brüssel im Sommer der langweiligste Ort in ganz Europa sei und ich dort keinerlei Ablenkung hätte.“
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