Berlin. . Jochen Busse, mittlerweile 75 Jahre alt, denkt gerne an die Zeit zurück, als er zehn Jahre alt war: wie er oberhalb der Synagoge in Essen sitzt und auf die Stadt herabblickt. „Mein Vater hatte einen Kundenstamm in Essen, und so sind wir von Iserlohn da oft zusammen hin.“ Für ihn bedeutete das: Zeit, das Lebensgefühl der Stadt zu beobachten. „Ich habe das auch Jahre später gemacht, wenn ich mit der Lach- und Schießgesellschaft in Essen war. Außerdem leben mein Sohn und meine dritte Frau noch in der Stadt.“ In diesen drei ersten Sätzen, die Busse in den ersten fünf Minuten des Treffens sagt, stecken bereits die großen Dramen seines Lebens drin: Sein Vater, ein Fabrikant, der seinen Sohn schlug und trotzdem bis heute prägt, seine vier Ehen, die das Leben sicher nicht einfacher machten, und die Arbeit als Komiker, die bei ihm immer „Lachen“ und „Schießen“ miteinander vereint.

Jochen Busse, mittlerweile 75 Jahre alt, denkt gerne an die Zeit zurück, als er zehn Jahre alt war: wie er oberhalb der Synagoge in Essen sitzt und auf die Stadt herabblickt. „Mein Vater hatte einen Kundenstamm in Essen, und so sind wir von Iserlohn da oft zusammen hin.“ Für ihn bedeutete das: Zeit, das Lebensgefühl der Stadt zu beobachten. „Ich habe das auch Jahre später gemacht, wenn ich mit der Lach- und Schießgesellschaft in Essen war. Außerdem leben mein Sohn und meine dritte Frau noch in der Stadt.“ In diesen drei ersten Sätzen, die Busse in den ersten fünf Minuten des Treffens sagt, stecken bereits die großen Dramen seines Lebens drin: Sein Vater, ein Fabrikant, der seinen Sohn schlug und trotzdem bis heute prägt, seine vier Ehen, die das Leben sicher nicht einfacher machten, und die Arbeit als Komiker, die bei ihm immer „Lachen“ und „Schießen“ miteinander vereint.

Jochen Busse behauptet trotzdem gleich im ersten Kapitel seiner soeben erschienenen Biografie: „In meinem Leben haben sich keine Dramen abgespielt.“ Das meint er genau so: Selbst das größte Drama der Nation, die Leiden der Kriegs- und Nachkriegsjahre, finden bei ihm nur in einem Satz Platz: „Nach ein paar lächerlichen Hungerjahren ist es mit mir stetig aufwärtsgegangen.“

Wer sich also mit dem Leben dieses Mannes beschäftigt, hat dabei die Gelegenheit, sehr viel über die eigene Leidensfähigkeit zu lernen. Denn es ist ein Wort, das Busse gern allem voranstellen würde: Dankbarkeit, dass er das alles erlebt hat: Seine ersten Versuche als Schauspieler ausgerechnet in Hongkong, die irre Zeit als Sexfilmchendarsteller, die Zeit mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger und später „7 Tage, 7 Köpfe“. Und dann, vor zehn Jahren, als der offizielle Ruhestand beginnen konnte, ist Jochen Busse so weit zu sagen: „Wenn ich jemals wieder arbeite, dann mache ich nur noch Herzensangelegenheiten.“ Wer kann das schon von sich behaupten?

Inzwischen lebt Busse im Berliner Westend, einer Gegend mit Botschaftsresidenzen und kleinen Stadtvillen. Im dortigen „Café Thiel“ erkennt man ihn sofort als Stammgast. Er bestellt eine „Tarte“ – müsste er gar nicht, denn die Kellner wissen bereits, was Busse möchte. Gab es denn niemanden, dem er verzeihen musste? Jochen Busse schüttelt den Kopf, weil er nicht glauben kann, dass Menschen dieses fast buddhistische Lebensgefühl nicht begreifen: „Ach Gott“, sagt er, „die, die mich geärgert haben, die sind doch alle längst nicht mehr.“ Er halte es daher mit einem alten chinesischen Sprichwort: „Setze dich an den Fluss, und du wirst deine Feinde vorüberschwimmen sehen.“ Mit Buddha gesagt: „Das geht auch vorbei.“

In der Tat hat das Fernöstliche inzwischen viel Platz im Leben von Jochen Busse. Er achtet viel mehr auf die kleinen Signale als früher. Er macht regelmäßig Yoga, er kleidet sich immer so, dass er auf eine Bühne gehen könnte, er trinkt in Maßen und zwischen Januar und März seit Jahrzehnten gar nicht mehr. „Ein Schauspieler hat immer mit seiner Existenz zu tun, jeden Tag.“ Er meint, dass man immer wieder als ganzer Mensch auftritt, auf die Bühne, vor die Kamera, aber auch im normalen Leben. „Diese Trennung zwischen dem Privaten und Beruflichen, die gibt es fast nicht.“ Das führe leider auch zu einer permanenten Anspannung und einem Zweifel: „Bin ich noch interessant?“, frage er sich oft. „Lachen die noch? Werde ich gebraucht?“ Abdul, sein Yoga-Lehrer, bringe ihn dann gut herunter.

Sein aktuelles Bühnenprogramm heißt „Der Pantoffel-Panther“

Und sein neues Buch, da kann man sicher sein, hilft auch dabei. Es hat den lapidar klingenden Titel „Wo wir gerade von belegten Brötchen reden“ und spielt damit auf seine am häufigsten gebrauchte Überleitung an. Sie passe eigentlich nie, genau wie: „Wo Sie gerade Ihre Frau erwähnen …“, aber sie löst immer einen Lacher aus. Er erzählt von Abenden, die er nur mit Schmerzmitteln auf der Bühne überstanden hat, von seinem Vater, der noch auf dem Totenbett über die Berufswahl des Sohnes schimpfte. Aber zwischendrin sind immer wieder die Passagen, bei denen man merkt, da ist ein Mensch am Werk gewesen, der das Leben mit „heißem Herzen“ anpackt. Noch immer, denn er tritt noch heute mit neuen Programmen auf, wie aktuell als „Pantoffel-Panther“.

Doch selbst, wenn ihn dann die Presse lobt, da bleibt bei Busse eine Rest-Skepsis. Bin ich gut genug? Die gute Nachricht ist also, dass dieses Verlangen nach der einen großen Bestätigung ihn weitertreiben wird, und wir dabei zusehen können, wie dieser Mann die ultimative Komödie sucht, die das Lachen wie das Weinen gleichzeitig möglich macht. Es soll ihm bloß keiner sagen, dass er sie eigentlich schon längst gefunden hat, die Antwort auf seine Frage aller Fragen.