München. Der Münchner "U-Bahn-Schubser" muss ins Gefängnis: Für seinen Angriff auf ein 13-jähriges Mädchen hat der Rentner Ludwig D. eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten erhalten. Der Mann habe sich aggressiv und selbstgerecht verhalten.

Für seinen Angriff auf ein 13-jähriges Mädchen hat der Rentner Ludwig D. am Mittwoch eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten erhalten. Das Landgericht München wertete es als gefährliche Körperverletzung, dass er die Schülerin im Juni 2008 seitlich gegen eine einfahrende U-Bahn gestoßen hatte. Die Strafkammer bescheinigte ihm aggressives und selbstgerechtes Verhalten. Die Staatsanwaltschaft hatte auf versuchten Mord und fünf Jahre Haft plädiert.

Das Opfer hatte Glück: Das Mädchen geriet durch den Rempler zwar zwischen zwei Waggons, wurde aber zurück auf den Bahnsteig geschleudert und überlebte die Attacke mit Prellungen. D. nahm das Urteil ohne erkennbare Regungen auf. Im Verlauf des Prozesses war er mehrmals in Tränen ausgebrochen. Der 70-Jährige hatte die Tat gestanden, aber beteuert, er habe sich bedrängt gefühlt und sich aus Angst heraus Platz verschafft.

«Das war kein Schubser, sondern ein Stoß.»

Die Strafkammer glaubte ihm nicht. Das Opfer habe ihm keinen Anlass für die Tat gegeben, betonte der Richter. D. sei bereits über die Kinder verärgert gewesen, die im U-Bahnhof spielten und habe die 13-Jährige geschubst, weil er sich darüber geärgert habe, dass sie auf dem Sicherheitsstreifen gelaufen sei. Der Angeklagte sei sehr auf die Einhaltung von Normen bedacht und fordere dies in einer selbstgerechten Art auch von anderen ein, sagte der Richter.

Auch sei das Verhalten des Rentners keine Abwehrbewegung gewesen. Er sei auf das Mädchen zugegangen, nicht umgekehrt. «Das war kein Schubser, sondern ein Stoß», sagte der Vorsitzende Richter. Dass nicht mehr passiert sei, sei reines Glück. Nur eine Zehntelsekunde später wäre die 13-Jährige nicht auf den Bahnsteig zurückgeprallt, sondern von der U-Bahn überrollt worden.

Gericht sieht keinen Tötungsvorsatz

Das Gericht verurteilte D. dennoch nicht, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, wegen versuchten Mordes. Er habe sich spontan zur Tat entschlossen. In diesem Moment sei ihm nicht bewusst gewesen, dass durch seinen Stoß das Mädchen in Todesgefahr geriete. Deswegen sei von keinem Tötungsvorsatz auszugehen, entschieden die Richter. Eine U-Bahn sei nicht überall gleich gefährlich, und der Rentner habe das Mädchen gegen die Seite geschubst und nicht vor die Bahn. Allerdings handele es sich um einen Grenzfall, sagte der Richter.

Der Strafrahmen liegt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Die Richter hielten dem U-Bahn-Schubser unter anderem zugute, dass er sich frühzeitig bei seinem Opfer entschuldigt und sich mit 10.000 Euro um Wiedergutmachung bemüht habe. Das Opfer hatte die Entschuldigung angenommen. Direkt nach der Tat hatte der Rentner sich noch mit den Worten «selber Schuld» in die U-Bahn gesetzt und war davongefahren.

Verteidiger Peter Guttmann zeigte sich mit dem Urteil weitgehend zufrieden, obwohl er auf eine Bewährungsstrafe gehofft hatte. Er müsse sich noch mit seinem Klienten besprechen, vermutlich werde man das Urteil aber akzeptieren. Staatsanwalt Laurent Lafleur wollte die Entscheidung des Gerichts dagegen noch nicht kommentieren.

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