Brüssel. Imker beklagen immer häufiger die außergewöhnlich hohen Völkerverluste bei den Bienen. Europas Bauern bangen besonders um ihre Ernteerträge. Das EU-Parlament verschärft die Zulassung von Pestiziden.
In Europa wächst die Sorge um eines der wichtigsten Nutztiere – die Biene. Immer häufiger kommt es in einzelnen Regionen Europas zu dramatischen Bienensterben. So waren im vergangenen Jahr Slowenien und Süddeutschland besonders betroffen. In Kroatien gab es ebenfalls alarmierende Einbußen. Dort sei der Bestand binnen 48 Stunden um fünf Millionen Bienen geschrumpft, beklagt der konservative Agrarexperte im EU-Parlament, Neil Parish.
Eine jetzt veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern, Imkern, Bauern und Pflanzenschutzherstellern spricht von „auffälligen jährlichen und regionalen Schwankungen, bei denen durchaus auch höhere Verluste zu verzeichnen waren.“
Zwar sind Imker in gewissem Umfang „Überwinterungsverluste“ gewohnt. Wenn allerdings mehr als zehn Prozent der Völker nicht durch die kalte Jahreszeit kommen, werde es „kritisch“, meint die Sprecherin des Deutschen Imkerbunds, Petra Friedrich. Die aktuelle Deutschland-Studie zeigt, dass zwar erfreulicherweise ein Drittel der Bienenzüchter jahrelang überhaupt keine Verluste gemeldet hat. Andererseits berichtet jede elfte Imkerei, im Schnitt mehr als 30 Prozent ihrer Völker verloren zu haben.
Ursachen für das Bienensterben
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Die Gründe dafür sind vielfältig. Das Braunschweiger Julius-Kühn-Institut warnt vor einseitiger Schuldzuweisung an Pestizidhersteller. Die Wissenschaftler kamen im Vorjahr zwar bei Untersuchungen des Bienensterbens in Baden-Württemberg zum Ergebnis, dass dafür eine bei der Maisaussaat in die Luft gewirbelte Beize des Pflanzenschutz-Wirkstoffs Clothianidin verantwortlich zu machen ist. Sie halten es aber für ungerechtfertigt, wenn Völkerverluste „pauschal dem Einfluss von Pflanzenschutzmaßnahmen zugeschrieben werden“. Auch die jüngste Untersuchung, an der große Chemiekonzerne mitgearbeitet haben, äußert sich vorsichtig. Man sei auf keine Wirkstoffe gestoßen, „die direkte bienenschädliche Effekte erwarten lassen“. Allerdings gebe es „ein erhebliches Grundrauschen an Pflanzenschutzmittel-Rückständen“, dessen Folgen „ungeklärt“ sei. Gemeint ist damit die große Zahl von Fungiziden und Herbiziden, die – wenngleich in geringer Dosis – in eingelagerten Blütenpollen (Bienenbrot) nachgewiesen werden können.
Europas Bauern schlagen längst Alarm. Die europäische Bauenlobby Copa Cogeca erkennt „dringenden Handlungsbedarf“. Die Landwirte erinnern daran, dass 75 Prozent der Nutzpflanzen für die Ernährung „von der Aktivität von Bestäuberinsekten“ abhängen.
"Durchbruch" für den Bienenschutz
Auch das Europäische Parlament dringt auf Gegenmaßnahmen. „Albert Einstein hat einmal vorausgesagt, dass die Menschen nur noch vier Jahre zu leben haben, falls die Bienen von der Erde verschwinden“, mahnt der EU-Abgeordnete Parish. In einer Entschließung hat das Parlament die EU-Kommission aufgefordert, endlich in die Puschen zu kommen. Konkret verlangen die Abgeordneten etwa die Förderung ökologischer Ausgleichsflächen, damit dort Bienenweide, Borretsch oder Weißklee wachsen können. Einen ersten Erfolg können die Abgeordneten verbuchen. Nächste Woche wird eine Verordnung verabschiedet, die eine Zulassung von Pflanzenschutzmitteln davon abhängig macht, dass von ihnen „keine inakzeptablen akuten oder chronischen Auswirkungen auf die Entwicklung und das Überleben von Honigbienen-Kolonien“ ausgehen. Die für das Dossier federführende Grünen-Abgeordnete Hiltrud Breyer sieht darin einen „Durchbruch“ für den Bienenschutz.