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Der Mann hat sich Zeit gelassen. Lange tingelte Sebastian Pufpaff (40) durch die deutsche Provinz, meistens trat er vor leeren Sälen auf. Erst als er 2010 beim Kabarett-Wettbewerb Prix Pantheon ausgezeichnet wurde, nahm seine Karriere Fahrt auf. Heute füllt der Bonner große Hallen und ist ein gefragter Welterklärer – so diskutierte er am Wahlabend in Markus Lanz’ Talkshow über die politische Stimmung in den USA. Seit anderthalb Jahren gehört er zum Ensemble der ZDF-„heute-show“. Die Kunstform Kabarett, warnt er, sterbe aus, wenn sie nicht jugendgerechter werde. Mit Sebastian Pufpaff sprach Jonas Erlenkämper.
Herr Pufpaff, ich erreiche Sie gerade am Flughafen. Werden Sie ohne Ihr Markenzeichen – die gegelten Haare und den schwarzen Anzug – eigentlich erkannt?
Pufpaff: Höchstens an der Stimme. Ich sitze hier in Pullover und Jeans und mit meiner normalen Plätschfrisur. So kann ich mich ganz unbehelligt bewegen, auch wenn ich mit meiner Frau und meinen Kindern in der Stadt unterwegs bin. Den strengen Scheitel und den Anzug trage ich nur auf der Bühne. Mein Vorbild ist der amerikanische Entertainer Dean Martin, der war auch immer ordentlich angezogen. Sein Motto war: Ein Bühnenkünstler sollte immer besser angezogen sein als seine Zuschauer – die bezahlen schließlich viel Geld für so einen Abend. Mit dem Anzug bezeuge ich dem Publikum Respekt.
Heute um 23.30 Uhr beginnt die neue Staffel Ihrer Kabarett-WG-Show „3. Stock links“. Bislang waren die Quoten eher schwach. Hat es Sie überrascht, dass die ARD mit Ihnen weitermachen will?
Die ARD vertraut uns, weil meine Kollegen Hannes Ringlstetter, Maike Kühl und ich solo alle recht erfolgreich sind. Man darf auch nicht vergessen, wann wir senden: Wir hatten 870 000 Zuschauer zu einer Uhrzeit, wo die meisten Menschen schon im Bett liegen. In der neuen Staffel werden wir einiges ändern – wir werden viel sitcomhafter. Frisches Kabarett, das die Leute bei den Themen abholt, die sie interessieren – bis auf „Die Anstalt“ im ZDF gibt es das gar nicht im Fernsehen.
Die Sendung lebt vom Zusammenspiel der drei Darsteller: Der Arbeitslose, die Politikerin und Sie als Humorist. Hat klassisches Kabarett überhaupt eine Zukunft?
Es bedarf zumindest einer Reform. Wenn Kabarett relevant bleiben will, können wir nicht nur die Generation 65 plus ansprechen. Dieses klassische Kabarett von früher gibt es kaum noch. Was „Die Anstalt“, die „heute-show“ oder wir machen, ist eine ganz andere Form als der alte „Scheibenwischer“. Die einzige klassische Kabarettsendung sind die „Mitternachtsspitzen“ im WDR. Die sind nicht besser oder schlechter als wir, die Zielgruppe ist nur älter.
Sie haben Ihre Fernsehkarriere bei RTL begonnen. Das ist ein ungewöhnlicher Werdegang . . .
Mit 25 habe ich als Redaktionsassistent in der Nachrichtenredaktion von Peter Kloeppel angefangen – am 11. September 2001. Als die Flugzeuge ins New Yorker World Trade Center flogen, habe ich gleich mitbekommen, wie die Maschinerie Fernsehjournalismus ins Rollen kam. Ich sollte das Bildmaterial sichten und Peter Kloeppel zuarbeiten. Als ich die ersten Bilder sah, dachte ich: krass, krass, krass! Ich war Teil einer Lawine. RTL hat den ganzen Tag live gesendet. Irgendwann realisierte ich, dass Kloeppel gar keine Informationen mehr hatte. Da ging es nur noch um den Livemoment.
Hat dieser Tag Sie geprägt?
Ich habe Hochachtung davor, wie professionell die Redaktion auf dieses Ereignis reagiert hat. An dem Tag musste ich viele Bilder anschauen. Auch solche, die nicht im Fernsehen gezeigt wurden. Es ging um konkrete moralische Fragen. Zum Beispiel, ob wir zeigen sollen, wie ein Mensch aus dem brennenden Hochhaus springt. Ich habe selten so viel gelernt wie an diesem Tag.
Die Nachrichtenredaktion war nicht Ihre letzte RTL-Station.
Nein, 2004 habe ich als Produktmoderator beim „RTL Shop“ angefangen, um damit die Studiengebühren zu bezahlen. Nach anderthalb Jahren wurde ich rausgeworfen: Der Sender sei ein Teleshoppingkanal und keine Comedyshow. Ich habe das aber gut verkraftet. Eigentlich wollte ich etwas ganz anderes machen. Trotzdem war das Verkaufsfernsehen eine gute Schule: Dort habe ich gelernt, mich vor der Kamera zu bewegen. Immerhin hatte ich mehr Liveauftritte als Thomas Gottschalk.