Köln. Seit seinem tränenreichen TV-Abschied ist Moderator Stefan Raab abgetaucht. Sein Vermächtnis sind seine Ziehkinder. Nun wird Raab 50.
Zehn Monate ist es her, dass Stefan Raab vor laufender Kamera die Tränen kamen. Es war im Dezember 2015, die letzten Augenblicke von „TV Total“. Mit feuchten Augen winkte Raab dem Studiopublikum zu, man sah ihm an, dass er mit sich kämpfen musste, um nicht völlig die Kontrolle zu verlieren. Seitdem hat der Mann, der am Donnerstag 50 Jahre alt wird, kein öffentliches Wort mehr gesagt. Wie geht es weiter mit Raab?
Der gelernte Metzger aus Köln-Sülz hält sich im Fernsehruhestand mehr denn je an sein Credo, nichts Privates preiszugeben. Er hat zwei Töchter, geboren 2004 und 2006. Hin und wieder sieht man ihn im Stadion des 1. FC Köln. Von seinem Management ist zu erfahren, dass er froh ist, nicht mehr moderieren zu müssen: „Derzeit genießt er seine Auszeit. Was er vorhat, steht in den Sternen.“
Mit Lindenberg auf der Bühne – wortlos
Raab selbst lehnt Interviewwünsche ab. Im Juni stand er bei einem Konzert mit Udo Lindenberg auf der Bühne, spielte Schlagzeug, genoss den Applaus, sagte aber kein Wort. Den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest (ESC) produziert zwar die Firma Raab TV. Konzeptionell sei er jedoch nicht beteiligt, beteuert Raabs Sprecherin.
Dennoch prägt Stefan Raab weiter die Programme. Vor allem durch seine Entdeckungen: Sängerin Lena Meyer-Landrut, mit der Raab 2010 den ESC gewann, wird beim Vorentscheid am 9. Februar die Auftritte der Kandidaten kommentieren. Ziehsohn Elton, den er als ewigen Praktikanten 2001 erstmals auf die „TV Total“-Bühne holte, arbeitet heute auch bei den Öffentlich-Rechtlichen und moderiert bei ProSieben „Schlag den Star“. Diese Show hatte Raab erfunden, als kaum noch jemand an die große Familienunterhaltung nach „Wetten, dass..?“-Manier am Samstagabend glaubte.
Raab ist ein TV-Genie, aber nicht immer brillant
Raab ist ein TV-Genie, ein ewig Ehrgeiziger. 1993 wurde er eher zufällig vom Musiksender Viva entdeckt und erregte mit „Vivasion“ schnell Aufmerksamkeit. „Anfangs habe ich auch ein bisschen auf die Kacke gehauen“, sagte Raab einst über seine häufigen Provokationen. Ein Höhepunkt seiner Karriere: die Co-Moderation des Kanzlerduells 2013, bei dem der vermeintliche Quatschmacher als seriöser Fragensteller glänzte.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Raab war längst nicht immer brillant. In seiner Late-Night-Show „TV Total“, die er seit 1999 moderiert hatte, wirkte er in den letzten Jahren gelangweilt. „Ein lieblos produziertes Stück Fernsehschrott“ sei die Sendung, urteilte „Spiegel Online“ 2015.
Was Raab im Moment tut, weiß niemand so genau
Als Raab seinen Abschied vom Fernsehen verkündete, staunte das Publikum. Dabei hatte er das schon vor 20 Jahren angedeutet. Er wolle „nicht im Fernsehen alt werden“, sagte er damals – geglaubt hat es ihm kaum jemand. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. „Stefan Raab war ein Unikum in der Moderatorenlandschaft und ist nicht so ohne Weiteres ersetzbar“, sagt die Medienwissenschaftlerin Joan-Kristin Bleicher von der Uni Hamburg.
Was Raab im Moment tut, weiß niemand so genau. Vielleicht lebt er seinen Ehrgeiz nun anders aus. 1999 schrieb er in der „Zeit“, er wolle für ein paar Jahre mit einem großen Katamaran um die Welt segeln. Zeit hätte er ja jetzt.