Madrid. .
Auf Mallorca blüht nicht nur das Urlaubsgeschäft, sondern auch der Sextourismus. An den touristischen Vergnügungsmeilen – der bei Deutschen beliebten Hochburg Playa de Palma und dem gern von Briten besuchten Sündenort Magaluf – konkurrieren immer mehr Sexklubs, inoffizielle Bordelle in Appartements, Escort-Services und Straßenprostituierte um Kunden.
Die Inselpolitiker haben bisher wenig Handhabe gefunden, um das unerwünschte Gewerbe, das dem Ruf der Insel gar nicht guttut, unter Kontrolle zu bekommen. Anwohner protestieren gegen den sich ausbreitenden „Schmuddeltourismus“. Ein Sittengesetz, mit dem man die Freier in Palma verfolgen wollte, wurde erlassen – und von einem Gericht wieder aufgehoben. Am Strand Magalufs wurden Flutlichtscheinwerfer installiert, um sexuelle Akte in der Nacht zu unterbinden. Mallorcas Regierung und Hoteliers werben für „mehr Qualitätstourismus“ – geholfen hat dies nicht viel.
Stattdessen machen Negativschlagzeilen die Runde: Prostituierte bestehlen immer wieder Freier. Der frühere deutsche Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth wartet auf Mallorca auf seine Anklage, weil er nach Erkenntnissen der Polizei auf der Ferieninsel mit unlauteren Methoden im lukrativen Prostitutionsgeschäft mitmischen wollte. Gegen mehrere Polizisten und frühere Kommunalpolitiker wird wegen ähnlicher Vorwürfe ermittelt. Die Kripo berichtet über Zuhälterringe, die Immigrantinnen unter sklavenähnlichen Bedingungen ausbeuten.
„Es gibt reichlich Unterhaltungsangebote für Erwachsene auf Mallorca. Du musst nicht lange danach suchen“, schreibt derweil ein Szene-Reiseführer über die Insel. Und über das ganze spanische Königreich heißt es euphorisch: „Spanien ist auf dem Wege, eines der populärsten Reiseziele der Welt für Sextouristen zu werden.“ Eine Tendenz, die von Soziologen der Madrider Universität Comillas bestätigt wird. Die Forscher warnen, dass Spanien – wenn man nicht gegensteuere – „zum Thailand Europas“ werden könne.
Straßenhuren sollen aus der Innenstadt verbannt werden
Allein in Mallorcas Inselhauptstadt Palma haben Behörden und Sozialdienste rund 2000 Prostituierte registriert. Inklusive Dunkelziffer dürfte die Zahl der Sexarbeiterinnen auf der Insel ein Vielfaches davon betragen. Im ganzen Königreich bieten nach Schätzungen bis zu 600 000 Prostituierte, die in Spanien „putas“ genannt werden, ihre Dienste an. Ein Zweig, der zu einem wichtigen Faktor der spanischen Schattenwirtschaft geworden ist. Nach Berechnungen des Statistikamtes stellt das horizontale Gewerbe bereits 0,35 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung. Zudem sorgen ziemlich nackte Tatsachen an Spaniens Landstraßen öfter für Unfälle, weil leicht bekleidete Prostituierte dort die Verkehrssicherheit gefährden. Manche Fernstraßen gleichen eher einem Rotlichtbezirk als einer Verkehrsverbindung. Besonders in der Umgebung der Urlaubshochburgen an der Küste ist das Sexgeschäft außer Kontrolle geraten.
Auch versuchen einige spanische Städte, die Straßenhuren aus den Innenstädten zu verdrängen. Mit dem Ergebnis, dass die Sexarbeiterinnen nun die abseits liegenden Gewerbegebiete bevölkern, wo sie möglicher Gewalt noch schutzloser ausgeliefert sind.
Die Blüte der Sexgeschäfte ist aber nicht nur dem stark wachsenden Tourismus geschuldet. Auch die männliche Bevölkerung des Landes greift gerne auf die Dienste der Prostituierten zurück: In einer neuen staatlichen Umfrage bekannten rund 20 Prozent aller spanischen Männer, dass sie im vergangenen Jahr für sexuelle Dienste bezahlt haben.