Miami/Port-au-Prince. In den USA löst Hurrikan „Matthew“ schwere Überflutungen aus. Elf Menschen starben. In Haiti sind die Folgen wesentlich dramatischer.

Hurrikan „Matthew“ hat an der Südostküste der USA schwere Schäden angerichtet, die befürchtete Katastrophe ist aber ausgeblieben. Mindestens elf Menschen starben. In Georgia, South Carolina und North Carolina kam es zu Überschwemmungen und starkem Regen. Bäume knickten um, Straßen waren unpassierbar.

In Haiti stellt sich die Lage wesentlich dramatischer dar. Dort kamen den Angaben lokaler Behörden zufolge mindestens 877 Menschen ums Leben. Mehr als 60.000 Menschen suchten Schutz in Notunterkünften.

Hunderte Tote in Haiti nach Hurrikan Matthew

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    Mehr als zwei Millionen Haushalte ohne Strom

    Am Samstag traf der Hurrikan an der US-Ostküste erstmals direkt auf Land. Das Zentrum des Sturmes lag im Bundesstaat South Carolina etwa 55 Kilometer nordöstlich von Charleston vollständig über dem Küstengebiet. Auf seinem bisherigen Zug entlang Florida und Georgia hatte „Matthew“ nur mit dem Rand seines Auges Land gestreift – was allerdings kaum einen Unterschied bei den Auswirkungen des Sturmes macht.

    Zwar schwächte sich „Matthew“ am Samstag zu einem Hurrikan der Kategorie 1 ab, mit Windgeschwindigkeiten von 120 Stundenkilometern war er immer noch mächtig genug, hohe Flutwellen an Land zu peitschen. Hinzu kamen schwere Regenfälle. Mehr als zwei Millionen Haushalte waren zeitweise ohne Strom.

    Hurrikan „Matthew“ wütet in der Karibik

    Hurrikan „Matthew“ fegte über die Karibik hinweg. Zerstörte Häuser, entwurzelte Bäume und Überschwemmungen waren die Folge – Hunderte Menschen starben.
    Hurrikan „Matthew“ fegte über die Karibik hinweg. Zerstörte Häuser, entwurzelte Bäume und Überschwemmungen waren die Folge – Hunderte Menschen starben. © REUTERS
    In Playa Gelee, Haiti, hat der Hurrikan schwere Verwüstungen angerichtet.
    In Playa Gelee, Haiti, hat der Hurrikan schwere Verwüstungen angerichtet. © dpa
    Der Wirbelsturm drückte die Wassermassen über die Mauern an der Küste von Charleston, South Carolina.
    Der Wirbelsturm drückte die Wassermassen über die Mauern an der Küste von Charleston, South Carolina. © REUTERS
    An einer Tankstelle in Daytona Beach, Florida, hat der Hurrikan für schwere Schäden gesorgt.
    An einer Tankstelle in Daytona Beach, Florida, hat der Hurrikan für schwere Schäden gesorgt. © dpa
    In der Stadt ist auch eine Shopping-Mall durch den schweren Sturm in Mitleidenschaft gezogen worden.
    In der Stadt ist auch eine Shopping-Mall durch den schweren Sturm in Mitleidenschaft gezogen worden. © dpa
    Der Sturm zerrte an Bäumen in Les Cayes, Haiti.
    Der Sturm zerrte an Bäumen in Les Cayes, Haiti. © REUTERS
    In Les Cayes versuchten die Menschen, sich in Sicherheit zu bringen.
    In Les Cayes versuchten die Menschen, sich in Sicherheit zu bringen. © REUTERS
    Starke Überschwemmungen erschwerten die Evakuierungen, hier in Grand Goave, Haiti.
    Starke Überschwemmungen erschwerten die Evakuierungen, hier in Grand Goave, Haiti. © dpa
    „Matthew“ zerstörte nicht nur Häuser in Haiti, auch ganze Brücken kollabierten im Sturm.
    „Matthew“ zerstörte nicht nur Häuser in Haiti, auch ganze Brücken kollabierten im Sturm. © REUTERS
    Schadensbegutachtung am Tag danach in Haiti.
    Schadensbegutachtung am Tag danach in Haiti. © REUTERS
    Überschwemmte Straßen in den Orten Grand Goave...
    Überschwemmte Straßen in den Orten Grand Goave... © dpa
    ...und Les Cayes.
    ...und Les Cayes. © REUTERS
    Von der Straße ist nichts mehr zu sehen, stattdessen fließt ein reißender Fluss durch Legane, Haiti.
    Von der Straße ist nichts mehr zu sehen, stattdessen fließt ein reißender Fluss durch Legane, Haiti. © dpa
    Kaum hatte sich der Sturm abgeschwächt, begannen die Reparaturen an den Häusern.
    Kaum hatte sich der Sturm abgeschwächt, begannen die Reparaturen an den Häusern. © REUTERS
    Bis die Häuser wieder bewohnbar sind, dürfte viel Zeit vergehen.
    Bis die Häuser wieder bewohnbar sind, dürfte viel Zeit vergehen. © REUTERS
    In Jeremie flüchteten die Menschen mit ihren Habseligkeiten. Haiti liegt wie die Dominikanische Republik auf der Insel Hispaniola.
    In Jeremie flüchteten die Menschen mit ihren Habseligkeiten. Haiti liegt wie die Dominikanische Republik auf der Insel Hispaniola. © REUTERS
    Auch über Kuba ist „Matthew“ hinweggezogen. Am Tag danach bot sich in Baracoa ein Bild der Zerstörung.
    Auch über Kuba ist „Matthew“ hinweggezogen. Am Tag danach bot sich in Baracoa ein Bild der Zerstörung. © dpa
    Aus Angst vor Plünderern kehrten die Menschen auf Kuba schnell aus den Notunterkünften in ihre Häuser zurück.
    Aus Angst vor Plünderern kehrten die Menschen auf Kuba schnell aus den Notunterkünften in ihre Häuser zurück. © REUTERS
    Hohe Wellen und starke Winde kündigten „Matthew“ an, hier in Baracao, Kuba.
    Hohe Wellen und starke Winde kündigten „Matthew“ an, hier in Baracao, Kuba. © dpa
    Nur ein paar hundert Kilometer von Kuba entfernt: Experten betrachten Radarbilder von „Matthew“ im National Hurricane Center in Miami, Florida.
    Nur ein paar hundert Kilometer von Kuba entfernt: Experten betrachten Radarbilder von „Matthew“ im National Hurricane Center in Miami, Florida. © dpa
    In South Carolina trafen die Menschen Vorkehrungen gegen den Wirbelsturm.
    In South Carolina trafen die Menschen Vorkehrungen gegen den Wirbelsturm. © REUTERS
    Die Menschen deckten sich mit Lebensmitteln ein, um sich auf den Sturm vorzubereiten, hier in Miami, Florida.
    Die Menschen deckten sich mit Lebensmitteln ein, um sich auf den Sturm vorzubereiten, hier in Miami, Florida. © dpa
    Leer gefegt sind die Getränkeregale in einem Supermarkt in South Daytona, Florida.
    Leer gefegt sind die Getränkeregale in einem Supermarkt in South Daytona, Florida. © REUTERS
    Auch an den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen.
    Auch an den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen. © dpa
    Staus auf den Autobahnen ins Inland, hier in South Carolina – rund eine Million Menschen wurden aufgerufen, von der Küste ins Landesinnere zu fahren.
    Staus auf den Autobahnen ins Inland, hier in South Carolina – rund eine Million Menschen wurden aufgerufen, von der Küste ins Landesinnere zu fahren. © dpa
    Stau auf der Autobahn aus Charleston in Richtung Westen.
    Stau auf der Autobahn aus Charleston in Richtung Westen. © REUTERS
    Menschen schlafen im Flur einer Schule, die als Notunterkunft genutzt wird, während der Hurrikan Richtung Melbourne, Florida, zieht.
    Menschen schlafen im Flur einer Schule, die als Notunterkunft genutzt wird, während der Hurrikan Richtung Melbourne, Florida, zieht. © REUTERS
    Am Freitag sind Ausläufer des Sturms auf Daytona Beach in Florida getroffen.
    Am Freitag sind Ausläufer des Sturms auf Daytona Beach in Florida getroffen. © REUTERS
    Auch in Port Fierce gab es erste Auswirkungen. Bäume wurden entwurzelt.
    Auch in Port Fierce gab es erste Auswirkungen. Bäume wurden entwurzelt. © dpa
    In dem Ort wurde auch eine Tankstelle in Mitleidenschaft gezogen als umherfliegende Teile die Zapfsäulen trafen.
    In dem Ort wurde auch eine Tankstelle in Mitleidenschaft gezogen als umherfliegende Teile die Zapfsäulen trafen. © dpa
    Die Warnungen in den USA gelten für insgesamt zwölf Millionen Menschen. Bewohner von Küstengebieten sind aufgerufen, sich ins Landesinnere zu begeben.
    Die Warnungen in den USA gelten für insgesamt zwölf Millionen Menschen. Bewohner von Küstengebieten sind aufgerufen, sich ins Landesinnere zu begeben. © dpa
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    Behörden verhängen Ausgangssperre

    Besonders schlimm traf es die traditionsreiche Stadt Charleston, die auch ein beliebtes Touristenziel ist. Hier hatten sich viele Straßen schon in Flüsse verwandelt, bevor „Matthew“ an der Stadt vorbeischrammte. Die Behörden verhängten eine Ausgangssperre.

    In der Nacht zu Sonntag sollte der Hurrikan North Carolina erreichen. Gouverneur Pat McCrory warnte vor den schlimmsten Überflutungen seit 1999.

    Umfassendste Evakuierung seit „Sandy“

    Ein überschwemmtes Viertel in Charleston, South Carolina.
    Ein überschwemmtes Viertel in Charleston, South Carolina. © REUTERS

    South Carolinas Gouverneurin Nikki Haley beschwor die Tausenden Menschen in Notunterkünften unterdessen, nicht vor Montag nach Hause zurückzukehren: „Es ist noch lange nicht vorbei.“

    Insgesamt waren in den vier Bundesstaaten mehr als zwei Millionen Menschen aufgerufen worden, sich in Sicherheit zu bringen – die umfassendste Zwangsevakuierung seit dem schweren Sturm „Sandy“ Ende 2012.

    Angst vor Ausbreitung des Zika-Virus’ in Florida

    In Florida hoffen die Behörden nach dem Auftreten des Zika-Virus’, dass die Überschwemmungen nicht die Zahl der Erkrankten ansteigen lassen. „Wir müssen so schnell wie möglich das stehende Wasser loswerden“, sagte Floridas Gouverneur Rick Scott. Der von Mücken übertragene Erreger soll bei Schwangeren schwere Missbildungen der Föten auslösen können.

    Auch wenn allein in dem bei Touristen beliebten US-Bundesstaat Florida mindestens fünf Menschen in Folge des Sturms umgekommen sind, zeigte sich Gouverneur Scott erleichtert, dass die Bilanz nicht noch verheerender ausgefallen ist. „Wir sind alle gesegnet, dass ,Matthew’ von unserer Küste ferngeblieben ist.“ Bis Sonntagabend sollten auch die meisten Haushalte wieder mit Strom versorgt sein.

    Mindestens 877 Tote in Haiti

    Die Zahl der Toten in Haiti ist nach Angaben lokaler Behörden unterdessen auf mindestens 877 gestiegen. Der Katastrophenschutz des Karibikstaates sprach am Samstag (Ortszeit) zunächst noch von 336 Toten. Die Zahl könne aber noch steigen, hieß es.

    Nach UN-Angaben sind mindestens 350.000 Menschen obdachlos und benötigen schnelle Hilfe. Haitis Übergangspräsident Jocelerme Privert bat um internationale Unterstützung bei den Aufbauarbeiten. Die Regierung kündigte eine dreitägige Staatstrauer an.

    Hilfsorganisationen sagen Soforthilfe zu

    Besonders dramatisch ist die Situation im Süden des Landes. Viele Ortschaften sind immer noch von der Außenwelt abgeschnitten und können nur aus der Luft erreicht werden. Viele Länder und Hilfsorganisationen sagten Soforthilfe zu und entsandten Rettungskräfte auf die bitterarme Karibikinsel.

    Von den Verwüstungen durch den Hurrikan sind laut dem UN-Büro für Humanitäre Hilfe (Ocha) etwa die Hälfte der elf Millionen Haitianer betroffen. Hinzu kommt, dass sich die Insel noch nicht von dem verheerenden Erdbeben vor sechs Jahren erholt hat. Rund 60.000 Menschen leben noch immer in Lagern. Ein Großteil der Zelte wurde von „Matthew“ zerstört.

    Unicef warnt vor Seuchen

    Zahlreiche Häuser wurden vor allem in der südlichen Küstenregion Haitis zerstört.
    Zahlreiche Häuser wurden vor allem in der südlichen Küstenregion Haitis zerstört. © REUTERS

    Viele Ortschaften stehen unter Wasser, Straßen sind unterspült. Allein im besonders stark betroffenen Department Sud seien 400 Menschen getötet worden, berichtete der Radiosender Metropole. In der südlichen Küstenregion sind laut UN-Umweltprogramm Unep 90 Prozent der Häuser zerstört oder schwer beschädigt.

    Das UN-Kinderhilfswerk Unicef warnte vor dem Ausbreiten von Seuchen, weil Zehntausende keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. Landesweit wurden bereits mehrere Cholerafälle gemeldet.

    Auswärtiges Amt gibt 600.000 Euro frei

    Haitis Übergangspräsident Privert bat um internationale Hilfe. Das Auswärtige Amt in Berlin gab 600.000 Euro als Soforthilfe frei. Mit dem Geld sollen deutsche Hilfsorganisationen bei der Versorgung der Menschen mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln unterstützt werden. Die EU sagte zusätzlich 1,5 Millionen Euro zu.

    Nach US-Militärangaben ist ein Marineschiff mit Rettungs- und Wiederaufbauspezialisten auf dem Weg nach Haiti. An Bord sind 300 Marineinfanteristen sowie Transporthubschrauber.

    Bis zu 80 Prozent der Ernte zerstört

    Zahlreiche Hilfsorganisationen haben bereits mit der Verteilung von Lebensmitteln und sauberem Trinkwasser begonnen. Nach der Naturkatastrophe droht dem Land jetzt eine Hungerkrise: Laut Ocha sind in den am meisten betroffenen Regionen bis zu 80 Prozent der Ernte verloren.

    Haiti gilt als das ärmste Land Lateinamerikas. Der Inselstaat leidet noch immer unter den Folgen des verheerenden Erdbebens vor mehr als sechs Jahren, bei dem rund 300.000 Menschen ums Leben kamen und mehr als eine Million obdachlos wurden.

    Auch politisch ist Haiti hochgradig instabil. Wegen der Verwüstungen durch den Wirbelsturm mussten die für Sonntag geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abgesagt werden. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.

    Das Ergebnis der letzten Präsidentschaftswahl vor einem Jahr wurde wegen schwerer Betrugsvorwürfe annulliert. Eine Übergangsregierung regiert seit Monaten das Land. (dpa/epd/rtr)