Los Angeles. Uschi Obermaier, Sex-Symbol und Ex-Kommunardin, wird 70 Jahre alt. Das wilde Leben ist längst vorbei. Heute lebt sie in Los Angeles.
Rainer Langhans gratuliert „nur indirekt“, wie er in einem Interview sagte: „Indem ich an sie denke, ihr gute Sachen wünsche.“ Drei Jahre lebte er mit Uschi Obermaier in der legendären Berliner Kommune 1. Der Ex-Revoluzzer unterstellt, das ehemalige Model habe ein Problem mit dem 70. Geburtstag, den sie am Samstag mit 50 bis 60 guten Freunden daheim in Los Angeles feiert. „Sie wirkt gern taff und selbstbewusst, ist es in Wahrheit aber nicht so“, sagt der 76-jährige Ex-Revoluzzer. „Tja, für schöne Wesen ist es schwierig, alt zu werden. Für besonders schöne Wesen ist es besonders schwierig.“
Nach eigener Aussage geht Uschi Obermaier jedoch gelassen ins neue Lebensjahrzehnt. „Es ist ein großes Glück, erst mal dorthin zu kommen“, sagt die gebürtige Münchnerin. Und die Schönheit? Die meint es selbst in reiferen Jahren gut mit Obermaier, findet sie auch selbst. „Ich habe lange geraucht, aber eigentlich schaue ich gut aus. Ich habe gute Gene.“
Das Symbol einer Gegenkultur
Uschi Obermaier war Provokation und gleichzeitig Projektionsfläche für Spießer-Sehnsüchte im Deutschland der späten 60er. Sie lebte das wilde Leben, von dem damals alle sprachen. „Das wilde Leben“ war auch der Titel ihrer Autobiografie, die 2007 in die Kinos kam. Sie war das Symbol einer Gegenkultur, in der die Joints niemals verglühten und die Diskussionen niemals endeten. Regisseur des Films, Achim Bornhak, fasst das Phänomen Uschi Obermaier so zusammen: „Sie war in der Kommune, aber weder politisch noch intellektuell. Sie war mit Musikern zusammen, aber kein Groupie. Sie nahm Drogen, aber sie war kein Junkie.“
Aus kleinbürgerlichen Verhältnissen kam sie, sie wollte da nur raus, raus aus „Adenauers langweiliger Republik“. Vom Leben dachte sie: „Es passiert einfach nix, und es wird nie was passieren.“ Es passierte dann doch was, als sie eine Lehre zur Foto-Retuscheurin schmiss, sich den ultra-kurzen Minirock anzog, falsche Wimpern aufklebte und durch die Musikclubs von Schwabing zog. Ihre Mutter war machtlos: „Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst“, schrie sie ihr hinterher.
Affären mit Jagger und Hendrix
Sie wurde als Model entdeckt. Im Sommer 1967 dann gingen ihre Nacktfotos aus der Kommune 1 um die Welt, sie war Covergirl des „Stern“, schaffte es in die US-„Vogue“ und arbeitete mit Fotografen wie Richard Avedon und Helmut Newton zusammen. Statt einer neuen Gesellschaftsordnung setzte sie aufs Vergnügen: Sie wollte Spaß haben, frei sein, herumkommen, Geld verdienen. Sie liebte den Konsum, den Luxus. Als „egoistisches Monster“, beschreibt sie sich in ihren Memoiren selbst und als „kamerageil“. Ganz so egoistisch war sie dann doch nicht, mit ihren explodierenden Gagen fütterte sie die ganze WG durch.
Aber die politischen Diskussionen und Aktionen langweilten sie, Obermaier wollte mehr. Und so begann sie Affären mit Mick Jagger, Keith Richards, Jimi Hendrix. Langhans selbst fuhr sie in die Hotels, in denen die Rockmusiker auf die erlesene Trophäe warteten. Der Slogan der freien Liebe wurde dabei von der Wirklichkeit hart geprüft.
Ab und zu hilft ein Schönheitschirurg ein bisschen nach
„Ja, ich gebe zu, ich war eifersüchtig und musste den Umgang mit dem Gefühl erst lernen“, sagte Langhans. Obermaier hingegen hätte seine anderen Frauen akzeptieren können, solange sie die unangefochtene Nummer eins geblieben wäre. Ab 1973 reiste sie mit der Hamburger Kiez-Größe Dieter Bockhorn in ausgebauten Bussen um die Welt, bis die Liebe 1983 ein jähes Ende nahm: Bockhorn verunglückte in Mexiko. Obermaier wurde in Kalifornien sesshaft, arbeitete als Schmuckdesignerin.
Noch heute lebt sie vor den Toren von Los Angeles, mitten in der Natur, „im Paradies“, wie sie sagt. Über die alten Zeiten habe sie genug gesprochen. Aber Verbitterung oder Reue? Nicht die Spur. „Ich habe alles, Freunde, Kreativität, einen schönen Hund, ein schönes Haus, ein schönes Auto. Mein Leben ist echt ein Märchen.“ Ab und zu hilft ein Schönheitschirurg ein bisschen nach, ansonsten sei ihr Aussehen den guten Erbanlagen geschuldet. Und einem gesunden Lebensstil. Keine Zigaretten mehr. Nur ab und zu mal ein Joint.