Berlin. Das Rätselraten um einen Panzerzug mit Nazi-Schätzen könnte bald ein Ende haben. Am Dienstag starteten die Grabungen in Walbrzych.
Gibt es den Nazi-Goldzug oder gibt es ihn nicht? Seit Monaten spekulieren Historiker und Schatzsucher über die Existenz eines deutschen Zuges, den die Nazis im Zweiten Weltkrieg im niederschlesischen Walbrzych vor der Sowjet-Armee versteckt haben sollen. Bald könnte es Gewissheit geben: Am Dienstag haben die Grabungsarbeiten begonnen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Aktion:
Wer sucht eigentlich nach dem Nazi-Zug?
Die Initiative für die Grabungen geht von den Hobby-Archäologen Piotr Koper und Andreas Richter aus. Sie hatten im vergangenen Sommer behauptet, mit einem Georadar einen Zug der Nationalsozialisten in einem Stollensystem bei Walbrzych (Waldenburg) in Polen geortet zu haben.
Was genau erwarten die Schatzsucher zu finden?
Die Nachricht, es könnte sich ein deutscher Zug aus dem Zweiten Weltkrieg in Polen verbergen, hat über die Bergbauregion hinaus eine Goldgräberstimmung ausgelöst. Schatzsucher überboten sich in ihren Spekulationen. Einige vermuteten Waggons voller Gold, andere glaubten an Raubkunst oder andere Kriegsbeute. Christel Focken, Pressesprecherin des deutsch-polnischen Schatzsucherteams, sagte jedoch in einem Video auf der Webseite der Hobby-Archäologen, dass der Goldzug eine Erfindung der Presse sei. „In Wirklichkeit ist es ein Zug, der – soweit wir wissen – mit Panzern beladen ist“, so Focken.
Wo wird der Zug vermutet?
Er soll in einem unterirdischen Versteck am Bahnkilometer 65 zwischen Breslau und Walbrzych liegen. Laut dem Schatzsucherteam werde an drei Stellen und in bis zu sechs Metern Tiefe gegraben. Das Suchgebiet sei für die Öffentlichkeit gesperrt worden – aus Sicherheitsgründen.
Wann soll mit einem Ergebnis gerechnet werden?
Koper und Richter hoffen, innerhalb einer Woche Ergebnisse zu erzielen, wie ihr Sprecher Andrzej Gaik am Dienstag mitteilte. Ein Kamerateam werde die Suche filmen und Videos online stellen. Ursprünglich hatten die Grabungen um acht Uhr am Dienstag beginnen sollen. Die Arbeiten verzögerten sich leicht, weil der Strom am Grabungsort nicht rechtzeitig abgeschaltet worden war, berichtete der Sender TVN24.
Was sagen Wissenschaftler zur Aktion?
Gerüchte über einen angeblichen Goldzug kursieren in der Region bereits seit den 70er-Jahren, ohne dass jemals Beweise dafür gefunden wurden. Experten aus Krakau zweifelten sogar daran, dass die Bodenaufnahmen des Schatzgräber-Duos echt sind. Auch der deutsche Historiker Ingo Loose vom Institut für Zeitgeschichte in München hatte unserer Redaktion bereits vor einem Jahr gesagt, dass er es für unwahrscheinlich halte, dass zwei Hobby-Forscher mit wenig professionellem Gerät ein Georadarbild machen könnten, auf dem man zweifelsfrei einen unterirdischen Zug erkennen kann.
Auch von der These, dass sich Kunstschätze finden könnten, hält Loose nicht viel: „Bedeutende Kunstgegenstände, wie sie zum Beispiel die Amerikaner nach Kriegsende wiedergefunden haben, wurden erst in der allerletzten Kriegsphase verlagert. Und für diese Phase wäre es extrem unwahrscheinlich, dass die Nationalsozialisten in einer Region hätten etwas Wertvolles verstecken wollen, von der sie zu diesem Zeitpunkt längst annehmen mussten, dass die Rote Armee sie einnehmen wird.“ (mit dpa)