Boltenhagen/Berlin. Keine Urlaubsfotos mehr an der Ostsee? In Boltenhagen sorgen Kamera-Verbotsschilder am Strand für Aufregung. Was die Kurdirektion sagt.

  • Seebad Bolthagen verbietet Fotos am Strand
  • Begründung mit Wahrung der Privatsphäre von Besuchern
  • Wie das Verbot durchgesetzt werden soll, bleibt unklar

Wer Urlaub macht, möchte die schönen Momente in Erinnerungsfotos festhalten – auch am Strand. Im Ostseebad Boltenhagen sorgen nun jedoch Kamera-Verbotsschilder für helle Aufregung. Die Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern hat als erstes Ostseebad verboten, Fremde zu fotografieren. Ein generelles Fotoverbot gebe es aber nicht, sagte Kurdirektorin Claudia Hörl am Montag. Sie relativierte damit entsprechende Berichte.

Diskussionen ausgelöst hatten am Wochenende kleine Aufkleber mit einem durchgestrichenen Fotoapparat an Schildern der 20 Strandzugänge des Ortes in Mecklenburg-Vorpommern. Die „Lübecker Nachrichten“ hatten von einem „Foto-Verbot am Strand“ berichtet. „Die Schilder sind ein freundlicher Hinweis, die Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte auch am Strand zu respektieren“, zitierte die Zeitung Boltenhagens Kurdirektorin Hörl.

Hinweistext zum Aufkleber auf Deutsch, Englisch und Arabisch

Dem Bericht zufolge habe es im vergangenen Jahr im Ostseebad Heiligendamm vermehrt Beschwerden über junge Asylbewerber gegeben, die am FKK-Strand Fotos gemacht hätten. Deshalb informiere seit kurzem ein Flyer des Schweriner Sozialministeriums über die Bade- und Strandregeln auf Arabisch. Auf dieser Broschüre beruhe laut „Lübecker Nachrichten“ auch der Boltenhagener Vorstoß.

Die Aufkleber gingen auf einen im Mai von Sozialministerium und Tourismusverband vorgestellten Flyer zurück, der über Gefahren und übliche Verhaltensweisen an Stränden aufkläre, sagte Hörl nun. Der Text zum Foto-Aufkleber in Deutsch, Englisch und Arabisch sei nachträglich angebracht worden, so Boltenhagens Marketingchefin Katleen Herr. Die Formulierung „Bitte fotografieren Sie keine fremden Menschen ohne deren Zustimmung“ sei eine Empfehlung. „Es wäre ja furchtbar, wenn die Seebrücke, die Steilküste und der Zuckersandstrand von Boltenhagen nicht mehr abgebildet würden!“ Auch die eigenen Kinder sollen weiter beim Buddeln fotografiert werden, nur eben fremde Besucher nicht.

„Wir wollen an die Leute appellieren, auf die Persönlichkeitsrechte der Strandgäste Rücksicht zu nehmen“, sagte die Kurdirektorin. Boltenhagen liege an der früheren innerdeutschen Grenze. „Es gab hier lange genug Beobachtungstürme. Früher sind die Leute am Strand dauernd überwacht worden.“ Grenztruppen der DDR sollten auf diese Weise Flüchtlinge aufspüren, die über die Lübecker Bucht in den Westen gelangen wollten. Viele Gäste reagierten noch immer sehr sensibel auf Ferngläser und Kameras am Strand, erklärte Hörl.

Foto-Aufkleberaktion „unglücklich“ gelaufen

Mitte Mai hatte Landessozialministerin Birgit Hesse (SPD) den mehrsprachigen Flyer vorgestellt. Dort seien Regeln mit aufgenommen worden, die für Einheimische als selbstverständlich gelten sollten, meinte die Ministerin. 25.000 dieser Hinweiszettel sollen in Kurverwaltungen, Hotels und an Rettungstürmen an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns ausgelegt werden.

Die Foto-Aufkleberaktion in Boltenhagen sei „unglücklich“ gelaufen, sagte Tobias Woitendorf, Sprecher des Landestourismusverbandes in Rostock. „Es ist nicht optimal, den Anschein zu erwecken, dass Fotografieren generell verboten ist.“ Das Ostseebad tue gut daran, den erklärenden Zusatz rasch anzubringen. Nichts Neues sei es, dass gerade am Badestrand mit seinen vielen leicht bekleideten Leuten die Persönlichkeitsrechte besonders streng zu achten sind. Doch niemand könne ernsthaft wollen, dass Sonnenuntergänge am Meer künftig nur noch auf Archivbildern vorkommen.

In den anderen Urlaubsorten hat man kein Verständnis für das Verbot. In Schleswig-Holstein habe es seines Wissens bislang keine Beschwerden von Badegästen gegeben, die gegen ihren Willen fotografiert worden seien, sagte der Sprecher der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TASH), Marc Euler. (bnb/dpa)